Heiligenhaus. Die Arbeitsagentur ermöglicht Arbeitslosen eine betriebliche Umschulung. Erfolgreich läuft sie jetzt in Heiligenhaus bei der Sanitärfirma Cremer.

Den eigenen Nachwuchs selbst auszubilden, ist für viele Firmen in Heiligenhaus und dem übrigen Kreis Mettmann ein bewährtes Mittel gegen den Fachkräftemangel. Doch: Obwohl jetzt im Kreis 25 Prozent mehr Ausbildungsstellen bei der Arbeitsagentur Mettmann gemeldet sind als noch 2018, gibt es immer noch 800 unversorgte Jugendliche und über 1000 freie Stellen. Das ist für Arbeitsagentur-Chef Wolfgang Mai ein Problem: „Wir kriegen nicht die Zahl der Auszubildenden, die wir brauchen. Also müssen wir andere Wege gehen.“ Eine dieser Alternativen ist jetzt beim Heiligenhauser Sanitärunternehmen Cremer sehr erfolgreich. Dort macht der 34-jährige Fabian Krings eine betriebliche Umschulung zum Anlagenmechaniker – mit Unterstützung der Arbeitsagentur. Dieses Programm könnte weiteren Firmen helfen, doch es ist kaum bekannt.

„Als Umschüler sollte man schon handwerkliche Vorerfahrung haben oder besonders gefördert werden“, sagt Cremer-Geschäftsführer Manuel Nemitz. Denn bei dieser Maßnahme machen Arbeitslose eine auf zwei Jahre verkürzte Lehre und steigen direkt im zweiten Lehrjahr ein; das Geld bekommen sie allerdings weiterhin von der Arbeitsagentur.

Es gibt keine Altersbegrenzung

Der Geschäftsführer der Arbeitsagentur Mettmann, Wolfgang Mai, beklagt sich, dass nicht die Zahl an Auszubildenden erreicht werde, die vonnöten sei.
Der Geschäftsführer der Arbeitsagentur Mettmann, Wolfgang Mai, beklagt sich, dass nicht die Zahl an Auszubildenden erreicht werde, die vonnöten sei. © Uwe Möller

Interessierte müssen mindestens vier Jahre sozialversicherungspflichtig gearbeitet haben und einen Einstellungstest bestehen, um für diese betriebliche Umschulung infrage zu kommen. Eine vorherige Lehre ist jedoch nicht notwendig. Derzeit gibt es im Kreis 100 Umschüler. „Es gibt keine Altersbegrenzung“, betont Wolfgang Mai, „aber eine leichte Schallgrenze liegt bei 55 Jahren.“

Ohnehin sei es finanziell die „attraktivste Möglichkeit, eine Ausbildung zu machen“, ergänzt Arbeitsvermittlerin Marita Triphaus, denn der Lohn messe sich am Arbeitslosengeld und nicht am branchenüblichen Lehrgeld. Für Fabian Krings war die Höhe des Lohns allerdings nicht das Ausschlaggebende, um sich bei der Firma Cremer um eine Lehrstelle zu bemühen. „Ich habe einen Sohn und ihm möchte ich eine gute Zukunft sichern.“ Als junger Mann hatte er diese Ausbildung einmal abgebrochen, nochmal soll ihm das nicht passieren.

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Bessere Berufschancen für Facharbeiter

Dass ein ausgelernter Anlagenmechaniker bessere Berufschancen hat, weiß auch Firmenchef Nemitz: „Bauhelfer und Leiharbeiter werden zuerst entlassen, wenn es einer Firma schlecht geht.“ Dies bestätigt auch Wolfgang Mai von der Arbeitsagentur. Zudem fänden die Betroffener viel schwieriger wieder eine Anstellung als ein Facharbeiter. Doch nicht nur mehr Jobsicherheit biete die Umschulung beziehungsweise eine Ausbildung; damit könne man auch „im Laufe des Lebens zigtausend Euro mehr verdienen“.

Firma Cremer hat derzeit acht Azubis

Manuel Nemitz und Oliver Wazakowski haben 2015 die Firma Cremer Heizung-Lüftung-Sanitär GmbH übernommen. Zuvor führte sie Hans G. Cremer.

„Anfangs haben wir zu sechst angefangen, fast wie eine Garagenfirma“, sagt Manuel Nemitz. Inzwischen habe der Betrieb 18 Mitarbeiter, davon sieben Azubis als Anlagenmechaniker und eine zur Bürokauffrau. „Wir wollen uns bis 2021 vergrößern“, sagt Nemitz. Derzeit verhandele der Betrieb mit der Stadt über eine Fläche im künftigen Innovationspark.

Arbeitgeber, die sich für Umschüler interessieren, können sich bei der Arbeitsagentur Mettmann melden. Auskunft erteilt Jürgen Vater unter 02104/ 6962-230.

Als Umschüler sei Fabian Krings übrigens genauso fähig wie seine anderen Auszubildenden, sagt Nemitz. Jedoch bescheinigt er ihm eine besonders hohe Motivation. Zumal der neue Mitarbeiter trotz der guten Unterstützung durch die Arbeitsagentur viel Eigeninitiative zeigen musste, bis erst einmal aller Papierkram erledigt ist und der Anstellungsvertrag unterschrieben werden konnte.

Möglichst viele Menschen sollen qualifiziert werden

Motivation hat Krings bereits bewiesen und jetzt seine Zwischenprüfung bestanden. „Man muss die Ausbildung ernst nehmen und sich reinknien“, gibt er künftigen Interessenten auf den Weg. Diese könnten künftig vielleicht auch wieder den Weg zur Firma Cremer finden. „Wenn der geeignete Umschüler kommt, würde ich jederzeit wieder einen einstellen“, sagt Manuel Nemitz – oder auch eine Umschülerin.

Indes hofft die Arbeitsagentur, dass sie in Heiligenhaus möglichst viele Menschen über das Umschulungsprogramm qualifiziert und damit parallel vielen Unternehmen gegen den Fachkräftemangel hilft.