Hattingen. .
Tour de Ruhr: Eine Reportage vom Abenteuer einer Kanufahrt auf dem Fluss, die dann doch Entspannung und ungewohnte Perspektiven bietet.
Wir sind eins mit der Natur. Kämpfen mit den Elementen, trotzen den Gefahren. Und lassen uns treiben – den großen langen Bogen der Ruhr entlang, der die Ruhrhalbinsel zwischen Hattingen, Steele und Kupferdreh malerisch umfasst. Wir paddeln.
Zwei Kanuboote, zwei Frauen, drei Männer. Für 22,50 Euro pro Person ist der Samstag perfekt gebucht. Der Wetterbericht hat Sonnenschein und 19 Grad Lufttemperatur vorhergesagt. Morgens am Treffpunkt nieselt es. Nicht viel. Aber für eine Kanutour könnte es etwas wärmer sein. Und trockener. Claudia beruhigt: „Hinter Nierenhof der Berg nach Hattingen, das ist die Wetterscheide, da ändert sich das Wetter.“
Kanulehrer mit Humor
Am Ruhrdeich warten die Boote auf uns. Das Wetter hat sich tatsächlich geändert, und Kanulehrer Volker macht uns im Regen auf einen Buchungsfehler aufmerksam: „Für zehn Euro mehr hätte es das Schön-Wetter-Paket gegeben, aber da wart Ihr ja zu geizig.“ Bei seiner Einweisung geizt er nicht mit Warnungen. Kanupaddeln auf der Ruhr muss eines der letzten Abenteuer sein. Zieht die Schwimmwesten an, rät er. Nicht ganz selbstlos: „Wenn Ihr kentert, könnt Ihr Euch besser um mein Material kümmern.“
Ob Kentern zwangsläufig ist? Er erspart uns die Antwort, erzählt stattdessen von tückischen Bootsgassen, die auf uns warten, und von einer Gruppe Polizisten: „Die kenterten so oft, da kam ich aus dem Lachen nicht mehr raus.“ Und weil sie „um die 50“ waren, spricht Volker gern vom „betreuten Paddeln“. Ja, wenn er meint, dass das lustig ist, nur weil er ein wenig jünger ist.
Aufbruch ins Ungewisse
9.45 Uhr, auf geht’s. 20 Kilometer liegen vor uns. Aufbruch ins Ungewisse. Claudia, Dagmar und Jörg in dem einen Boot, Franz und ich im anderen. Schon kommt am Hattinger Wehr die Bootsgasse. Das erste Kanu kommt durch, wir schlingern, steuern auf die rechte Betonmauer zu, dann auf die linke – geschafft!
Zuerst blickt man nur ins Grüne, wenn der Isenberg ins Bild rückt. Du fühlst Dich fern der Zivilisation, genießt die Ruhe und bist wirklich eins mit der Natur. Selbst mit dem Regen, der nachlässt. Radfahrer am Ufer holen Dich zurück in den Alltag. Oder die S3, die Richtung Bahnhof Hattingen über die Eisenbahnbrücke donnert. Vor Dahlhausen wird der Regen stärker. Die Gespräche werden wortkarg. Du versuchst auszurechnen, wie viele Regentropfen ins Kanu fallen, bevor es sinkt. Mein Rucksack ist nass. Meine Jeans auch.
„Jeans ist ganz schlecht. Die wird nicht trocken und zieht Dich runter, wenn Du kenterst“, weiß Jörg. Er ist unser Harter; eine Sportskanone, die in kurzer Hose paddelt und immer wieder in seinen natürlich wasserdichten Seesack greift, in dem er reichlich Wäsche gebunkert hat. Kluger Mann. Nach jedem Schauer zieht er sich Trockenes an.
„Ohne Regen kann jeder“
Wir paddeln weiter, finden ein paar Mal Schutz vor dem Regen unter Brücken. „Ohne Regen kann jeder“, ruft ein vorbei paddelnder Mann uns zu. Essen-Steele kommt näher und sieht mit seinen Hochhäusern wie eine richtige Großstadt aus. Fischreiher, Schwäne und Enten ziehen vorbei. Und immer wieder Campingplätze, Angler und Schwimmer (illegal, versteht sich). An Vereinsheimen und Biergärten können die Boote anlegen, damit die Paddler sich stärken. Zeugen der Industriekultur wie die Horster Mühle oder die Zeche Heinrich in Überruhr stehen am Rand. Wir lassen uns treiben bis zur Kampmannbrücke in Kupferdreh, wo wir die Kanus, sein „Material“, an Volker übergeben.
Schön war’s. Acht Stunden haben wir gebraucht, mit Pausen. Abends auf dem St. Josef-Pfarrfest in Kupferdreh erzählt uns Gregor vom Stadtsportbund, dass er vier Stunden braucht. Schönen Dank auch.