Heiligenhaus. „Das Mittlere Angertal“ heißt ein neues Buch dreier Autoren, das den Leser mitnimmt auf eine spannende Reise. Hier gab es sogar mal Indianer.
Bei Spaziergängern und Wanderern in Heiligenhaus steht das Vogelsangbachtal an erster Stelle. Das beliebte Ausflugsziel grenzt unmittelbar an die bestehende Wohnbebauung. Das Angertal südlich des Heiligenhauser Höhenzuges wird erst nach dem Durchqueren von Feldern erreicht und ist viel weniger im Bewusstsein der Heiligenhauser verankert. Sehr zu Unrecht, dachte sich Adolf-Hermann Mackrodt. Und gab den Anstoß zu dem neuen Buch „Das Mittlere Angertal – von Wülfrath-Rohdenhaus über Heiligenhaus bis Ratingen“, so der Titel.
Kalk galt als „weißes Gold“
Das Beiratsmitglied des Heiligenhauser Geschichtsverein wandte sich an Jürgen Scheidsteger, der bereits mit weiteren Autoren ein Buch über das Obere Angertal verfasst hatte, einer Landschaft bei Velbert, die fast vollständig einem Ablagerungsbecken der Kalkindustrie weichen musste. Der Kalk ist es auch, der das Mittlere Angertal von Rohdenhaus bis zum Rittergut Haus in Ratingen lange Zeit wirtschaftliche prägte. Adolf-Hermann Mackrodt hat eine Menge über diesen oft verkannten und doch so vielseitigen Rohstoff zu berichten. Beruflich und familiär ist der heute 80-Jährige aufs Engste mit dem „weißen Gold“ verbunden.
Aufgewachsen am Ufer der Anger
Aufgewachsen ist er am Ufer der Anger, sein Großvater Johann Lorenzet stammt allerdings aus den Dolomiten. Als 15-Jähriger folgte er dem Ruf der Rheinisch-Westfälischen Kalkwerke, die 1902 in der Hofermühle ein Kalkwerk eröffneten, wo er rasch Karriere machte, heiratete und ein kleines Fachwerkhäuschen bezog. In dem lebt heute der Enkel, der zuletzt eine leitende Stellung im Vertrieb von Kalkprodukten inne hatte und mit Eintritt in den Ruhestand Geschichte und Politologie studierte. Kundig und kurzweilig beschreibt Adolf-Hermann Mackrodt die Entwicklung der beiden Steinbrüchen in der Hofermühle, die 1945 stillgelegt und danach zu einem Rückzugsort der Natur wurden. Entlang der Ratinger Straße sind Wohn- und Verwaltungsgebäude geblieben.
Winnetou kämpfte am Blauen See
Zahlreiche alte und neue Fotos
Das Buch „Das Mittlere Angertal - von Wülfrath-Rohdenhaus über Heiligenhaus bis Ratingen“ von den Autoren Adolf-Hermann Mackrodt, Michael Lumer und Jürgen Scheidsteger ist im Scala Verlag erschienen.
Es ist 168 Seiten dick, versehen mit 170 Abbildungen. Zu kaufen im örtlichen Buchhandel. Preis: 24,80 Euro. ISBN 978-3-9819265-4-5
Das Angertal wird immer noch vom Kalk geprägt: Täglich bringen lange Güterzüge vom Übergabebahnhof Rohdenhaus des Lhoist-Kalkwerks Flandersbach die verschiedenen Kalkerzeugnisse zu den industriellen Abnehmern in Westeuropa. Das Buch nimmt den Leser mit auf eine Wanderung talabwärts und beschreibt nahezu alle Objekte diesseits und jenseits der Anger. Neben den Spuren der Kalkindustrie werden die zahlreichen Kotten, Höfe und Mühlen beschrieben, dazu kommen ehemalige Rittergüter, eine Burg und eine Papierfabrik sowie Ausflugslokale.
Michael Lumer, der Vorsitzende des Vereins für Heimatkunde und Heimatpflege Ratingen, kennt sich mit den Besonderheiten des Angertales in diesen Bereich aus. Auch dort wurde Kalk gebrochen, ein Steinbruch lief mit Grundwasser voll. Der „Blaue See“ wurde zu einem kleinen Freizeitpark mit Restaurant, Märchenzoo und Freilichtbühne, wo jahrelang Winnetou in der Person von Pierre Brice mit seinem Blutsbruder Old Shatterhand für das Gute kämpfte. Die Wasserkraft der Anger trieb die erste Fabrik auf dem europäischen Kontinent an. Durch Industriespionage Ende des 18. Jahrhunderts gelangte der Kaufmann Johann Gottfried Brügelmann an die Technik einer Baumwollspinnmaschine, die im englischen Dorf Cromford erfunden wurde. Nach der Stilllegung 1977 wurde „Cromford“ zu einem Industriemuseum. Ein lebendig geschriebenes Buch, absolut lesenswert.