Heiligenhaus/Meaux. . 100 Jahre nach dem Ende des Ersten Weltkriegs reiste eine Delegation der Jugendfeuerwehr nach Frankreich. Dort wurde der Millionen Opfer gedacht.

Am 11. November vor 100 Jahren endete der Erste Weltkrieg. Die Welt gedenkt in diesen Tagen in Trauer der Millionen Opfer. Oder ist dieses besondere Datum nicht zugleich auch ein freudiger Tag, um den Frieden in Europa zu feiern? Eine Delegation der Jugendfeuerwehr Heiligenhaus hatte drei Tage lang Gelegenheit, dieser Frage in der Heiligenhauser Partnerstadt Meaux nachzugehen.

Kalter Regen prasselt auf die Jugendlichen hernieder. Genauso ungemütlich soll es den Eintragungen nach an den Novembertagen des Jahres 1918 gewesen sein. So stehen sie also im nassen Gras auf einem Gräberfeld. Die eine Hälfte trägt die deutsche Jugendfeuerwehr-Uniform in leuchtendem Blau und Orange, die andere die französische Uniform in Dunkelblau und Schwarz. Zögerlich geben sie sich die Hände. Hier auf dem Friedhof begegnen sie sich zum ersten Mal, um nun gemeinsam 100 deutsche Soldatengräber zu pflegen.

Jugendliche lernen sich bei der Grabpflege besser kennen

Bei der Grabpflege haben alle mit angepackt.
Bei der Grabpflege haben alle mit angepackt. © Jan Heinisch

Die Grabsteine sind vermoost, die Namen unleserlich. Doch das soll sich schnell wieder ändern, ein paar Augenblicke und Mühen später erkennt man wieder klassisch deutsche Namen, Todesdaten, ergänzt um den militärischen Rang: „Soldat“, „Gefreiter“, „Musketier“. Über sie ist ansonsten nicht mehr viel in Erfahrung zu bringen und wird es vermutlich auch nie wieder sein.

Die Jugendlichen aus Heiligenhaus und Meaux indes beginnen damit, sich beim Pflegen der Gräber gegenseitig kennenzulernen. Zugegeben: Die Sprachbarriere ist noch da, aber irgendwie klappt es dann doch recht schnell. Man muss nicht dieselbe Sprache sprechen, um sich zu verstehen. Immerhin teilen alle ja auch dasselbe Hobby „Feuerwehr“.

Noch viel gemeinsam zu erleben

Derweil marschieren die Fahnenträger der Veteranenverbände zu einer Gedenkzeremonie auf. Man grüßt die deutschen Toten und die gefallenen Franzosen nebenan mit den Fahnen, die Jugendlichen entzünden ein Licht für sie, man singt die französische Nationalhymne. Das Ganze soll sich in noch deutlich größerem Rahmen am Sonntag wiederholen, wenn die gesamte Stadt am Datum des Waffenstillstands gedenkt. Immer mittendrin die beiden Jugendfeuerwehren, deutlich hervorgehoben von den Rednern und wahrgenommen von der Bevölkerung.

Beide Jugendfeuerwehren haben gemeinsam trainiert.  
Beide Jugendfeuerwehren haben gemeinsam trainiert.   © Jan Heinisch

Bis dahin bleibt noch viel zu erleben. Gemeinsam mit der diensthabenden Wachbesatzung der Feuerwache Meaux zu Mittag essen, Wache und Fahrzeuge kennenlernen und schließlich eine gemeinsame Übung durchführen. Sie folgt natürlich Technik und Taktik „à la francaise“, die Heiligenhauser Jugendlichen werden sogar in französische Jugendfeuerwehr-Ausrüstung eingekleidet.

Älterer Herr bewegt mit seinem Auftritt

Die zweiköpfigen Trupps aber sind stets gemixt, manches ist dennoch gleich. Noah aus Heiligenhaus fragt seinen Partner für den „Einsatz“ nach dessen Vornamen. Das Ergebnis: Auch ein Noah. Und jetzt tragen sie sogar die gleiche Uniform.

Schon der Vortag hält so ein besonderes Erlebnis bereit. Mit Hunderten französischen Schülern und dem Bürgermeister von Meaux, Jean-François Copé, pflanzen die Jugendlichen eine Friedens-Eiche neben dem Weltkriegsmuseum der Stadt. Da wird ein uralter Mann, dekoriert mit Orden und fast taub, von seiner Tochter zu den Jugendfeuerwehrleuten geführt. Der alte Mann sei Kämpfer der „Résistance“ im Zweiten Weltkrieg gewesen und verdankt sein Überleben deutschen Jugendlichen, die ihn vor der Gestapo warnten. Sein Wunsch: Einmal noch im Leben ein Foto mit deutschen Jugendlichen zu machen. Mehr spricht er nicht, und auch die Jugendlichen sind ein Stück weit sprachlos. Das setzt sich bei der Besichtigung des Museums fort, das immerhin Europas größte Sammlung vom „Großen Krieg“ beherbergt und die Zeit im Schützengraben erlebbar macht.

Vieles muss noch verarbeitet werden

Eine Friedens-Eiche wurde von den Jugendlichen gepflanzt.
Eine Friedens-Eiche wurde von den Jugendlichen gepflanzt. © Jan Heinisch

„Wir werden noch einige Zeit brauchen, um diese vielen Eindrücke zu verarbeiten“, sagt Daniela Hemmert, Leiterin der Heiligenhauser Jugendfeuerwehr. Denn es gab an diesen drei Tagen ja nicht nur Gedenken, sondern auch ein schönes Abendessen im Restaurant und einen nächtlichen Ausflug ins nahe Paris, den die Ausbilder für die Jugendlichen organisiert hatten. Dort herrschte wegen der 80 anwesenden Staats- und Regierungschefs einiges Chaos, was der Fahrt aber keinen Abbruch tat.

Dieses besondere Wochenende verdanken die Jugendlichen der Stadt Meaux, deren Partnerschaftskomitee sie eingeladen hatte und zusammen mit der Feuerwehr weite Teile der Veranstaltung finanzierte. Nicht zu vergessen die Repräsentanten von „Souvenir francais“, auf deren Initiative der Austausch zurückging.

Eine Fortsetzung der Jugendfeuerwehren soll folgen, dann vielleicht nicht im alleinigen Zusammenhang mit Krieg und Frieden, aber in gleicher Freundschaft und Offenheit, wie an diesem Novemberwochenende des Jahres 2018.

  1. Dies ist ein Gastbeitrag von Jan Heinisch, Vorsitzender der Verbandes der Feuerwehren in NRW.