Heiligenhaus. Stadtförster Hannes Johannsen freut es, dass neuerdings verstärkt Frauen und Naturfreunde die Jagdschule besuchen. Das hat gleich mehrere Gründe.

Immer mehr Leute wollen in Heiligenhaus den Jagdschein erwerben – und Stadtförster Hannes Johannsen hat bei seinen Jagdkursen noch einen weiteren, unerwarteten Trend ausgemacht: Inzwischen interessieren sich immer mehr Frauen für die Jagd. Das hat gleich mehrere Gründe.

„Früher waren es hauptsächlich die Söhne und Töchter von Jägern“, sagt Johannsen und ergänzt, „heute wollen auch viele andere Menschen mehr über den Naturschutz lernen. Denn jeder Jäger hat auch die Verpflichtung zum Naturschutz und muss die Lebensgrundlage der Tiere schützen.“ Für ihn und seine Schüler, die nun erfolgreich die Prüfung abgelegt haben, sei klar: „Wir wollen uns um die Natur kümmern.“

Der Unterricht verändert vorherige Ansichten teils stark

Stadtförster Hannes Johannsen (vorne Mitte) mit Dozenten und einigen Teilnehmern des Heiligenhauser Jagdkurses.
Stadtförster Hannes Johannsen (vorne Mitte) mit Dozenten und einigen Teilnehmern des Heiligenhauser Jagdkurses. © Oliver Kühn

Das war auch für Neujägerin Jeanette Hartwig ein wichtiger Beweggrund, den Kurs mit ihrem Ehemann zu besuchen. „Wir wollten ein tieferes Verständnis von Natur und Naturschutz haben“, sagt die 38-Jährige, und das „grüne Abitur“, wie der Jagdschein auch heißt, sei dafür ideal. Durch den Unterricht hätten sich einige ihrer Ansichten stark geändert. „Ich bin eigentlich seit Kindesbeinen Vegetarier“, sagt Hartwig und sie würde weiterhin kein Fleisch aus Mastbetrieben essen, aber Wild isst sie inzwischen gerne. Denn sie wisse, dass Wildschwein, Reh oder Hirsch bis zum Tod frei gelebt hätten – und deren Fleisch schmecke ihr wirklich gut. „Das hat der Jagdschein mit mir gemacht“, sagt sie und lacht.

Viele wollen wissen, woher das Fleisch kommt

Das Wissen, woher das Fleisch kommt, das man isst, sei heutzutage vielen jungen Menschen wichtig, sagt auch Kursabsolventin Katharina Böse und ergänzt: „Das Ökobewusstsein wächst.“ Die 23-jährige Informatikstudentin stammt aus einer Jägerfamilie und verbindet mit dem Wald viele Kindheitserinnerungen; demnächst will sie im Revier ihres Onkels mithelfen. „Bei uns Jägern geht es längst nicht nur ums Schießen,“ betont Böse, sondern vor allem um die Natur. So lege man etwa auf Luchse an, damit sie keine Rehkitze fangen. Umfangreich ist der achtmonatige Ausbildung, an deren Ende die Prüfung bei der Kreisverwaltung abgelegt wird. Vermittelt wird nicht nur der Unterschied zwischen Kitz, Schmalreh, Ricke und Bock. Auch über die übrigen Waldtiere lernt man etwas, ebenso über Jagdrecht, Kräuterkunde, Hundearbeit, Falknerei und mit welcher Waffe und mit welcher Munition auf welches Tier geschossen wird. „Das war die schönste Zeit meines Lebens“, schwärmt Katharina Böse und kann den Jagdkurs nur empfehlen.

Jägerinnen seien oft besonders an der Hege interessiert

Frauenanteil im örtlichen Hegering beträgt über 17 Prozent

Ein neuer Jagdkurs beginnt am 3. September und trifft sich zweimal pro Woche. Zuvor ist am Dienstag, 20. August, ein Infoabend im UBZ (Abtskücher Straße 24). Los geht es um 19 Uhr. Die Kosten für die Ausbildung inklusive Materialien und Übungswaffe liegen bei gut 1100 Euro. Infos: info@ubz-hiligenhaus.de; 0177/2880139, 02056/5825300.

Der Frauenanteil des Hegerings Heiligenhaus-Hösel ist in den vergangenen Jahren stetig gestiegen, auf inzwischen mehr als 17 Prozent. Derzeit besteht er aus 33 Jägerinnen und 158 Jägern.

Dass sich gerade Frauen verstärkt für einen Jagdschein interessieren, kann auch die Pressesprecherin des Hegerings Heiligenhaus-Hösel, Sabine Pferdekamp, bestätigen. Diesen Trend könne sie jedoch schon seit einigen Jahren beobachten, und längst nicht alle Frauen hätten große Jagdambitionen, sondern seien besonders an der Hege interessiert. „Jägerinnen schießen viel bedachter“, so Pferdekamp weiter, sie würden Waldtiere auch oft nur beobachten, „ohne Beute zu machen“.

So geht es auch Jeanette Hartwig, die es inzwischen liebt, in der Stille zu sitzen und dort Tieren zuzuschauen – dabei hat sie hervorragend Schießen gelernt und sogar ihren Mann, einen Sportschützen, überflügelt.

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„Man kann nur schützen, was man liebt“, weiß Stadtförster Hannes Johannsen, und er freut sich, mit dem jüngsten Kurs fast zwei Dutzend neue Jägerinnen und Jäger gewonnen zu haben, die sich künftig um die Heiligenhauser Natur kümmern werden. Dass gerade Frauen und Naturfreunde den Jagdschein wollen, dieser Trend werde anhalten, vermutet er: „Es herrscht Klimawandel und Insektensterben, und die Leute wollen jetzt Verantwortung übernehmen.“