Heiligenhaus. Die Heiligenhauser Friseurmeisterin Jennifer Butgereit sieht die Wiedereröffnung der Salons eher kritisch, obwohl ihre Kunden „Schlange stehen“.

Das „Haarstudio Heiligenhaus“ hat nun endlich wieder geöffnet, die Kunden sind erleichtert, geben sich die regelmäßig desinfizierte Klinke in die Hand - doch Friseurmeisterin Jennifer Butgereit kann nicht wirklich ein gutes Haar an der Situation lassen. „Ganz ehrlich, das ist kein schönes Arbeiten“, berichtet die Heiligenhauserin vom ersten Arbeitstag nach der coronabedingten Schließung ihres Betriebs. „Allein der Müllberg, der jetzt anfällt, ist gigantisch.“

Arbeit nur mit Einwegmaterial

Ihren Job wieder ausüben zu können, Stammkunden nach langer Zeit wiederzusehen, all das freut die junge Saloninhaberin, das Rundum aber ist zeitaufwendig und kostenintensiv: Für jede Kundin und jeden Kunden wird ein Einmalumhang benötigt, dazu kommen Einmalhandschuhe und pro Kunde ein neuer Mund-Nasen-Schutz. Wer an der Reihe ist und die Haare geschnitten bekommt, muss die Maske, während die Haare hinter den Ohren geschnitten werden, dort entfernen und sie mit den Händen festhalten.

Der Kalender im „Haarstudio Heiligenhaus“ ist voll – für die nächsten drei Wochen sind alle Termine belegt.
Der Kalender im „Haarstudio Heiligenhaus“ ist voll – für die nächsten drei Wochen sind alle Termine belegt. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel

„Wir arbeiten zu dritt“, erzählt Butgereit, die seit letzter Woche Termine angenommen hat und nun für die nächsten drei Wochen ausgebucht ist. „Die Kunden freuen sich sehr und machen alles mit, Hauptsache die Haare kommen ab. Eine Stammkundin war heute morgen um acht Uhr die erste.“

Sohn wird nun von der Oma betreut

Das freut natürlich auch die Friseurin, die jetzt nach jedem Besucher die Stühle und ihr Arbeitswerkzeug desinfizieren muss - „wir brauchen eine zweite Ausstattung, sonst ist das ja gar nicht machbar.“ Überhaupt seien viele Vorgaben total praxisfern: „Mein Sohn kann nicht in die Notbetreuung, weil ich nicht zu den berechtigten Berufsgruppen gehöre, und muss jetzt von den Großeltern betreut werden.“

Für Desinfektionsmittel und andere aufgrund des Hygieneplans nun unbedingt benötigte Utensilien gibt es Lieferschwierigkeiten. Die Produkte, die zu bekommen sind „kosten 500 bis 1000 Prozent mehr“und: „Trotz der Masken arbeiten wir doch sehr nah am Kunden, mit dem Föhn etwa können Viren ordentlich verwirbelt werden“, fasst Jennifer Butgereit die Schwierigkeiten zusammen.

Kunden zahlen einen Corona-Aufschlag

Die Kundschaft muss aufgrund der vielen zusätzlichen Kosten derzeit einen Corona-Aufschlag hinnehmen. „Sonst“, so betont es die selbstständige Friseurin, „wäre das alles gar nicht zu bezahlen“. Normalerweise übt sie ihren Beruf mit Haut und Haaren aus, derzeit überlegt sie aber, ob die Wiederöffnung der Salons nicht doch ein wenig zu früh geschehen ist: „Vielleicht wäre es tatsächlich nicht verkehrt gewesen, wenn die zuständigen Stellen noch ein paar Tage länger über vernünftigere Regelungen nachgedacht hätten“.

So aber machen Jennifer Butgereit und ihre Mitarbeiter das Beste aus der schwierigen Situation, stecken die Stoff-Masken zur Virenbefreiung in den eigens dafür angeschafften Mini-Backofen und schlüpfen nach Feierabend in die mitgebrachten Wechselklamotten.

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