Ein Investor, der einen Vorvertrag unterschrieben hat, Concepta und Kaufland interessieren sich für das Geschäftsgebäude.

Was passiert mit dem Hertie-Haus an der Großen Weilstraße? „Ein Kino eröffnen” würde gerne einer der Online-Leser auf unserer Internet-Plattform DerWesten.de, andere hätten gerne eine Disko oder einige Bowling-Bahnen. „Es muss zwingend Einzelhandel hinein, weil die Stadt Hattingen das braucht”, meint der Einzelhandelsverbands-Vorsitzende Peter Blome.

„Mir wäre ein Warenhaus am liebsten”, sagt Bürgermeisterin Dr. Dagmar Goch. Egal, wer Eigentümer des Hertie-Hauses werde: Es müsse ihm gelingen, Nischen zu besetzen. „Ich glaube, dass auch Hertie in Hattingen eine gute Chance hätte, zu überleben und sogar Gewinne zu machen.”

Goch bestätigt Gespräche der Stadtverwaltung mit dem Kaufland-Management. „Dass sie Interesse an Hattingen haben, ist ja schon lange bekannt.” Goch betont, dass der Neckarsulmer Einzelhandelsriese nicht der einzige Interessent sei. „Kaufland ist nicht das Unternehmen, mit dem der Vorvertrag gemacht wurde.” Die Bürgermeisterin setzt auf eine große Interessentenschar. Hattingen könne dadurch nur profitieren. „Das Schlimmste wäre, wenn das Gebäude leer stehen würde.”

„Wenn Hertie schließt, gibt es für mehrere Waren keine Anlaufstelle mehr in Hattingen”, weiß Peter Blome. „Sportartikel zum Beispiel, Handtücher oder Bettwäsche. Das sind Dinge, für die die Leute aus der Stadt herausfahren müssten – und das wäre das Schlimmste.” Demzufolge könnte er sich mit Kaufland anfreunden, wenn auch mit Bauchschmerzen. Blome sagt: „Sie sind bekanntermaßen sehr preisaggressiv – das wäre für den einen oder anderen Einzelhändler ein Problem.”

Ein Investor hat bereits einen Vorvertrag unterschrieben und prüft in den kommenden Wochen das Gebäude auf Herz und Nieren, wie ein Sprecher des Immobilienhändlers Atisreal, der das Gebäude vermarktet, bestätigt. Den Namen will er nicht verraten. Projektentwickler Concepta hat weiterhin Interesse, „wenn der Preis stimmt”.

Durch das Reschop Carré hat sich das Düsseldorfer Unternehmen einen guten Namen gemacht. „Nach den hervorragenden Eröffnungswochen sind auch heute deutlich mehr Menschen als früher in der Stadt”, so Peter Blome. Wie Concepta das Gebäude bei einem möglichen Einstieg aber nutzen will, wurde bisher noch nicht gesagt.

73.000 Mitarbeiter

Der Fall des Eisernen Vorhangs war für Kaufland der Schlüssel zum Erfolg. Nach der Wiedervereinigung expandierte die Lebensmittelkette in die neuen Bundesländer. Kaufland eröffnete neue Märkte in Osteuropa. Heute bringt es das Unternehmen aus Neckarsulm auf mehr als 850 Verbrauchermärkte in Deutschland, Polen, Kroatien, Rumänien, Bulgarien, Tschechien und die Slowakei. Kaufland hat nach eigenen Angaben 73 000 Mitarbeiter.

Zum Sortiment gehören bis zu 60 000 Artikel je Filiale, darunter viele Discount-Produkte, aber auch höherpreisige Ware. In größeren Filialen setzt Kaufland zusätzlich zum klassischen Supermarkt-Angebot auf Haushaltswaren, Elektroartikel, Schreibwaren, Spielwaren und Saisonartikel. Kaufland wirbt mit langen Öffnungszeiten. Die meisten Filialen sind bis 22 Uhr geöffnet, andere sogar bis 2 Uhr nachts. Kaufland hat in seinen Filialen zahlreiche Untermieter.

Kaufland ist wie der Discounter Lidl Teil der Schwarz-Beteiligungs GmbH. Gründer und 99,9-prozentiger Eigentümer war Josef Schwarz. Nach dessen Tod im Jahr 1977 übernahm Sohn Dieter Schwarz das Unternehmen. Er eröffnete 1984 in Neckarsulm das erste SB-Warenhaus unter dem Namen Kaufland.

Die Kette geriet wegen ihrer Geschäftspolitik in Osteuropa in die Kritik. Kaufland soll in illegale Immobiliengeschäfte verstrickt gewesen sein.

Vorbild Aplerbeck

Das Vorbild für Hattingen steht in Dortmund-Aplerbeck. Dort hat Kaufland bereits fest zugesagt, das ebenfalls zweigeschossige Hertie-Haus zu übernehmen. Kaufland will das Gebäude umbauen, die Rolltreppen durch Laufbänder ersetzen. Bei Kaufland sollen später einmal 80 bis 100 Menschen beschäftigt sein. Bei Hertie waren es in Dortmund zuletzt 40.

Kaufland plant eine Investition von zwölf Millionen Euro. Die früheren Hertie-Angestellten sollen die Möglichkeit haben, übernommen zu werden. Einziger Wermutstropfen: Die Umbauarbeiten am ebenfalls maroden Gebäude sollen sich bis zum Herbst 2010 hinziehen.