Heiligenhaus. . Die Familie Kölbach hat einen Antrag auf Befriedung ihres Grundstücks gestellt. Was das ist und warum das Thema gar nicht so einfach ist.

Die Jagd ist ein Thema, an dem sich die Geister scheiden. Klar Nein zum Thema Jagd sagt Steffi Kölbach: Sie möchte nicht mehr, dass auf ihrem Grundstück im Fuchsloch ein Tier ums Leben kommt. Dafür musste sie nun einen Antrag auf Befriedung stellen – denn obwohl es ihr Eigentum ist, ist die Hege per Gesetz nicht nur erlaubt, sondern Pflicht.

„Mit dem Jagdrecht ist ausdrücklich die Pflicht zur Hege der Tiere verbunden,“ heißt es offiziell vom Ministerium für Umwelt. Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes NRW. Dies gilt für Wiesen, Felder und Waldstücke, die außerhalb von Ortschaften liegen, wie auch die privaten Grundstücke im Fuchsloch. Viele unschöne Dinge habe Steffi Kölbach im Laufe der Jahre leider erlebt, Dinge, die sie und ihre Familie nie wieder – und vor allem nicht im Bereich ihres Eigenheims – erleben wollten.

Europäischer Gerichtshof fällte Urteil

Die Kölbachs haben eine schöne Aussicht von ihrer Terrasse aus. Rund um ihr Grundstück gibt es Wald.
Die Kölbachs haben eine schöne Aussicht von ihrer Terrasse aus. Rund um ihr Grundstück gibt es Wald. © Uwe Möller

Aus ethischen Gründen können sie das Jagen und Töten von Tieren nicht ertragen. „Wenn ich sehe, wie manchmal Tiere gehetzt oder in die Enge getrieben werden, ohne dass sie eine Fluchtmöglichkeit haben, das hat nichts mehr mit einer natürlichen Jagd zu tun.“

Kölbach erinnert sich, wie sie früher im Garten saßen und das Wild beobachten konnten, „das hatte auch keine Angst vor uns, rannte nicht weg, die wussten, auf unserem Grundstück passiert ihnen nichts.“ Mittlerweile komme es fast gar nicht mehr vor, dass sie ein Reh sehe, „ich frage mich: Wer bestimmt eigentlich darüber, wieviel gejagt werden darf?“ Bis 2012 mussten Eigentümer das Jagdrecht akzeptieren. Doch 2012 entschied der Europäische Gerichtshof, dass diese Zwangsbejagung gegen Menschenrechte verstoße – und der Eigentümer aus ethischen Gründen das Jagen ablehnen darf.

Antrag auf Befriedung muss beim Kreis gestellt werden

„Wir haben beim Kreis Mettmann den Antrag auf Befriedung gestellt, damit auf unserem Grundstück nicht mehr gejagt werden darf“, berichtet Kölbach. Das kostet jedoch und ist sehr aufwendig und umfangreich, Kölbach findet: „Das schreckt doch auch ab.“ Vier Fälle, so bestätigt der Kreis, habe es überhaupt erst gegeben. Der Antrag der Kölbachs wurde von der Unteren Jagdbehörde genehmigt – gilt jedoch erst ab 2022. Zu spät für Kölbach. „Ich kann nicht ertragen, wie Wild gejagt wird – und will nicht weitere drei Jahre warten!“

Möglich ist dies aber auch zum Ende eines Jagdjahres (31. März). Das weiß Karl-Heinz Loske. Er war der Erste in NRW, der sein Grundstück (Kreis Soest) hat befrieden können. Seitdem berät er Eigentümer, alle zwei Wochen etwa kontaktiere ihn jemand. „Viele sind nicht darüber informiert, dass die Befriedung überhaupt möglich ist.“ Er kritisiert, dass diese kompliziert geregelt sei, Eigentümer durch Androhung hoher Gebühren abgeschreckt werden.

Hegering wird angehört

Nicole Lenné ist Leiterin des Hegerings Heiligenhaus-Hösel. „Wir wurden gehört als Beteiligter in dem Verfahren“, berichtet sie und erklärt: „Man muss sich den jeweiligen Standort angucken. In dem Fall hatten wir das Verfahren nicht unterstützt, denn wir sind hier in einem stadtnahen Bereich.“ Wenn mehr Eigentümer die Befriedung beantragen würden, könnte es das Jagen erschweren. Schließlich jage man definitiv nicht aus Spaß, „sondern wir kommen der Hege nach.“

Tierseuchen, so Nicole Lenné, seien ein großes Thema, aber auch Landwirte beklagten zunehmende Probleme. Denn die Anzahl der Füchse nehme weiter zu. „Deren einziger Feind ist das Auto“, so Lenné. Nachvollziehen könne sie schon, dass Menschen mit der Jagd ein Problem haben, „aber bei gutem Miteinander sowie gegenseitiger Rücksichtnahme zwischen Eigentümer und Jagdpächter wäre so ein Verfahren womöglich nicht nötig.

Schiedsmann sollte beide an einen Tisch führen

Förster Hannes Johannsen findet: „Es ist ein zweischneidiges Schwert. Wenn jeder sein Grundstück nun befrieden lässt, kann man nicht bejagen.“ Dann stünde die Frage im Raum, wer für mögliche Folgeschäden aufkomme, ob bei einem Autounfall oder bei gerissenem Tier von Landwirten. „Bei einem Flickenteppich ist es dem Jäger aber kaum möglich, seiner Aufgabe nachzukommen. Man sollte sich also genau informieren, was die Befriedung für Auswirkungen hat.“

Seiner Meinung nach fehle zwischen Jagdpächtern und Grundstücksbesitzern ein Schiedsmann. „Wenn beide an einen Tisch kommen, Förster sachlich vermitteln und beraten würden, könnte man zu einer Lösung kommen.“ Aus seiner beruflichen Sicht sei die Jagd notwendig für einen ökosystemgerechten Bestand, der Einzelfall müsse jedoch immer gehört werden.