Heiligenhaus. Auf dem Panoramaradweg kommt es auch in Heiligenhaus immer öfter zu schweren Fahrradunfällen. Die Polizei zeigt nun verstärkte Präsenz.
Die Frau mit dem braunen Zopf scheint in Eile zu sein, zügig – nicht schnell – fährt sie auf ihrem Fahrrad Richtung Innenstadt, das geht an diesem Freitagmittag recht gut. Der Panoramaradweg ist wie leer gefegt, vermutlich weil die Sonne vom Himmel knallt, es schwül-warm ist, Gewitter angekündigt sind. Saskia Pletsch zögert keinen Moment, die Verkehrspolizistin, die selbst mit einem Pedelec „auf Streife“ ist, winkt der Radfahrerin zu, signalisiert ihr, sie solle stehen bleiben.
Helm ist keine Pflicht
„Wissen Sie, warum ich Sie anhalte?“, fragt die Beamtin die etwas verdutzt wirkende Frau und kommt ihr mit einer Antwort zuvor „Ich möchte gerne wissen, warum Sie keinen Helm tragen.“ Die Radfahrerin wirkt fast ein wenig erleichtert, denn ihr ist bewusst: Das Tragen eines Helms ist keine Pflicht, ein Ordnungsgeld droht ihr also schon mal nicht. „Ich bin auf dem Weg zur Arbeit, das sind gerade mal fünf Minuten Fahrt, für die paar Meter kaufe ich mir doch keinen Helm“, erklärt die etwa 50-Jährige lächelnd.
Polizistin kennt viele Ausreden
Ein bekanntes Argument von vielen, die Saskia Pletsch im Laufe ihrer berufliche Tätigkeit schon gehört hat: „Es ist mir noch nie was passiert“, „Ich bin doch kein Kind mehr“, „Das ist mir zu warm“, „Der macht meine Frisur kaputt“, „Es gibt keinen in meiner Größe.“ Belehrend wirken, das möchte die Polizisten auf gar keinen Fall, viel mehr will sie einen Gedankenanstoß geben. „Wenn man sein Leben wertschätzt, muss man es ja nicht unbedingt unnötig gefährden“, erklärt Saskia Pletsch, „man selbst kann ja auch vorsichtig fahren und doch gibt es immer wieder unvorhersehbare Situationen. Ein Sturz ohne Helm kann schwerste Folgen haben.“
Mehrere Tote durch Radunfälle im Kreis Mettmann
Zahlen belegen das: Alleine in den vergangenen Monaten gab es mehrere Tote durch Fahrradunfälle im Kreis Mettmann, einige darunter waren so genannte Alleinunfälle, in denen der Fahrer aus einem eigenen Fahrfehler heraus gestürzt ist, einen Gegenstand übersehen hat, vielleicht eine Sekunde unaufmerksam war. Auf dem Panoramaradweg zwischen Wülfrath, Velbert und Heiligenhaus ist es seit Anfang des Jahres zu neun Unfällen gekommen, mit insgesamt acht Schwerverletzten.
Die Fahrradfahrerin muss weiter, sie bedankt sich bei der Beamtin, sie fände es gut, dass nun häufiger kontrolliert würde, ruft sie, während sie langsam losfährt. Zwei junge Männer, ebenfalls ohne Helm, fahren nebeneinander her, grinsen, als Saskia Pletsch sie anspricht. „Wofür einen Helm?“,scherzt einer der beiden und zeigt auf seinen Kumpel, „der da hat doch eh nix im Kopp“. Die 41-Jährige bleibt souverän, betont immer wieder, dass das Tragen eines Helms freiwillig geschieht, es aber niemanden wehtue. „Es gibt schon sehr Günstige um die zehn Euro im Handel“, betont sie und schaut den beiden wegfahrenden Jungs nach, „Die kaufen keine Helme, das weiß ich. Mit der Zeit bekommt man ein Gespür dafür.“
Keine zulässige Höchstgeschwindigkeit festgelegt
Ein paar Fußgänger führen ihre Hunde aus, vereinzelt rast mal ein Rennradfahrer in vollster Profiausstattung vorbei. Immer wieder gerät dieser Typus Radfahrer in die Kritik, er verhalte sich häufig rücksichtlos gegenüber anderen Verkehrsteilnehmer auf dem Panoramaradweg beschweren sich viele Menschen. „Tatsächlich gibt es diese Kategorie unter den Fahrern und wenn wir sie dabei erwischen, dass sie andere nötigen oder Ähnliches, dann können wir natürlich ein Bußgeld verhängen, aber es gibt keine zulässige Höchstgeschwindigkeit oder so etwas“, weiß die Expertin.
Panoramaradweg keine Rennstrecke
Fakt ist: Der Panoramaradweg ist ein Weg für Fußgänger und Radfahrer, er ist ein Radweg und kein Radschnellweg. Er verfügt über hochwertigen Asphalt, der natürlich zum Schnellfahren verleitet. Trotzdem eignet er sich keineswegs als Trainingsstrecke für Raser, weil aufgrund der hohen Frequentierung eine Geschwindigkeit von 50 oder mehr km/h andere Verkehrsteilnehmer vehement gefährdet. „Wir können nur immer wieder das Gespräch suchen, die Menschen füreinander sensibilisieren. Wir sind ja auch von der Unfallpräventionsstelle, das bedeutet, wir versuchen, im Vorfeld viel zu erreichen, damit erst gar nichts Schlimmes passiert“, erläutert Pletsch.
Es geht um Rücksichtnahme
Denn: Offizielle Verkehrsregeln gibt es für den Panoramaradweg nicht. Hier gilt schlicht Paragraf 1, Absatz 2, der Straßenverkehrsordnung: „Wer am Verkehr teilnimmt hat sich so zu verhalten, dass kein anderer geschädigt, gefährdet, behindert oder belästigt wird.“ Kurz gesagt: Es geht um Rücksichtnahme, um „Fairkehr“. Etwas, dass die meisten Verkehrsteilnehmer problemlos beherrschen. „Wenn ich sehe, dass jemand hinter mir überholen möchte, dann gehe ich zur Seite und mache ein wenig Platz, das hat man doch eigentlich verinnerlicht“, meint die 41-jährige Polizistin, „Sorgen machen uns die, bei denen es eben nicht so ist.“