Heiligenhaus. Das Heiligenhauser Traditionsgeschäft Dornemann schließt nach 93 Jahren. Gründerenkelin und Inhaberin Gisela Dornemann findet keinen Nachfolger.
Es ist eines der renommiertesten Fachgeschäfte in Heiligenhaus, in dritter Generation wird das Schuhhaus Dornemann geführt. Doch nach 93 Jahren schließt nun das Familienunternehmen, Inhaberin Gisela Dornemann geht bald in den Ruhestand und findet keinen Nachfolger. Sie empfindet das Ende ihres Geschäftes als Verlust für die Stadt und hofft, dass die Wirtschaftsförderung ein weiteres Ladensterben in der Innenstadt verhindern kann. Diese Woche beginnt der Räumungsverkauf.
Eröffnet wurde das Geschäft am 11. März 1926 durch Paul und Elisabeth Dornemann als Schuh- und Tabakwarenhandlung mit Schuhmacherei, wo heute das Rathauscenter steht. „Es waren armselige Zeiten“, sagt Gisela Dornemann und erinnert sich an die Erzählungen ihrer Großeltern. Sie seien am Tag ihrer Hochzeit nach der Trauung mittags in die Straßenbahn nach Heiligenhaus gestiegen und hätten das Schaufenster dekoriert und den Laden aufgeräumt. Geöffnet wurde morgens immer um 6 Uhr, damit die Arbeiter von Hitzbleck vor ihrer Schicht Zigaretten kaufen konnten.
Kindheitserinnerungen im kleinen Karussell
Silvester 1968 eröffnete das Schuhhaus neu neben dem Rathaus und Gisela Dornemann übernahm es 1985 von ihren Eltern. Nun wird sie es schließen. „Ich bin im Schuhkarton groß geworden, das ganze Leben unserer Familie spielte sich im Laden ab“, sagt die Chefin und blickt gerne auf ihre insgesamt 45 Berufsjahre zurück. Bald geht die 63-Jährige in den Ruhestand. „Das Tollste waren die Menschen, die zu uns gekommen sind.“ Die meisten seien Stammkunden gewesen, die teils als kleines Kind schon den Laden mit ihren Eltern besucht hätten, und oft sei auch Zeit für einen netten Plausch gewesen. Ohnehin hätten viele Heiligenhauser schöne Kindheitserinnerung an das Schuhhaus, denn dort seien einige Generationen in dem kleinen Karussell gefahren. Dies steht neuerdings nicht mehr in dem Laden – der Platz wird jetzt gebraucht für zusätzliche Regale.
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Dort werden die derzeit gut 15.000 Schuhpaare präsentiert, die möglichst alle neue Besitzer finden sollen, ob Kinder, Damen oder Herren. Das sei alles aktuelle Herbstmode, betont die Inhaberin, und eine weitere Lieferung werde noch erwartet. „Wenn diese Schuhe weg sind, dann ist hier Schluss“, sagt Gisela Dornemann. Lange habe sie – letztlich erfolglos – nach einem Nachfolger gesucht. Ihre Angestellten will sie aber nicht im Regen stehen lassen; einige hören altersbedingt auf und die jüngeren wolle sie anderweitig unterbringen.
Fehlen werden der Händlerin neben den Kunden aber auch die Events im Laden – ob italienische Tage, Cocktailabende oder Lauflehrgänge für Highheels. „Wir werden noch eine gebührende Abschiedsfete machen“, verspricht Dornemann. Zunächst steht am Freitag, 6. September, von 14 bis 19 Uhr aber erstmal ein Sonderverkauf für gut 8000 treue Stammkunden an, bevor tags darauf um 9.30 Uhr der offizielle Räumungsverkauf beginnt. Er soll noch einige Wochen laufen.
Die 200 Quadratmeter sollen nicht leerstehen
13.500 Kunden im vergangenen Jahr
Das 1926 gegründete Familienunternehmen Dornemann hat in seiner 93-jährigen Geschichte circa 70 junge Menschen ausgebildet. Chefin Gisela Dornemann war zudem gut 15 Jahre Prüferin bei der Industrie- und Handelskammer.
Das Schuhhaus hatte 2018 rund 13.500 Kunden, ein Drittel lebt außerhalb von Heiligenhaus. Zuletzt machte das Traditionsgeschäft 15 Prozent seines Umsatzes per Internetversand. „Die Digitalisierung hat uns alle erwischt“, sagt Gisela Dornemann über ihre Branche. „Man kann nur noch existieren, wenn man auch online verkauft.“
Danach sollen die gut 200 Quadratmeter aber möglichst nicht leerstehen, wünscht sich Gisela Dornemann als Eigentümerin. „Ich habe einige Ideen“, sagt sie und amüsiert sich über wilde Spekulationen in Heiligenhaus, was dort alles einziehen können. Dennoch sorgt sie sich um die Innenstadt. Dass der Supermarkt ins künftige Nahversorgungszentrum abwandert, hält sie für einen Fehler, durch den die City und damit der Einzelhandel weitere Kunden verlieren werde. „Der inhabergeführte Einzelhandel ist aber das Salz in der Suppe.“ Daher müsse die Wirtschaftsförderung einen engeren Schulterschluss mit dem Einzelhandel und den Hauseigentümern suchen.
Das will Wirtschaftsförderer Peter Parnow auch tun und verweist darauf, dass demnächst ein neues Innenstadtkonzept entwickelt werden solle. Natürlich bedauert er die Geschäftsaufgabe: „Das Schuhhaus Dornemann ist eine Institution in Heiligenhaus.“ Es habe überregionales Renommee – und Gisela Dornemann sei eine „tatkräftige Mitstreiterin“ gewesen, die sich immer sehr für den Einzelhandel und auch für Heiligenhaus engagiert habe. Parnow: „Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass sie eine vernünftige Nachnutzung finden wird.“