Heiligenhaus. Der Zusammenhalt in der Heiligenhauser Siedlergemeinschaft Gerhart-Hauptmann-Straße ist einzigartig. Auch in der Krise findet man Wege zueinander.

Ihre Jahreshauptversammlung coronabedingt absagen, das wollten die Mitglieder der Siedlergemeinschaft Gerhart-Hauptmann-Straße nur ungern tun. Sie suchten und fanden einen anderen Weg: „Unsere Jahreshauptversammlung findet gewöhnlich Mitte März statt, das ging in diesem Jahr natürlich nicht“, erzählt Armin Merta, erster Vorsitzender der Siedlergemeinschaft seit 36 Jahren. „Da ich sowieso acht bis zehn Siedlerbriefe pro Jahr schreibe, habe ich mir gedacht, dass wir auf diesem Weg die notwendigen Abstimmungen und die Wahl eines neuen Kassenwarts erledigen könnten.“

Statt die Jahreshauptversammlung abzusagen, hat der Vorsitzende  der Siedlergemeinschaft, Armin Merta, die wichtigsten Punkte schriftlich mitgeteilt und abgeklärt.
Statt die Jahreshauptversammlung abzusagen, hat der Vorsitzende der Siedlergemeinschaft, Armin Merta, die wichtigsten Punkte schriftlich mitgeteilt und abgeklärt. © FUNKE Foto Services | Ulrich Bangert


Gesagt, getan - den Briefen mit beigelegtem Wahlzettel fügte der Kassenwart-Kandidat zusätzlich noch eine schriftliche Vorstellung von sich hinzu und alles ging seiner Wege. „Wir hatten 71 Prozent Wahlbeteiligung und keine Gegenstimmen“, erzählt Merta lächelnd.

Gemeinschaft besteht seit 1952

38 Familien gehören derzeit der Siedlergemeinschaft an, die seit 1952 besteht. „Von den Gründungsmitgliedern leben noch zwei hier in der Straße“, weiß Armin Merta, der auch für die ausstehenden Ehrungen, die ebenfalls bei der Jahreshauptversammlung hätten stattfinden sollen, einen guten Weg fand. „Eigentlich wollte ich die Urkunden und Ehrennadeln teilweise in die Briefkästen werfen, aber dabei hat mich schon einer gesehen und gesagt „Mach mir den Briefkasten nicht so voll“, schmunzelt der Vorsitzende der Gemeinschaft. Also fanden sowohl die als auch die drei anderen Ehrungen im Schnelldurchgang im Freien statt, natürlich mit ausreichend Abstand.

Feste müssen ausfallen

Allerdings: Auf andere Aktivitäten müssen auch die Siedler in der Gerhart-Hauptmann-Straße in diesem Jahr verzichten. Das Kinderfest für die rund 30 Kinder zwischen ein und 15 Jahren fällt dieses Jahr aus, das Siedlerfest im August kann unter den momentanen Beschränkungen ebenfalls nicht stattfinden. „Da kommen sonst am Ende der Straße rund 80 Personen zusammen“ denkt Armin Merta gern an vergangene Jahre zurück. „Um Hilfe muss ich bei der Organisation dabei nicht bitten, die Leute packen an, übernehmen Aufgaben und sprechen sich ab.“

Neue Anwohner stellen sich vor

Viele Freundschaften haben sich zwischen den Nachbarn gebildet, einige helfen sich gegenseitig bei der Gartengestaltung, neu Hinzugezogene stellen sich im Siedlerbrief vor. „Bei allen runden Geburtstagen kommt eine kleine Abordnung vorbei und gratuliert, ab einem Alter von 65 Jahren in Fünfer-Schritten, ab 80 Jahren jedes Jahr“, erzählt Merta. Auch das geht in diesem Jahr natürlich nicht, eine Glückwunschkarte und ein Gutschein ersetzen den Besuch. „Eine ältere Dame hat uns dafür an ihrem Geburtstag von ihrer Tochter Kuchen vorbeibringen lassen“, erinnert sich Merta, zeigt sich erfreut über solch nette Gesten.

Ausflug zur Straußenfarm

Auch die Gohrstraße gehört zur Siedlergemeinschaft
Auch die Gohrstraße gehört zur Siedlergemeinschaft © FUNKE Foto Services | Ulrich Bangert


Bald, so hofft er, werden auch wieder Ausflüge möglich sein - wie der Bustrip nach Andernach vor zwei Jahren, zum Geysir und auf eine Straußenfarm, mit Teilnehmern von zwei bis 85 Jahren. „Dafür gibt es extra eine Busreisekostenkasse, in die Geldgeschenke fließen, die manche Mitglieder zu Jubiläen machen. Damit ermöglichen wir dann allen Siedlern die Teilnahme an so besonderen Ausflügen.“

Peter Wensierksi hat Film gedreht

Einen besonders bekannten Nachbarn hatte die Siedlergemeinschaft übrigens auch: Der in Heiligenhaus geborene Schriftsteller, Journalist und Dokumentarfilmer Peter Wensierski kommt immer noch ab und an bei Festen vorbei und hat sogar einen Film über die älteren Bewohner der Siedlung gedreht. Den ersten Teil haben sich die Siedler bereits gemeinsam angesehen, die Aussicht auf den zweiten mag auch über Coronazeiten hinweghelfen.