Heiligenhaus. Der Heiligenhauser Dr. Karl Bellenberg war Elektrotechniker. Statt seine Rente zu genießen, widmet er sich den Geisteswissenschaften.
Karl Bellenberg hat ein Berufsleben als Elektrotechniker hinter sich, als sich der heute 78-jährige Wahl-Heiligenhauser für ein Musik- und Germanistikstudium entscheidet. Im Interview erzählt er von seinem akademischen Werdegang. „Es ist schon ungewöhnlich, dass ein Diplom-Ingenieur der Elektrotechnik sich eingehend und leidenschaftlich mit den Werken der Dichterin Else Lasker-Schüler befasst. Noch ungewöhnlicher ist, dass diese Leidenschaft im späteren Lebensalter zum Studium der Germanistik und Musikwissenschaft führte“, liest man über den in Heiligenhaus lebenden Dr. Karl Bellenberg.
Der Heiligenhauser Elektrotechniker beginnt zeitgleich mit der Rente sein Studium
Karl Bellenberg hat sich im Alter von 62 im Jahr 2006 gegen den Ruhestand und für ein Hochschulstudium an der Universität Köln entschieden. „Zunächst Musikwissenschaft, dann auch noch Germanistik und hinterher beides gleichzeitig mit dem Abschluss Bachelor“, berichtet Dr. Bellenberg selbst.
Dann sei er vorzeitig aufgrund von Bestleistungen zum Promotionsstudium zugelassen worden, ohne einen Masterabschluss gemacht zu haben, berichtet er weiter. Er promovierte einige Jahre später bei Professor Wolfram Steinbeck über das Thema „Else Lasker-Schüler, ihre Lyrik und ihre Komponisten“.Unter dem gleichen Titel veröffentlichte der Vorzeigestudent seine Dissertation, die auch ins Englische und Französische übersetzt wurde.
Karl Bellenberg veröffentlicht Dissertation
„Ich darf sagen, dass das Buch wirklich gut eingeschlagen ist und weltweit in großen Nationalbibliotheken und musikwissenschaftlichen Bibliotheken in Deutschland, Österreich und der Schweiz vorhanden ist“, so Dr. Bellenberg. Sein Buch sei auch in Yad Vashem und der Israelischen Nationalbibliothek im Lasker-Schüler-Archiv, Jerusalem, sowie im Leo-Baeck-Institut in New York vorhanden, weil es die große jüdische Dichterin Lasker-Schüler und u.a. sechs ihrer ermordeten Komponisten behandelt.
„Das Buch beschäftigt sich zunächst einmal mit Else Lasker-Schüler und ihrem Leben, dann mit ihrer Lyrik und das im Speziellen mit der Musikalität in der lyrischen Sprache“, erklärt der 78-Jährige. Der letzte Punkt sei vor seiner Arbeit kaum erforscht worden.
Heiligenhauser Karl Bellenberg spielt schon als Kind Klavier
„Angefangen hat das mit sieben Jahren, wo ich meinen ersten Klavierunterricht bekommen habe, dann habe ich mit 17 Jahren Orgelunterricht bekommen. Später habe ich die Musik so ziemlich auf Null drehen müssen während meines Elektrotechnik-Studiums in Aachen“, erinnert sich Dr. Bellenberg. Dann habe er einen Komponisten getroffen, der ihm Kompositionsunterricht gegeben hat. So begann seine Leidenschaft zur Komposition und dessen Analyse.
„Musik war eigentlich immer schon mein großes Steckenpferd“, schwärmt das Multitalent. Mit Eintritt in die Rente habe es ihm dann die Idee angetan, sofort mit einem Studium in Köln anzufangen, „was mir sehr viel Spaß gemacht hat“. Die Germanistik sei zum Zwecke der Vervollständigung eines Vollstudiums dazugekommen.
Karl Bellenberg will in Heiligenhaus nicht seine Rente genießen
Darüber nachgedacht, einfach die Rente zu genießen und sich zu entspannen, habe er nie: „Die Anmeldung an der Uni war quasi mit der Verrentung zeitlich parallel und das war die beste Entscheidung in meinem Leben“, blickt Bellenberg zurück.
Das heißt nicht, dass er in seinem Berufsleben keine Erfüllung gefunden habe. Es wäre auf andere Weise erfüllend gewesen, als Elektrotechniker zu arbeiten. „Mit 22 Jahren durfte ich einige Monate im Elektronischen Studio des WDR unter Karlheinz Stockhausen und Mauricio Kagel arbeiten. Das war für mich eine unglaubliche Zeit“, erzählt er.
Karl Bellenberg sehnt sich nach mehr Emotionen
Jedoch habe er in den vielen Firmen, in denen er gearbeitet hat, lediglich Freude oder Ärger empfunden und habe sich nach anderen Emotionen bei der Arbeit gesehnt. Für alle Rentnerinnen und Rentner, die noch einmal einen neuen Weg einschlagen oder weiterbilden wollen hat der Akademiker den Tipp, sich geistig zu betätigen: „Das muss ja nicht immer künstlerisch, das kann auch politisch sein. Wenn man ohnehin den Drang zum Akademischen hat, ist natürlich ein Studium der allerbeste Zeitvertreib, der einen geistig fordert.“
Vortrag von Karl Bellenberg findet am 29. November statt
In einer gemeinsamen Veranstaltung des Geschichtsverein Heiligenhaus und des Förderkreises der Dorfkirche Isenbügel wird Dr. Bellenberg am kommenden Dienstag über das Leben der in Wuppertal geborenen Poetin und Lyrikerin Else Lasker-Schüler referieren.
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Der Vortrag beleuchtet die außergewöhnlich lyrische und musikalische Sprache der Dichterin und zeigt an Beispielen große Klänge der Lyrik und wie namhafte Komponisten dies in Musik gesetzt haben. „Das mache ich an mehreren Gedichten transparent, was die Musikalität in dieser Lyrik ausmacht und wie sie sich ausprägt“, verrät der Germanist. Der Vortrag soll 90 Minuten dauern und ist für interessierte Zuhörerinnen und Zuhörer kostenlos.
>>>Vortrag in der Dorfkirche Isenbügel
Viele Universitäten bieten Kurse für Senioren und auch finanzielle Unterstützung an. Informationen unter aktive-rentner.de/studieren-im-alter.html
Bellenberg stellt auf seiner Webseite www.bellenberg.de Auszüge und Informationen zu seinem Buch zur Verfügung
Sein Vortrag über Else Lasker-Schüler findet Dienstag, den 29. November um 19 Uhr in der Dorfkirche Isenbügel statt.