Heiligenhaus. . Der Aufnahmestopp für ausländische Gäste in Essen hat für Aufsehen gesorgt. In Heljens gibt es aber kaum mal Streit. Die Nationalität ist egal.

Die Essener Tafel nimmt derzeit nur deutsche Neukunden auf. Mit dieser Entscheidung hat sie viel Aufsehen erregt. Der Anteil nicht-deutscher Gäste lag zwischenzeitlich bei rund 75 Prozent. Einige Frauen fühlten sich durch viele fremdsprachigen Männer an den Ausgabestellen abgeschreckt. Doch wie ist hier die Situation?

Ortstermin bei der Tafel in der Rheinlandstraße: 11.45 Uhr, eisige minus sechs Grad. Rund drei Dutzend Menschen stehen schon vor dem Tafelgebäude, viele haben Tragetaschen oder Trolleys dabei. Von Hektik oder Aufregung keine Spur. „Unsere Gäste ziehen vorher Nummern. Die werden zufällig vergeben, dann weiß jeder, wann er circa dran ist“, erklärt Renate Zanjani von der Bergischen Diakonie.

Am Ende kann es schon mal etwas weniger Lebensmittel geben

Das System, das verhindern soll, dass die Stärksten auch die Ersten sind, scheint zu funktionieren. Um 12.30 Uhr werden problemlos die Inhaber der ersten fünf Nummern eingelassen.

Vor der Tafel stellen sich die Gäste an, das läuft zumeist auch gesittet ab,
Vor der Tafel stellen sich die Gäste an, das läuft zumeist auch gesittet ab,

Sie können sich in der Auslage (gegen zwei Euro Wertbeteiligung) Lebensmittel aussuchen: Obst und Gemüse stehen zur Auswahl, dazu Brot, Wurst, Spaghetti, Reis und mehr. „Durch die Nummern wissen wir, wie viele Gäste wir haben und können die Vorräte abschätzen“, sagt Zanjani. Es könne aber immer mal sein, dass die mit den höheren Nummern am Ende etwas weniger bekommen oder gewisse Artikel schon weg sind.

Keine größeren Probleme

Glück hatten heute Haskaj und seine Frau Jon – mit ihren niedrigen Nummern sind sie schnell dran. Sie kommen aus Serbien und sind regelmäßig in der Rheinlandstraße zu Gast. „Probleme habe ich viele, aber keine bei der Tafel“, sagt Haskaj und lacht. Er komme gerne hierher und könne von keinen negativen Erfahrungen berichten.

Im Nebenraum sitzen Vivien, Lars und Pascal am Essenstisch. Sie gehören zu den rund 50 Prozent, die bei der Tafel (gegen 50 Cent Wertbeteiligung) auch zu Mittag essen. Sie hätten auch schon andere Erfahrungen gemacht als Haskaj, sagen sie. „Manche drängeln sich vor, obwohl es ja nichts bringt“, sagt Vivien. „Das liegt aber nicht am Migrationshintergrund“, betont Lars mit Blick auf die Ereignisse bei der Tafelin Essen.

Nur zwei Verweise in 13 Jahren

Das sieht auch Renate Zanjani so. Probleme in der Warteschlange gebe es immer mal, wie Schubsen oder Vordrängeln. Eine Schlägerei habe Zanjani in Heiligenhaus aber noch nicht erlebt. „Überall, wo Menschen anstehen, gibt es auch mal Unruhe. Das kann beim Bäcker genauso passieren.“ Mit der Nationalität (rund die Hälfte der Tafelgäste in Heiligenhaus hat keinen deutschen Pass) habe das nichts zu tun, sondern mit individuellem Verhalten, sagt Zanjani.

Benimmt sich jemand daneben, hätten die ehrenamtlichen Helfer das im Blick und könnten reagieren, erzählt Standortleiterin Christa Beyer. Dann könne man das Gespräch suchen. Oder im Extremfall vier Wochen die Berechtigungskarte einziehen. „Das ist in 13 Jahren aber ganze zwei Mal vorgekommen.“ Bei der Tafel in Heljens hat man also offenbar alles im Griff.

>>> TAFEL FÜR NIEDERBERG HAT SECHS AUSGABESTELLEN

  • Die Tafel für Niederberg hat sechs Ausgabestellen in Heiligenhaus, Velbert und Wülfrath. Pro Woche kommen rund 600 bis 700 Gäste.
  • In Heiligenhaus sind es wöchentlich zwischen 90 und 130 Gäste. Geöffnet ist die Tafel an der Rheinlandstraße 26 jeden Mittwoch von 12.30 bis 14.30 Uhr zur Ausgabe der Lebensmittel an die Bedürftigen.
  • Wer eine Tafelkarte (kann für mehrere Personen gelten) erhält, hängt vom monatlichen Einkommen ab. Bei Alleinstehenden liegt die Obergrenze bei 980 Euro. Was zählt, ist das gesamte Einkommen für alle Ausgaben, Miete beispielsweise inbegriffen.