Im WAZ-Interview erklärt die psychologische Beraterin Christina Mitropoulos-Bott, wie man der Schwermut in der Krise konstruktiv begegnen kann.
Christina Mitropoulos-Bott bietet psychologische Beratung, Coaching und Musiktherapie an, bei der Evangelischen Erwachsenenbildung leitet sie das zehnwöchige Seminar „Werde deines Glückes Schmied – ein Kurs zur Verbesserung der Lebensfreude. Im WAZ- Interview erläutert die Heiligenhauserin, wie man die Coronakrise mental besser überstehen kann.
Frau Mitropoulos-Bott, Corona gilt als umfassende Krise, es entstehen diffuse Ängste und Nöte wie Existenzbedrohung oder Vereinsamung. Manche Menschen kommen mit einer Krise gut klar, andere sehen nur noch schwarz, werden vielleicht sogar depressiv. Wie schafft man es, sich gegen den totalen „mentalen Zusammenbruch“ zu schützen?
Christina Mitropoulos-Bott: Zunächst: Corona ist eine Herausforderung der wir uns nicht entziehen können, mit der wir uns auseinander setzen müssen. Dazu kommt, dass unser Gehirn stammesgeschichtlich darauf ausgelegt ist, Gefahren und Bedrohungen zu erkennen, zu bewerten und bei tatsächlicher Gefahr unseren Körper in einen Flucht-, Kampf oder Erstarrungsmodus zu bringen. Das bedeutet, dass meine Bewertung der Situation ganz entscheidend für die Reaktion meiner Psyche und meines Körpers ist. Daher sollte ich grade jetzt für Gedankenhygiene sorgen, damit ich nicht den ganzen Tag in Alarmbereitschaft bin. Man sollte sich täglich klar machen: Die Welt besteht auch jetzt nicht nur aus schlimmen Dingen und Gefahren – Es gibt Frühling, Blumen, Gedichte, Bücher, Musik, Telefon, Internet und Angebote, die auch trotz Corona ein Miteinander und eine Wertschätzung möglich machen.
Als Coach bieten Sie auf Ihrer Webseite Unterstützung in Krisen. Wie sieht diese Unterstützung genau aus?
In Krisen „stecken wir im eigenen Sumpf fest“, wir „sehen vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr“. Das Durcheinander im Kopf und Bauch wird mit meiner Hilfe sortiert, analysiert, erspürt. Perspektiven werden aufgebaut, neues Denken und Handeln wird entwickelt und eingeübt. Ich bin Prozessbegleiterin in der Krise und aus der Krise heraus mit der Sicherheit, dass jede Krise einen Ausgang hat. Krisen sind kein persönliches Versagen, sondern Meilensteine auf der Sinnsuche: Sie bieten immer große Chancen zur persönlichen Weiterentwicklung im eigenen Lebensprozess.
Kann tatsächlich jeder Mensch glücklich sein oder werden? Auch der, der einsam ist, schwer erkrankt oder viele Schicksalsschläge hinnehmen musste?
Hier gibt es nur ein klares JA! Trotzdem ist es mit Schmerzen und Leid schwieriger und es ist auch zeitweise möglich, dass einem das Glück abhandenkommt. Ich möchte auf keinen Fall, wie in manchen esoterischen Richtungen üblich, das Gefühl vermitteln, dass Glück immer leicht ist und permanent da sein muss. Es lohnt sich aber zu hinterfragen: Brauche ich immer Glück oder ist es nicht eigentlich eine Sehnsucht nach Sinn und Zufriedenheit? Es ist eine Lebensaufgabe, das „Leben zu leben“ und Krisen, Leid und Schmerz gehören da auch mit dazu. Wenn wir dies akzeptieren, haben wir einen wichtigen Schritt getan.
In welchen Fällen ist die Kontaktaufnahme zu einem Psychiater, einem Therapeuten oder eventuell sogar zu einer Notaufnahme zwingend notwendig?
Glückscoaching auch online möglich
Normalerweise bietet Christina Mitropoulos-Bott ein 10-wöchiges Seminar „Werde deines Glückes Schmied – Kurs zur Verbesserung der Lebensfreude“ bei der Evangelischen Erwachsenenbildung /(EEB) an.
In Zeiten der Coronakrise soll dieses Seminar nun auch online stattfinden. Informationen auf www.mitropoulos-beratung.de oder unter 02056/257446. Außerdem veröffentlicht die psychologische Beraterin auf ihrem Youtube-Kanal „Mensanius“ kostenfreie autogene Übungen zu Themen wie Entspannung oder innere Kraft.
Zwingend notwendig ist die Kontaktaufnahme zu einer Notaufnahme bei akuter Selbst- oder Fremdgefährdung. Das ist ein psychiatrischer Notfall und duldet keinen Aufschub. Andauernde Stimmungseintrübungen, Schlaflosigkeit, innere Unruhe, Ängste, Erschöpfung, Gedankenkreisen sind mögliche Symptome einer psychischen Erkrankung.
Nennen Sie doch bitte ein bis zwei Übungen, die jeder zuhause für sich machen kann.
Als Entspannungsübung und zur Stärkung empfehle ich die Imaginationsübung „Sonnenaufgang“. Suchen Sie sich dafür einen ruhigen Platz im Sitzen oder Liegen. Schließen Sie die Augen. Dann stellen Sie sich einen Sonnenaufgang vor. Sehen Sie vor ihrem inneren Auge, wie die Sonne langsam am Horizont aufgeht. Die Sonne taucht die Landschaft in warmes, gelb-oranges Licht. Sie stehen nun mitten in gelb-orangenem Licht. Alles ist hell und warm. Spüren Sie die wärmenden Sonnenstrahlen auf ihrer Haut. Nehmen Sie die Wärme der Sonnenstrahlen in ihren ganzen Körper auf. Eine weitere Übung: Bei unproduktiven Gedankenschleifen können Gedanken mit der folgenden Rechenaufgabe beruhigt werden: Beginnen Sie bei 345. Subtrahieren Sie immer 13. Wenn Sie den Faden verloren haben, beginnen Sie wieder bei 345. Machen Sie dies für etwa fünf Minuten.
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