Heiligenhaus. . Der Traditionsverein hat sich aufgelöst. Seine Sänger proben aber weiter und stehen an besonderen Gelegenheiten für ein Ständchen zur Verfügung.

Heiligenhaus verliert einen seiner Traditionsvereine. Der Männergesangsverein Heimatklänge hat sich nach über hundertjährigem Bestehen aufgelöst. Das haben die Mitglieder auf ihrer Jahreshauptversammlung beschlossen.

„Alle Voraussetzungen sprachen dagegen, weiterzumachen“, sagt Gerd Schlupkothen, der die Heimatklänge seit über 40 Jahren als Vorsitzender leitete. Es habe einfach der Nachwuchs gefehlt, mit dem man die Zukunft hätte sichern können. Diese Entwicklung sei schon seit gut 20 Jahren absehbar. „Die Männerchorliteratur wird heute gar nicht mehr geboten“, so Schlupkothen. Lieder von Schubert, Mozart, Beethoven oder Brahms seien bei jungen Chören gar nicht mehr gefragt, sondern vielmehr Rock- und Popmusik und Schlager.

„Aber das ist nicht mehr die Welt der Männerchöre einstiger Prägung“, sagt der ehemalige Vorsitzende, der 64 Jahre lang Mitglied war. „Wir haben aber unverzagt die Zeit überbrückt bis heute“, ergänzt Ronald Gzuk, früherer zweiter Vorsitzender, und auch vom Publikum sei die Leistung der Sänger stets gewürdigt worden, „mit vollen Häusern bis zuletzt“.

Abschied von der großen Bühne war bereits 2015

„Habt dank, ihr Freunde“ hieß das große Abschiedskonzert der Heimatklänge. 2015 traten sie ein letztes Mal in der ausverkauften Aula auf.
„Habt dank, ihr Freunde“ hieß das große Abschiedskonzert der Heimatklänge. 2015 traten sie ein letztes Mal in der ausverkauften Aula auf. © Uwe Möller

Doch von großen Bühnen hatten sich die Sänger bereits 2015 verabschiedet, hatten aber noch kleinere Auftritte, die sie nicht mehr Konzerte nennen wollten, weil sie nicht mit einstigen glanzvollen Zeiten in der Kant-Aula vergleichbar waren.

Vergessen sind diese großen Konzerte aber längst noch nicht. So erinnert sich Gzuk besonders gerne an die Glanzzeit mit prominenten Musikern wie Kenneth Spencer, Günter Wewel und die deutschen Tenöre Johannes Groß, Christian Polus und Luis del Rio. „Das 75. Jubiläum war für mich die Blütezeit“, sagt Gzuk über das Jahr 1986.

So habe es damals noch gut 70 Sänger gegeben, im neuen Jahrtausend waren es nur noch gut 45 und inzwischen sind es keine 20 Sänger mehr, und der aktuelle Altersdurchschnitt liegt bei 78 Jahren. Auftritte waren nur noch mit befreundeten Chören möglich. „Im Endeffekt will keiner wahrhaben, dass es das Ende bedeutet“, sagt Gerd Schlupkothen, doch der Traditionsverein ist inzwischen abgewickelt, sein Vermögen gespendet, etwa an ein Kinderhospiz und das Familienzentrum Nonnenbruch. Denn karitative und soziale Einrichtungen zu unterstützen sei den Heimatklängen schon immer wichtig gewesen. Dass der Männerchor nun aufgelöst ist, „geht mir schon an die Substanz, und einigen älteren Sängern auch“, räumt Gerd Schlupkothen ein.

Langjähriger Chordirektor Smetten hält die Treue

Um den Chordirektor Michael Smetten (am Klavier) für 30-jährige Treue zu ehren, trafen sich die Sänger im vergangenen November zum Gesangsabend im Vereinslokal Ratskeller.
Um den Chordirektor Michael Smetten (am Klavier) für 30-jährige Treue zu ehren, trafen sich die Sänger im vergangenen November zum Gesangsabend im Vereinslokal Ratskeller. © Carsten Klein

Das sieht Roland Gzuk allerdings anders: „Nur der Verein hat aufgehört zu singen, aber wir treffen uns weiterhin immer freitags“ zu den wöchentlichen Proben. „Wir machen jetzt von Monat zu Monat weiter.“ Erst wenn weitere Mitglieder ausscheiden, „erst dann gibt der Chorgesang keinen Klang mehr“. Der langjährige Chordirektor Michael Smetten wird den Sängern ebenfalls die Treue halten.

