Heiligenhaus. . Zur Nacht der Erinnerung lud die evangelische Kirche am Freitag ein. Ruth Ortlinghaus bewegte mit den Schicksalen der Heiligenhauser Juden.

Kerzen leuchten im Dunkeln. Jeder Platz in der Alten Kirche ist besetzt. Als der Gospelchor der evangelischen Gemeinde, Singing People, Hevenu Shalom Alechem anstimmt, singen viele Besucher mit. Als vor 80 Jahren in der Reichspogromnacht in ganz Deutschland Scheiben eingeschlagen, Geschäfte und Wohnungen von Juden verwüstet wurden, war auch Heiligenhaus keine Ausnahme.

Während des Dritten Reiches wurde auch das Leben von 24 Heiligenhauser Juden gewaltsam beendet, sie wurden deportiert und vergast oder ertranken in der Ruhr. Zu erinnern, zu gedenken und wachsam zu bleiben, um zukünftig Ähnliches zu verhindern, das ist das Ziel der „Nacht der Erinnerung“ am Freitagabend im Haus der Kirche und in der Altern Kirche – und wie vielen Heiligenhausern das am Herzen liegt, ist deutlich zu sehen.

„Schon eine halbe Stunde vor Beginn waren viele Besucher da“, erzählt Pfarrerin Kirsten Düsterhöft, die mit einem Team und tatkräftiger Unterstützung der Expertin Ruth Ortlinghaus die Veranstaltung auf die Beine gestellt hat. Von Ortlinghaus stammen viele der Texte: „Viele Leute sind zu mir gekommen, sie fanden die Veranstaltung ergreifend.“

Gedenkfeier macht die Erinnerung sichtbar

Die Ausstellung im Foyer über „das Schicksal eines Bergischen Juden im Nationalsozialismus“ zeigt das Leben und das Schicksal von Artur Jacobs, der mit Frau und drei Kindern am Südring lebte, 1938 zunächst ins KZ Sachsenhausen gebracht wurde und nach mehreren weiteren Konzentrationslagern in Schloss Hartheim bei Linz vergast wurde.

Ruth Ortlinghaus (am Mikro, 2. von links) führte die vielen interessierten Besucher durch die Ausstellung über die in Heiligenhaus verfolgten Juden.
Ruth Ortlinghaus (am Mikro, 2. von links) führte die vielen interessierten Besucher durch die Ausstellung über die in Heiligenhaus verfolgten Juden. © André Marston Alvarez

Doch nicht nur er steht im Mittelpunkt der Veranstaltung, „Erinnerung sichtbar zu machen“ ist auch das Ziel der Gedenkfeier. Tief bewegend, als in der bis auf den letzten Platz gefüllten Kirche die Namen der 24 jüdischen Opfer des Nazi-Regimes vorgelesen, ihre Geschichten erzählt und Kerzen auf dem Altar angezündet werden. Der Kirchraum selbst ist dabei nur von Erinnerungslichtern erhellt, die die evangelische Jugend für diesen Anlass angefertigt hat und von denen jeder Besucher eins anzünden konnte.

Einzelne Schicksale erschüttern

Wie Metzgermeister Jonasson, die Kaufmannsfamilie Regensberg oder die Familie des Schlossers Oss, vorher alle geschätzte Heiligenhauser, unter dem Nazi-Regime zu leiden hatten, Heimat und Leben verloren, das wird durch die kurzen Texte deutlich und erschüttert die Anwesenden sichtlich. „Wir können immer wieder neu aufstehen, uns für Menschlichkeit und Neuanfang einsetzen“, macht Kirsten Düsterhöft klar. Klezmer-Musiker Reinald Noisten begleitete die Gedenkfeier musikalisch. Der Film „Heil Heiligenhaus“ der Gesamtschüler aus dem Jahr 2006, bei dem Zeitzeugen zu Wort kamen, wurde im Anschluss gezeigt.

>> Schulklassen können die Ausstellung besichtigen

  • Die Ausstellung über Artur Jacobs kann nach Anfrage auch von Schulklassen zu abgestimmten Terminen besichtigt werden. Das Gemeindeamt ist unter 02056 / 5829800 erreichbar.
  • Finanziell unterstützt wurde die Ausstellung und die Veranstaltung vom Arbeitskreis Kultur des Stadtmarketings.