Heiligenhaus. . Carmen Tiemann ist eine der Weltbesten beim Spiel Tac. Die Teufelskarte mag sie am liebsten. Frust gehört für sie ebenso zu ihrem Hobby wie Spaß.

  • Schulleiterin Carmen Tiemann ist eine der Weltbesten beim Spiel Tac. Aktuell hält sie zwei Titel
  • „Es ist ein Virus, wenn man es erst einmal hat, trägt man das Spiel auch weiter“, sagt sie über das Spiel
  • Bald will sie an der Gesamtschule eine Tac-AG aufbauen und Meisterschaften nach Heiligenhaus holen

Carmen Tiemann ist Landesmeisterin, Deutsche Meisterin und errang vor vier Jahren sogar den WM-Titel. Doch nicht etwa im Speerwurf, Fußball, Biathlon oder Schach, ihre Disziplin ist den meisten Heiligenhausern noch unbekannt. Die Schulleiterin der Städtischen Gesamtschule gehört zu den Weltbesten beim Brett- und Kartenspiel Tac.

Die Grundidee des Spiels basiert auf Mensch Ärger Dich Nicht, ersetzt Würfel aber durch Karten, von denen einige Sonderfähigkeiten haben.
Die Grundidee des Spiels basiert auf Mensch Ärger Dich Nicht, ersetzt Würfel aber durch Karten, von denen einige Sonderfähigkeiten haben. © Alexandra Roth

Die Grundidee basiert auf Mensch Ärger Dich Nicht, ersetzt aber die Würfel durch Karten, mit denen man die Spielzüge beeinflussen kann. Doch Tac ist für Tiemann viel mehr als eine Variante des berühmten Familienspiels: „Es ist ein Virus, wenn man es erst einmal hat, trägt man das Spiel auch weiter.“ Und das Virus hat die 43-Jährige voll erwischt. Bei Freuden war sie eingeladen und hatte Lust bekommen, nach einer Partie Cluedo etwas Neues auszuprobieren: Tac. „Ich war sofort angefixt.“

Nerds haben Murmelsammlungen

Jetzt, gut sieben Jahre später, sitzt sie beim Pressetermin in ihrem Büro am Konferenztisch und hat ein schönes Spielbrett aus Nussbaum aufgebaut. Sie hat es nach der gewonnenen Weltmeisterschaft erhalten, hat aber auch eins in edlem Mahagoni zuhause, andere Spieler bauen sich ihre Bretter sogar aus Titan. Zu viert, in Zweiermannschaften wird Tac gespielt, und die preisgekrönte Tacerin Tiemann präsentiert ihren neuen Mitspielern eine Auswahl von Murmeln; es sind die Spielsteine, für die es auf dem Brett zahlreiche Mulden gibt. „Die Nerds haben alle eigene Kugeln“, sagt sie, obwohl sie sich nicht selbst als Spielenerd sieht: Rätsel zieht sie Brettspielen vor, sie mag besonders gerne Sudoko. Doch eine waschechte Tacerin, das ist sie allemal und daher hat sie auch eine Murmelsammlung, je vier in einem Set.

„Der Teufel ist meine Lieblingskarte“, sagt Carmen Tiemann und präsentiert ihren Favoriten vor  ihrem Weltmeister-Brett aus Nußbaum. Sie hat es bekommen, als sie 2013 die WM gewann.
„Der Teufel ist meine Lieblingskarte“, sagt Carmen Tiemann und präsentiert ihren Favoriten vor ihrem Weltmeister-Brett aus Nußbaum. Sie hat es bekommen, als sie 2013 die WM gewann. © Alexandra Roth

So bringt sie drei Neulingen nun das Spiel bei, aber nur in der Meisterversion mit zusätzlichen Karten, die den Spielstand manipulieren. „Ohne die Meisterkarten ist es langweilig, ohne sie würde ich es nicht spielen“, sagt Tiemann und präsentiert zunächst den Narr, den Krieger und den Engel. „Der Teufel ist meine Lieblingskarte“, sagt sie und lächelt; der Teufel erlaubt, mit den Karten des Gegners die Kugeln auf dem Brett zu bewegen.

