Heiligenhaus. Ein Polizist wird in Essen gedemütigt. Das könne auch in Heiligenhaus passieren, so Bezirkspolizist Heinz Keller. Doch Heljens habe einen Vorteil
Ein Bundespolizist wird von zwei Clan-Mitgliedern in Essen beleidigt und gedemütigt. Dies zeigt ein Videoclip, der zuletzt im Internet hitzige Debatten ausgelöst hat. Die Polizei sieht dies als Anzeichen steigender Respektlosigkeit. Auch in Heiligenhaus beobachtet Bezirkspolizist Heinz Keller „die Verrohung der Gesellschaft“. Doch gerade in einer Kleinstadt hätten die Beamten einen entscheidenden Vorteil, der in Großstädten fehle.
„Nur noch Kinder im Kindergarten- oder im Grundschulalter freuen sich, einen Polizisten zu sehen“, bedauert der 57-jährige Hauptkommissar. Dagegen sei man bei Jugendlichen oft nicht willkommen. Zumal die Polizei ja meist etwas verlange: Dass es ruhiger wird, dass das Trinkgelage beendet oder der Joint ausgemacht wird. Wer nicht wegrenne, weil er etwa Marihuana dabei habe, „testet aus, wie weit er gehen kann“. Dabei sei Keller zwar noch nie beleidigt worden, „aber es wird immer rumdiskutiert“. Das sei früher anders gewesen, sagt der Beamte mit Blick auf seine 38-jährige Dienstzeit. Ein reines Jugendphänomen sei dies aber nicht, durch alle Altersstufen würden Diskussionen angezettelt – etwa bei einer Straßensperrung. Selbst mancher Senior lasse nun den Respekt gegenüber „Polizisten, Gerichtsvollziehern oder Rettungssanitätern“ vermissen.
Drohkulissen gegen die Polizisten
Zwar habe vor Heinz Keller noch niemand aus Missachtung oder Hass ausgespuckt, bei jungen Beamten komme das jedoch vor. Allerdings wisse jeder, der heutzutage bei der Polizei anfange, worauf er sich einlasse.
Angriffe auf Polizeibeamte nehmen zu
Die Statistik der Kreispolizei Mettmann bestätigt den Trend zu sinkendem Respekt gegenüber Polizeibeamten. So wurden von Januar bis Ende Juli diesen Jahres 85 Widerstände gegen Polizisten erfasst und 20 tätliche Angriffe. Im gleichen Zeitraum des Vorjahres waren es 77 Widerstände und nur sieben tätliche Angriffe.
„Beleidigungen und Bedrohungen sind nicht explizit in der Statistik erfasst“, so eine Sprecherin der Kreispolizei. Ohnehin sei diesbezüglich die Dunkelziffer hoch. „Respektlosigkeiten passieren jeden Tag mehrfach, werden aber nicht gemeldet.“
Dagegen kann Kerstin Ringel, die Fachbereichsleiterin für Sicherheit und Ordnung, gegenüber Mitarbeitern des Heiligenhauser Ordnungsamts kein „erhöhtes Aggressionspotenzial“ bestätigen. Bei Razzien in der Gastronomie liefe alles friedlich und kooperativ. Lediglich Außendienstlern, etwa bei der Verkehrsüberwachung, würden einige Menschen ungehalten gegenübertreten. „Die Mitarbeiter sind aber entsprechend geschult“, so Ringel. Sie setzten auf Deeskalation und „gehen in der Regel im Guten auseinander.“ Anzeigen müsse man nur selten stellen.
Dazu gehören auch gefährliche Situationen, wie sie sich selbst in Heiligenhaus häufen würden, wenn Menschen mit türkischem und libanesischem oder anderem arabischen Migrationshintergrund auf die Polizei treffen. „Sobald man einen Ausweis sehen oder eine Anzeige schreiben will, wird sofort eine Drohkulisse aufgebaut“, schildert Keller. Dann rotte sich sofort eine Gruppe zusammen und es würden weitere Leute rantelefoniert. „Bisher ist es dabei in Heiligenhaus noch nicht zu Gewalt gekommen“, betont der Bezirkspolizist.
Keine echten Parallelgesellschaften in Heiligenhaus
Dies sei bisher verhindert worden, weil „gemäßigte Ältere auf junge Heißsporne eingewirkt“ hätten. Dort sieht der Hauptkommissar auch den Vorteil von Heiligenhaus: „Man kennt sich untereinander. Wir sprechen mit den Eltern oder auch mit dem Imam, die dann Einfluss auf die Leute nehmen.“ Und dies helfe. Ebenso würden etwa Haftbefehle nie alleine vollstreckt. Großeinsätze wie in Essen oder Düsseldorf, wo zehn Einsatzwagen anrücken, „waren hier aber noch nicht nötig“.
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Ohnehin könne man Heiligenhaus nicht mit Großstädten vergleichen und schon gar nicht mit deren Problemvierteln wie Marxloh oder Altenessen. „Im Vergleich zum Ruhrgebiet ist alles hier sehr entspannt und friedlich. Man muss auch keine Angst haben, dass sich echte Parallelgesellschaften entwickeln.“ Und das ist nicht die einzige gute Botschaft von Bezirkspolizist Heinz Keller: „Von der überwiegenden Mehrheit der Menschen hier werden wir respektvoll behandelt.“
Forderung an die Rechtsprechung
Dennoch könne ein Fall wie der im Essener Videoclip jederzeit auch in Heiligenhaus passieren. „Daher erwarten wir von der Rechtsprechung, dass Leute wegen Beleidigung oder Widerstand auch konsequent belangt werden.“ Denn den Tätern solle nicht der Eindruck vermittelt werden, dass es keine echten Konsequenzen für sie hat, einen Polizisten respektlos zu behandeln.