Heiligenhaus/Essen. . Eine Essener Mutter hatte geklagt, dass ihr Sohn zu Unrecht nicht aufgenommen wurde. Muss nun ein gesamter Jahrgang neu entschieden werden?

Die Heiligenhauser Gesamtschule hat einen Jungen aus Essen rechtswidrig nicht aufgenommen. Das hat am Mittwoch das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster entschieden. Die Mutter hatte geklagt, dass die Schule 2017 ihren Sohn abgelehnt hatte – und nun Recht bekommen. Demnach müsste die Gesamtschule erneut über die Schulaufnahme entscheiden, denn das Verfahren sei zum Schuljahr 2017/18 rechtswidrig durchgeführt worden.

Die damalige Schulleiterin, so das OVG, habe ortsansässige Kinder bevorzugt aufgenommen. Das sei jedoch nicht erlaubt. Das Urteil begründet das Gericht unter anderem damit, dass das Auswahlverfahren bereits in den Jahren zuvor scheinbar ortsansässige Kinder bevorzugte, wie sich aus den Verfahrensprotokollen ergeben habe: „Lediglich in einem der vier Aufnahmeverfahren seien die Aufnahmequoten bei den Ortsansässigen und Auswärtigen ausgewogen gewesen; dieses Verfahren sei jedoch nicht von der Schulleiterin, sondern vertretungsweise von einer Abteilungsleiterin durchgeführt worden.“

Es gibt Kriterien zur Aufnahme von Schülern

Muss die Gesamtschule nun über einen gesamten Jahrgang neu entscheiden?
Muss die Gesamtschule nun über einen gesamten Jahrgang neu entscheiden? © Uwe Möller

Doch wie kann das passieren? Jede weiterführende Schule hat das Recht, selber zu entscheiden, welche Schüler sie aufnimmt. Überschreitet jedoch die Anmeldezahl die Zahl der überhaupt vorhandenen Plätze, wie es an der Gesamtschule meistens der Fall ist, erfolgt die Auswahl nach gewissen Kriterien, weiß auch der Vorsitzende des städtischen Ausschusses für Bildung und Sport, Ingmar Janssen (SPD). „Eine Gesamtschule ist verpflichtet, dass die Schülerklientel eine gewisse Mischung beinhaltet. Das betrifft nicht nur die Ausgewogenheit zwischen Jungen und Mädchen, sondern auch die Durchmischung von schulischen Empfehlungen.“

Die weiteren Plätze wurden durch ein Los entschieden. Doch, so urteilt das Gericht, „habe die (damalige) Schulleiterin auch die Aufnahmekriterien der Leistungsheterogenität und des ausgewogenen Geschlechterverhältnisses nicht konsequent und damit ermessensfehlerhaft angewendet.“

Erneute Entscheidung über Aufnahme möglich

Die Mutter des Jungen habe nun einen Anspruch auf erneute Entscheidung über die Schulaufnahme. Ob das gleichzeitig bedeutet, dass über den gesamten Jahrgang (nun sechste Klasse) neu entschieden werden muss, ist derzeit noch nicht absehbar. Sowohl die Gesamtschule als auch die zuständige Bezirksregierung Düsseldorf wollen sich zum derzeitigen Moment noch nicht offiziell äußern. Der Beschluss des Gerichts liege, so eine Bezirksregierungssprecherin, noch nicht vor. „Ich bitte deshalb um Verständnis, dass wir uns erst äußern, wenn wir das Urteil kennen und bewerten können.“

In der Sache bestätigt, so das OVG, sei man ebenfalls durch eine Aussage des damaligen Ersten Beigeordneten in einer Sitzung des Bildungsausschusses, „man (sei) seitens der Gesamtschule erkennbar bemüht, Heiligenhauser Schülern Priorität einzuräumen.“ Selbstverständlich habe die Stadt als Schulträger ein großes Interesse daran, dass alle Heiligenhauser Schülerinnen und Schüler entsprechend ihrer Eignung adäquat versorgt werden, so der derzeitige Erste Beigeordnete, Björn Kerkmann: „Beim Aufnahmeverfahren und auch bei der Festlegung der Aufnahmekriterien wird der Schulträger allerdings nicht eingebunden, wichtig ist aber, dass eine hinreichende Transparenz gewährleistet wird und keine Willkür entsteht.“

Björn Kerkmann ist der derzeitige Erste Beigeordnete. Er betont, dass Transparenz wichtig sei.
Björn Kerkmann ist der derzeitige Erste Beigeordnete. Er betont, dass Transparenz wichtig sei. © Alexandra Roth

Stadt betont keine Willkür, 42 Prozent der Schüler stammen aus anderen Städten

So richte sich die Festlegung der Aufnahmekriterien nach der Ausbildungs- und Prüfungsordnung Sekundarstufe eins. „Durch das vorliegende Urteil soll aber nicht der Eindruck entstehen, dass Schülerinnen und Schüler hier in Heiligenhaus kategorisch und willkürlich abgelehnt werden würden, dies zeigen die aktuellen Einpendlerzahlen“, betont Kerkmann.

Allein die Gesamtschule bringe derzeit 386 „auswärtige“ Schülerinnen und Schüler unter, „bei insgesamt 916 Plätzen und das sind rund 42 Prozent. Natürlich gibt es auch Auspendler, aber der Schulträger übernimmt sämtliche Kosten und wenn dann Heiligenhauser Schülerinnen und Schüler bei der gewünschten Schulform vor Ort gegebenenfalls nicht versorgt werden können, ist das unbefriedigend und den Bürgerinnen und Bürgern schwer zu vermitteln.“

>>> IN ZWEI WOCHEN BEGINNT DAS AUFNAHMEVERFAHREN FÜR DAS KOMMENDE SCHULJAHR

  • Der Zeitraum zur Durchführung der Anmeldeverfahren umfasst sechs Wochen. Er beginnt mit dem letztmöglichen Tag der Ausgabe der Halbjahreszeugnisse der Klasse 4 an Grundschulen. Das ist in diesem Jahr Freitag, der 8. Februar.
  • Mit dem Zeugnis müssen die künftigen Schüler an der bevorzugten Schule angenommen werden. Zur Aufnahmeentscheidung führen viele Schulen auch Einführungsgespräche mit den Kindern durch.