Hattingen.

Zwei Jugendliche standen wegen massiven Internet-Mobbings vor dem Hattinger Jugendschöffengericht. Die Jungen beleidigten ihr Opfer als „Nutte“ und bedrohten die 14-Jährige so massiv, dass das Gericht einen Freiheitsentzug verhängte.

„Wir waren alle entsetzt“, sagt Richterin Dr. Barbara Mon­stadt, Vorsitzende des Hattinger Jugendschöffengerichts über einen Fall von zwei Ju­gend­lichen, die massives Internet-Mobbing gegen eine 14-Jährige betrieben haben. Sie müssen jetzt für zwei Wochenenden in die Jugendarrest-Anstalt nach Bottrop, müssen zudem 100 Arbeitsstunden leisten und an einem sozialen Trainingskurs teilnehmen.

Die beiden Jungen – 15 und 16 Jahre alt – hatten im vergangenen Sommer zunächst per SMS, später dann im Internet verschiedene Hattinger Schülerinnen und Schüler beleidigt und bedroht. „Das Mädchen, auf das sie sich dann konzentrierten, kannten sie gar nicht persönlich“, sagt Monstadt. Die 14-Jährige schaltete als erste Reaktion ihr Handy aus, um den rund um die Uhr eingehenden Anrufen auszuweichen. Dann löschte sie ihren Eintrag beim Netzwerk Schüler-VZ, um den Belästigungen im Internet aus dem Weg zu gehen. Schließlich traute sie sich kaum noch vor die Tür, weil Jungen aus der Gruppe um die Täter auftauchten.

Angstzustände und Isolation

Doch damit nicht genug. „Das Mädchen war völlig isoliert, weil auch gute Freunde und Bekannte auf Abstand gingen“, erzählt Monstadt. Grund: Die beiden Jungen legten unter dem Namen des Mädchens ein neues (gefälschtes) Profil bei Schüler-VZ an (mit Fotos, Handynummer und Adresse) und beleidigten und bedrohten im Namen des Opfers deren Freunde und Bekannte. Gipfel der Angriffe war ein Video, das die Täter beim Online-Portal You Tube einstellten. „Dabei wurde die Original-Stimme des Opfers in das Lied eines deutschen Rappers eingearbeitet, so dass sie als Nutte im Songtext er­schien“, so die Richterin.

Weil die Absender von E-Mails ständig wechselten und sich die Täter gegenseitig beschuldigten, ergaben sich aufwändige Ermittlungen für Staatsanwaltschaft und Polizei. Sie führten aber zur Anklage wegen Beleidigung, Bedrohung und Nachstellens („Stalking“). Die Jugendlichen hatten das Mädchen so weit gebracht, dass es Angstzustände hatte, und sich in der Schule – die meisten Mitschüler hatten das Video gesehen – isoliert und unwohl fühlte.

Ein ungewöhnlich hartes Urteil

„In der Verhandlung stellte sich heraus, dass die Täter aus schwierigen Familienverhältnissen kommen“, berichtet Barbara Monstadt. „Sie gehören zu den eher weniger beachteten und beliebten Jugendlichen. Sie verstecken sich, üben im Verborgenen Macht aus und manipulieren.“ Vor dem Jugendschöffengericht wurde u.a. zum Vergleich der Ärzte-Song „Schrei nach Liebe“ herangezogen.

„Alle Beteiligten waren sich einig, dass hier freiheitsentziehende Maßnahmen angebracht waren“, so Monstadt. Ein ungewöhnliches Urteil, denn die Jugendlichen waren nicht vorbelastet. Monstadt: „Für diese Maßnahmen muss man schon einiges machen, aber das war aus unserer Sicht in diesem Fall gegeben.“

Die Täter müssen zudem das Video löschen und „in vergleichbarer Weise eine Entschuldigung platzieren, damit der Aufruf des Namens des Mädchens nicht nur mit dem negativen Eintrag erscheint, sondern auch mit der Wiedergutmachung“ – denn das Internet vergisst nie.