„Ich bin erstmal noch nicht traurig, weil wir ja weiter singen können“, so Gzuk. Befreit würde der Chor dieses Projekt als die Heimatklänge-Sänger nun angehen. „Ohne Verein sind alle Formalien weg. Wir müssen keine Protokolle mehr schreiben, keine Hauptversammlung und keine Vorstandssitzungen mehr abhalten.“ Jetzt könne man sich ganz auf das Singen konzentrieren und auf die Geselligkeit, zumal kein Sänger ein jahrzehntelanges Hobby einfach so aufgeben will.

Kleine Auftritte zu besonderen Gelegenheiten

„Uns kann man zu besonderen Gelegenheiten für ein lockeres Ständchen anfragen, und wir treten dann auf“, ergänzt Gerd Schlupkothen und denkt etwa an Geburtstagsfeiern. So will der Chor unter dem Namen Heimatklänge-Sänger gewährleisten, dass der gute Name ihres aufgelösten Traditionsvereins in Heiligenhaus nicht in Vergessenheit gerät.

>> Eine bewegte Geschichte mit vielen Höhepunkten

Schon wenn man den früheren Panhasstand auf dem Weihnachtsmarkt erwähnt, werden viele Heiligenhauser sofort an den MGV Heimatklänge denken. Denn der Traditionsverein hat dieses Wurstgericht früher traditionell dort verkauft. Ein Rückblick.

Die Geschichte des Männerchors beginnt 1911 mit elf Sängern. Sie legten den Grundstein für ein jahrzehntelanges Zusammengehörigkeitsgefühl, das auch unter den heutigen Sängern noch zu spüren ist. Gerade in der Nachkriegszeit stießen viele junge Heiligenhauser zum Chor, dessen Blütezeit zwischen den 60er und 90er Jahren lag, bis er sogar gut 70 Mitglieder hatte. Oft sangen Väter und Söhne zusammen.

„Singen ist gut für die Seele“

Die Jubiläen zum 50-, 75- und 100-jährigen Bestehen sieht der Verein als „markante Ereignisse“ und die Feiern dazu als Höhepunkte des Chores. Doch nicht nur dann war die Kant-Aula ausverkauft und erfüllt von den Liedern großer Komponisten wie Wagner und Beethoven. Für die ehemaligen Vorsitzenden Gerd Schlupkothen und Roland Gzuk sind erinnerungswürdige Glanzpunkte auch die Konzerte mit dem Düsseldorfer Japanischen Frauenchor, dem Velberter Meisterchor Ars Cantica und dem Menskeschor. Die größte Auszeichnung erhielt der Traditionsverein jedoch im Jahr 2011 mit der Zelter-Plakette.

In seiner langen Geschichte war der Chor immer wieder auf großen und kleinen Bühnen in Heiligenhaus und in Europa zu hören und setzte sich für einen guten Zweck ein, etwa 2012 zugunsten der Opfer des Fukushima-Erdbebens. Aber allmählich schrumpfte die Mitgliederzahl. Derzeit gibt es nur noch 15 Aktive. So sahen sich die Sänger schließlich gezwungen, den Verein aufzulösen. Doch sie bleiben dem Gesang treu, der für sie stets mehr war als ein Hobby. Roland Gzuk: „Singen ist gut für die Seele.“

>> MGV Heimatklänge treten ein letztes Mal auf

  • Der MGV Heimatklänge unterstützt trotz seiner Auflösung den befreundeten Meisterchor Ars Cantica von Michael Smetten bei einem Auftritt am Sonntag, 31. März, in Velbert. Dieses Konzert zur Fastenzeit beginnt in der Kirche St. Marien, Kolpingstraße 13, um 17 Uhr. Karten kosten zwischen 10 und 14 Euro, Vorverkauf: 02056/ 64805 oder 02053/ 48932.
  • Die Heimatklänge-Sänger proben immer freitags in ihrem Vereinslokal Ratskeller (Hauptstraße 144), um 19.30 Uhr. Interessierte sind willkommen.