Heiligenhaus. . Mit Musik und Jubelschreien feierten Kurden in der Oberilp das Unabhängigkeitsreferendum im Nordirak. Die Polizei war auf Krawalle vorbereitet.

  • Kurden aus Heiligenhaus haben am Montag gefeiert, dass nordirakische Kurden unabhängig werden wollen
  • Die Kurden im Nordirak haben sich bei einem Referendum mit überwältigender Mehrheit dafür entschieden
  • Die hiesige Polizei war auf Krawalle vorbereitet. Denn auch in Deutschland ist das Referendum umstritten

Die Kurden im Nordirak wollen sich für unabhängig erklären, darüber wurde jetzt abgestimmt. Für die Unabhängigkeit hat sich eine überwältigende Mehrheit entschieden. Das haben Kurden aus Heiligenhaus am Montagabend in der Oberilp gefeiert.

„In der Oberilp verstehen sich alle Nationalitäten. Heute sind auch Türken und Araber dabei“: Dilan Ok (links) ist am Montagabend eine der engagiertesten Tänzerinnen.
„In der Oberilp verstehen sich alle Nationalitäten. Heute sind auch Türken und Araber dabei“: Dilan Ok (links) ist am Montagabend eine der engagiertesten Tänzerinnen. © Ulrich Bangert

Es ist eine kurzfristige Feier auf dem Europaplatz und sie wird von der Polizei beschützt. Neben Heiligenhauser Beamten sind auch Bereitschaftspolizisten aus Recklinghausen gekommen. Allein drei Mannschaftswagen stehen auf dem Parkplatz des Selbecker Markts bereit. Denn dieses Fest ist nicht ungefährlich, weil ein unabhängiges Kurdistan im Nordirak international sehr umstritten ist. Daher ist die Polizei auf Krawalle vorbereitet.

Trommeln und Flöte zum traditionellem Volkstanz

„Wir feiern heute diesen bedeutenden Tag in unserer Geschichte“, sagt Roni Bayraktar. „Wir sind jahrelang unterdrückt worden, das hat jetzt ein Ende.“ Der 39-Jährige aus der Oberilp ist Kurde aus der Türkei, lebt aber seit 1993 in Deutschland. Er hat das Treffen organisiert und bei den Behörden angemeldet. „Wir wollen laute Autokorsos verhindern.“ Er möchte nicht, dass die Kurden hupend durch die Stadt fahren, lieber sollen alle zusammen tanzen. Zu Dutzenden versammeln sie sich auf dem Europaplatz, schwenken kurdische Fahnen oder tragen sie um die Schulter oder den Kopf: Rot, Weiß, Grün mit einer gelben Sonne.

Die Zurna (Flöte) gehört ebenso wie die Davul (Trommel) zum traditionellen Volkstanz, den die Türken Halay und die Kurden Govend nennen.
Die Zurna (Flöte) gehört ebenso wie die Davul (Trommel) zum traditionellen Volkstanz, den die Türken Halay und die Kurden Govend nennen. © Ulrich Bangert

Als die Musik ertönt, geht das Fest richtig los. Kaum erklingen die Trommeln (Davul) und die Flöte (Zurna), fassen sich Männer, Frauen und Kinder an den Händen und tanzen ausgelassen im Halbkreis. Es ist der traditionelle türkische Volkstanz Halay, den die Kurden Govend nennen.

Rund 80 Tänzer sammeln sich im Halbkreis, sie lachen und jubeln. Junge Frauen jallern fröhlich, und wer nicht tanzt, nimmt den Govend mit dem Handy auf. „Biji Kurdistan“, rufen alle gemeinsam: Hoch lebe Kurdistan.

„In der Oberilp verstehen sich alle Nationalitäten“

„Wir sind glücklich, denn Kurden haben zu lange Leid ertragen. Das wird sich jetzt ändern und das feiern wir zusammen“, sagt Helin Üstebay (23). Sie trägt einen grünen Overall, der an die Uniform der Peschmerga angelehnt ist. Dies sind die Streitkräfte in den kurdischen Autonomiegebieten im Irak. „Sie sind Freiheitskämpfer, und sie kämpfen gegen Isis“, sagt Üstebay stolz. Doch mit Kampf und Gewalt habe die Party auf jetzt nichts zu tun, ergänzt Dilan Ok (23), die ebenfalls ausgelassen mitgetanzt hat. „In der Oberilp verstehen sich alle Nationalitäten. Heute sind auch Türken und Araber dabei.“ Dazu zählt die Marokkanerin Imane Ossi, die keine Kurdin ist, aber versteht, dass die Kurden einen eigenen Staat wollen. Zudem hat sie einen kurdischen Ehemann.

Die Feiernden bedanken sich bei den Polizisten

Nach gut zwei Stunden endet das Fest auf dem Europaplatz. Bevor die Oberilper nach Hause gehen, bedanken sich viele bei den Polizisten, dass sie den Tanz anlässlich des erfolgreichen Unabhängigkeitsreferendums ermöglicht und geschützt haben.

„Es kam zu keiner Störung“, sagt Heinrich Röhr von der Heiligenhauser Polizei am Dienstagmorgen. Er leitete den Einsatz in der Oberilp. Vereinzelt gab es allerdings Nachfragen von Türken, die wissen wollten, ob nicht etwa verfassungsfeindliche Symbole gezeigt wurden. Sie waren in Deutschland jedoch alle erlaubt.