Frustationstoleranz wird geschult

„Das Spiel kann gar nicht langweilig sein. Es ist hochinteressant und variantenreich.“ Doch es gibt eine Krux: es ist ein schweigendes Spiel und die Teams dürfen ihre Züge nicht absprechen. „Das schult die Frustrationstoleranz“, und Tiemann weiß, dass selbst bei freundschaftlichen Partien Freundschaften und Beziehungen hart auf die Probe gestellt werden können. „Das Spiel kann zu jeder Zeit kippen. Man hat den Sieg vor Augen, eine Karte wird gespielt und man hat verloren“, erläutert die Meisterin. „Man darf sich nie sicher sein.“

Daher muss sie nach einer engen Niederlage auch schon mal eine Raucherpause machen oder einen Spaziergang „um runterzukommen“, denn obwohl für sie und die übrigen Tacer der Spaß das Wichtigste ist, selbst auf einer WM, spielt Carmen Thiemann durchaus verbissen. Eine Lektion fürs Leben, die jeder von dem Spiel lernen könne, sei aber auch: „Bei aller Frustration soll man ruhig bleiben, weitermachen und bis ans Ende an sich glauben.“

Adrenalin-Kick vor der zweiten Phase des Spiels

Aller Frust ist ohnehin bei der nächsten Partie vergessen, besonders wenn ein Mitspieler seine vier Kugeln ins Ziel gebracht hat. „Dann bekomme ich einen Adrenalin-Kick.“ Denn damit beginnt die zweite Phase des Spiels, die deutlich schneller wird. Wenn aber die weltbesten Teams gegeneinander antreten, passieren kaum Fehler und dann bestimmt Glück, wer gewinnt.

Tac lernt man aber gegen bessere Gegner am schnellsten, weiß Tiemann. So haben sie und ihre spätere Meisterpartnerin, die Mathematikerin Sabine Lafloer-Schwarz, erst auf einem Turnier gemerkt, dass sie zunächst die Spielregeln falsch beigebracht bekommen hatten. Erfahrene Tacer haben dies dann aber korrigiert.

„Ich will dieses Virus verbreiten“

Als Team Casa möchten die beiden im Februar ihren deutschen Titel verteidigen, zudem will Tiemann in Heiligenhaus eine Tac-Szene aufbauen sowie eine Tac-AG in der Gesamtschule. „Ich will dieses Virus verbreiten“, sagt sie entschlossen. Angehenden Tacern rät sie übrigens zu Gelassenheit, denn sie weiß: „Wenn man schlechte Karten hat, hat man schlechte Karten.“

>>> Spiele-Experte Harald Schrapers findet Tac gelungen

Harald Schrapers gehört zur Jury des Spiel des Jahres.
Harald Schrapers gehört zur Jury des Spiel des Jahres. © Herbert Höltgen

Tac ist ein gelungenes Spiel“, sagt Fachmann Harald Schrapers, er gehört zur Jury für das Spiel des Jahres. Doch Mensch Ärgere Dich nicht, auf dessen Grundidee Tac fußt, sei seiner Meinung nach eins der schlechtesten Spiele der Welt. „Es ist unglaublich frustrierend: Alles, was man erreichen kann, wird kaputt gemacht.“ Tac verringere den Glücksfaktor aber durch die Karten und ein taktisches Element erheblich, was den Spaß erhöhe. Ein verwandtes Spiel dieser Art sei Dog, das statt Holzbrettern jedoch Pappe nutzt und dadurch günstiger ist. So bekommt man Tac je nach Variante für rund 70 bis 100 Euro, Dog dagegen kostet etwa 15 bis 25 Euro.

Wer keine Lust auf Tac oder Dog hat, müsse aber natürlich nicht mit Brettspielen brechen: „Ich spiele ständig neue Sachen. Der Reiz des deutschen Brettspielmarktes ist, dass jedes Jahr tolle neue Spiele herauskommen.“