Heiligenhaus. . Stadt hat irrtümlich eine Streuobstwiese an der Realschule gemäht. Naturfreunde und Politiker setzen sich jetzt verstärkt für wilde Blumen ein.

Nicht nur die Sommerhitze macht den Pflanzen zu schaffen, sondern auch der Mensch. Die Realschule ärgert sich, dass die Technischen Betriebe jetzt irrtümlich ihre Streuobstwiese vor dem Eingang gemäht haben. Dort sollen wilde Blumen und Insekten leben, jetzt ist der Rasen kurz und verdorrt.

„Diese Wiese war naturnah“, sagt Biologielehrer Carsten Jansen, der das Umweltprogramm der Realschule betreut und damit auch die gut 4000 Quadratmeter Streuobstwiesen. Sie sollen möglichst nur zwei Mal pro Jahr gemäht werden, „wenn die Früh- und die Spätblüher durch sind.“ Jansen möchte erreichen, dass die Stadt dies künftig berücksichtigt und hat dafür viele Mitstreiter gefunden. Dazu zählt der Naturfreund und frühere Biologielehrer Dietmar Borbe, der dieses Projekt seit rund 15 Jahren kennt. Die Streuobstwiesen seien, sagt er, ebenso wie die vielen Wildblumenwiesen in der Stadt, „das beste Anschauungsobjekt für Schüler“, um etwas über die Natur und über Insekten zu lernen.

Beschwerden aus der Bevölkerung

„Wir sehen das Projekt sehr positiv“, sagt zudem der SPD-Vorsitzende und Ratsherr Ingmar Janssen, und appelliert an alle Heiligenhauser mit einem Garten, mehr „Chaos“ zuzulassen und nicht dem Ideal eines englischen Rasens anzuhängen.

Kahl gemäht ist derzeit die Streuobstwiese vor der Realschule.
Kahl gemäht ist derzeit die Streuobstwiese vor der Realschule. © Ulrich Bangert

Dass die Schulwiese kürzlich gemäht wurde, geht nach Auskunft der Stadt auf Anwohner zurück, die diese und andere Grünflächen als unordentlich und unansehnlich empfinden. „Fast täglich kommen Beschwerden“, sagt die für die Technischen Betriebe zuständige Fachbereichsleiterin Kerstin Ringel, auch über offiziell ausgewiesene Wildblumenwiesen wie an der Schule. Daher will Ringel diese Wiesen künftig mit Hinweisschildern versehen lassen.

Stadtförster Hannes Johannsen wünscht sich ebenfalls mehr Streuobst- und Wildblumenwiesen und hat dafür ein neues Konzept erstellt, das vor allem „Mut zur Wildnis“ verlangt. „Auf solchen Wiesen entwickeln sich Insektengesellschaften, da baut sich ein Ökosystem auf, das soll so bleiben.“

Mehr Insektenhotels

Zudem möchte er, dass die Realschule ein Insektenhotel bekommt. Andere Schulen oder Kindergärten sollen auch solche Wildblumenflächen erhalten. Den Hefelmann-Park oder den Thormählen-Park wolle übrigens niemand in Wildblumenwiesen verwandeln, so der Förster, ebenso wenig sollen Disteln an Kinderspielplätzen wuchern. Doch Heiligenhaus soll künftig natürlicher und wilder aussehen und damit insektenfreundlicher sein – dafür sucht er möglichst viele Flächen für wilde Blumen.

Diese gesamte Initiative begrüßt auch der Bürgerverein Oberstadt-Nord und kennt einen indirekten Vorteil dieser Flächen. „Wenn dort die Technischen Betriebe nur zwei Mal pro Jahr mähen“, sagt der Vorsitzende Friedrich-Ernst Martin, „kann die Stadt die Kapazitäten anders nutzen“, etwa für Grünflächen, Blumenkübel und Beete, die bisher vernachlässigt wurden.

Damit künftig keine Streuobst- oder Wildblumenwiesen mehr irrtümlich gemäht werden, so Förster Hannes Johannsen, sollen die Mitarbeiter der Technischen Betriebe nicht nur geschult werden. Derzeit sucht der Förster weitere Wildflächen, sind diese aber genehmigt, soll es für die Mitarbeiter spezielle Stadtkarten geben, auf denen sie eingezeichnet sind. Johannsen verspricht Biologielehrer Carsten Jansen: „Im Frühjahr wird das hier ganz anders aussehen.“

>>> KONZEPT FUSST AUF VIER SÄULEN

  • Das neue Wildblumen-Konzept von Stadtförster Hannes Johannes fußt auf vier Säulen: Mut zur Wildnis; das Anlegen von Blühstreifen; Blühtüten, die an die Heiligenhauser verteilt werden und Gespräche mit Bauern, ob diese sich an den Rändern ihrer Felder ebenfalls beteiligen.
  • Blühtüten werden etwa im Bürgerbüro kostenlos ausgegeben. Es gibt mehrere Mischungen, die verschiedene Insekten anlocken sollen, etwa Schmetterlinge oder solitäre Wildbienen.