Heiligenhaus. Ute Hölting hat Kinderlähmung und kann nach einem Unfall kaum noch laufen. Doch sie besucht regelmäßig Konzerte, die ihr bei der Genesung helfen.

Vor 15 Monaten hatte Ute Hölting einen Unfall, nach dem sie ein Jahr nur selten aus dem Haus herauskam. Jetzt ist sie froh, wieder ihre heiß geliebten Musikveranstaltungen besuchen zu können – und lobt das Kulturbüro für ein Programm, dass ihr bei ihrer Genesung geholfen habe.

Wenn Ute Hölting zu einem Konzert geht, dann sitzt sie fast immer in der ersten Reihe – in ihrem Rollstuhl, ohne den sie kein Konzert besuchen kann. Wobei „sitzen“ kaum das beschreibt, was sie wirklich tut: „Ich klatsche, ich singe mit, ich bewege meine Beine und tanze in meinem Rollstuhl“, erzählt die aktive 77-Jährige, die Musik allgemein liebt, im Speziellen aber Jazz, Soul und alles an afrikanischer Musik.

30 Jahre Arbeit für den Schwimmverein

Ihren Rollstuhl benötigt sie, weil Hölting im Alter von eineinhalb Jahren an Kinderlähmung erkrankte. Die darauffolgende Leidensgeschichte – erneutes Laufenlernen mit viereinhalb, das Tragen von Eisenschienen, etliche Operationen als Jugendliche – hat sie aber niemals aus der Bahn geworfen. Trotz ihrer Behinderung besuchte sie die Höhere Handelsschule und entschied sich, da ihre ursprünglichen Berufswünsche Goldschmiedin und Innenarchitektin aufgrund der körperlichen Einschränkungen nicht umsetzbar waren, für eine Ausbildung in der Verwaltung der Stadt Heiligenhaus.

Ute Hölting, hat Kinderlähmung, lässt sich davon aber nicht ihre Lebensfreude nehmen.
Ute Hölting, hat Kinderlähmung, lässt sich davon aber nicht ihre Lebensfreude nehmen. © Christof Köpsel

„Ich bin sehr vielseitig“, beschreibt sich Ute Hölting lächelnd selbst – und in der Tat: Nach Beendigung der Ausbildung arbeitete sie im Jugendamt, Standesamt, Bauamt und Planungsamt der Stadt und hatte Freude an jeder dieser Tätigkeiten. 30 Jahre war sie außerdem als Jugendwartin im Schwimmverein tätig, segelte wöchentlich auf dem Baldeneysee und zog gemeinsam mit ihrem Mann Sohn und Tochter groß. „Außerdem habe ich viel Zeit in Museen verbracht“.

Laufen konnte sie – bis zu dem Unfall, bei dem sie sich die Hand brach – recht gut, seitdem ist es deutlich schwerer geworden. „Denn aufgrund meiner sehr langwierigen Handverletzung konnte ich die Krücken nicht mehr benutzen, die ich als Unterstützung zum Laufen brauche.“ Mittlerweile schafft die energische Seniorin wieder 100 Meter, deutlich mehr wird es allerdings trotz intensiven Trainings nicht werden, da ihre Hand nicht wieder vollständig hergestellt werden kann.

Musik ist zu einer Therapie geworden

Umso wichtiger ist es Ute Hölting, wieder die Kulturveranstaltungen in und um Heiligenhaus besuchen zu können. „Ich muss raus“, erklärt sie „ich möchte wissen was, im Dorf passiert und die Veranstaltungen besuchen, nach denen mir der Sinn steht.“ Die Mitarbeiter des Kulturbüros, lobt Hölting, würden sich die größte Mühe geben, das Programm sei breitgefächert, der Eintritt günstig. „Die Musik ist mir zur Therapie geworden“, freut sich Hölting, die gerne noch mehr Heiligenhauser bei den Veranstaltungen treffen würde – „aus den umliegenden Städten kommen immer etliche Besucher, das Programm hat sich herumgesprochen.“

Außerdem würde sich die Musikfreundin über eine Begleitung zu den Veranstaltungen freuen, die ihr beim Verstauen des Rollstuhls und anderen Handreichungen hilft und appelliert an Besucher ohne Handicap: „Lasst bitte die Parkplätze für Rollstuhlfahrer frei!“ Damit Musik und Kultur wirklich für alle erreichbar sind.

>>> POLIO UND LIEBE FÜR DIE EISENBAHN

  • Poliomyelitis ist eine vorwiegend im Kindesalter hervorgerufene Infektionskrankheit, die auch zu schwerwiegenden Lähmungen führen kann. Die Erkrankungszahlen sind seit den 1950er Jahren stark rückläufig.
  • Ute Hölting träumt von einer Fahrt mit der transsibirischen Eisenbahn. Dafür bräuchte sie allerdings ebenfalls eine Begleitung.