Hattingen. . Weil er Ende 2012 seine Ehefrau und seine drei Kinder mit Messern angegriffen und lebensgefährlich verletzt hat, muss ein Familienvater aus Hattingen ins Gefängnis. Das Essener Schwurgericht verurteilte den 38-Jährigen am Dienstag zu lebenslanger Haft. Es betonte mit dem Urteil die schwere Schuld des Angeklagten.

Äußerlich unbewegt nimmt der Hattinger Familienvater (38) das Urteil des Essener Schwurgerichts entgegen: Lebenslange Freiheitsstrafe wegen Mordversuchs in vier Fällen. Seine Opfer, die Ehefrau, seine beiden Töchter (22, 21), sein Sohn (17), sie leben noch, dank ärztlicher Kunst und mit ganz viel Glück. Fraglich, ob sie jemals verarbeiten können, dass der Ehemann und Vater am Abend des 4. Dezember vergangenen Jahres mit zwei Messern auf sie losging. Die schlimmen Narben am Körper werden sie ihr Leben lang an die entsetzliche Bluttat in der Hattinger Wohnung erinnern.

„Er hat ganz schwere Schuld auf sich geladen“, beginnt Richter Andreas Labentz die Urteilsbegründung. Es sei bei der Tat nicht darum gegangen, die Ehre des Vaters wiederherzustellen. Sondern: „Er ist ein Familientyrann gewesen“, so Labentz. Er sei sogar an das selbst verdiente Geld der Kinder gegangen. Auch an jenem Abend ging es zunächst um Geld, dann um eine mögliche Trennung der Familie. Ein ruhiges Gespräch. „Komm’ mal, meine Tochter, ich will dir was zeigen“, habe der Vater dann die Älteste aufgefordert, schildert der Richter die Situation. Arglos sei sie voraus in den Flur gegangen.

Staatsanwalt: Schicksalhafter Tag

Leise, so Labentz, habe der Vater sich von hinten genähert, heimtückisch das Messer angesetzt: „Er wollte ihr zeigen, welche Macht er als Vater hat, ihr von hinten die Kehle durchzuschneiden.“ Sie wehrt sich, der Schnitt geht vom Ohr quer übers Gesicht, öffnet die Mundhöhle. Der Vater trifft sie noch fünfmal. Die Mutter, die Geschwister wollen helfen, werden selbst Opfer. Er wollte töten, davon ist das Gericht überzeugt.

Von einem „schicksalhaften Tag für die ganze Familie“ spricht Staatsanwalt Joachim Lichtinghagen. Das Gericht folgt seinem Strafantrag. In einem eindrucksvollen Plädoyer zeichnet er das Bild eines Mannes, der in kurdischer Tradition aufgewachsen ist, der sich auch nach 20 Jahren in Deutschland nur im Kreis seiner Landsleute bewegt. Auf „sittlich niedrigster Stufe“ habe er bei der Tat seine Macht durchsetzen wollen.

Verteidiger: Keine Tötungsabsicht

Von einer Konflikttat spricht Verteidiger Hanisch. Sein Mandant habe nicht die Absicht gehabt zu töten, es sei die „spontane Entladung eines Aggressionsstaus“ gewesen. Hanisch und Verteidiger Altun beantragen eine „angemessene zeitliche Freiheitsstrafe“. An jenem Abend, als die Tochter ihm die Trennung nahe gelegt habe, sei das der „berühmte Tropfen“ gewesen, so Hanisch, der das Fass zum Überlaufen gebracht habe.