Hattingen.. Hausaufgaben sollen nicht wegfallen, aber an die Belastung der Schüler angepasst verteilt werden. Zeit, die für die Erledigung der Aufgaben benötigt wird, wird oft falsch eingeschätzt. Die Faktoren, die bei Schülern zur Überforderung führen können, sind vielfältig. Wichtig ist Fingerspitzengefühl.
Weg mit den Hausaufgaben. Was eine Schule in Oberhausen jetzt umgesetzt hat, würde sicher vielen Schülern gefallen. Hintergrund ist die zunehmende Belastung durch lange Unterrichtstage und die auf zwölf Jahre verkürzte Schulzeit (G8). Die Reduzierung der Hausaufgaben könnte ein Schritt zur Entlastung sein.
„Hausaufgaben sind Hausfriedensbruch“, zitiert SPD-Landtagsabgeordneter Rainer Bovermann eine Kollegin. Generell hält er Hausaufgaben für verzichtbar – allein die Voraussetzungen müssen stimmen: „Inhalte und Methoden müssen eingeübt werden. Aber es ist sinnvoll, die Übungen in der Schule zu machen“. In Vorbereitung auf den Beruf oder ein Studium sollte man „am besten frühstmöglich lernen, wie man sich selbst diszipliniert, ob in der Schule oder zu Hause“, ist die CDU-Landtagsabgeordnete Regina van Dinther überzeugt.
Empfohlene Zeit für Hausaufgaben wird häufig überschritten
Problematisch ist aber die Einschätzung, wie viel Zeit für Erledigung von Aufgaben benötigt wird. Das Kultusministerium macht hier genaue Vorgaben. So sollten Schüler der Klassen 7 bis 10 nicht länger als zwei Stunden pro Tag Hausaufgaben machen müssen. Diese Zeit wird oft überschritten.
Helmut Auffermann, der 23 Jahre lang das Gymnasium in Holthausen leitete, kennt das Problem: „Die Schätzungen der Kollegen stimmen oft nicht mit den Tatsachen überein, oder man achtet nicht darauf, was der Kollege für Aufgaben gibt.“ Grundsätzlich hält er aber nicht die Hausaufgaben für den Knackpunkt. „Viele Gymnasiasten haben nicht mehr die Qualifikation, die nach früheren Vorstellungen nötig war.“ Deshalb müssten sie Nachhilfe in Anspruch nehmen.
„Schüler und Eltern sind aber oft nicht bereit zuzugeben, in welchem Maße sie nacharbeiten, um die Anforderungen zu erfüllen“, weiß der ehemalige Rektor, der selbst viel Nachhilfe gab. Den Lehrern sei so gar nicht bekannt, wie sehr Schüler beansprucht sind. Hier wünscht er sich mehr Offenheit und mehr Nachforschung von Seiten der Schulen.
Burn-out in der Schule ist nicht abwegig
Aus eigener Erfahrung kann Dr. Monika Zaghow aus der Schulpflegschaft des Holthauser Gymnasiums die Mehrbelastung durch G8 einschätzen. Einer ihrer Söhne mache das Abitur nach altem Muster. Der jüngere muss in der zwölften Klasse ran und sei stärker belastet. In Wochen mit acht oder neun Stunden pro Tag oder zwei Klausuren sollte die Menge an Hausaufgaben deshalb deutlich reduziert werden, wünscht sich die Mutter.
Harald Barduhn vom Haus der Jugend befürchtet sonst sogar schlimme Folgen: „Ich halte Burn-out in der Schule nicht für abwegig.“ „Aber nichts führt daran vorbei, dass man lernen muss“, fasst Regina van Dinther zusammen. Entscheidend sei die Ausgeglichenheit, denn: „Kinder sollten nicht in Watte gepackt werden, aber auch nicht in der Schule kaputt gehen.“