Hattingen. Die Ukrainerin Anastasiia Titova flüchtete vor über einem Jahr vor dem Krieg nach Hattingen. Jetzt geht sie mit ihrer Tochter zurück. Die Gründe.

Vor dem Krieg in der Ukraine ist Anastasiia Titova (42) mit ihrer Tochter Viktoria geflüchtet. Der ist noch nicht vorbei. Doch sie geht von Hattingen zurück in die Heimat. Weinend.

Mit dem Zug reiste sie aus Dnipro in der Ostukraine an, erreichte Hattingen 31. März 2022. An das Datum erinnert sie sich genau. So wie sie auch das nie vergessen wird: Am 22. August geht es mit ihrer Tochter mit dem Bus zurück.

Ukrainerin in Hattingen kehrt in den Krieg zurück: Tränen im „Café in Frieden“

Ins Café in Frieden im Pastor-Schoppmeier-Haus an der Bahnhofstraße kommt sie zum Treffen am Mittwoch mit einem großen Zitronenkuchen zum Abschiedskaffeetrinken. Ihre Tochter Viktoria (6) schneidet ihn an, lacht fröhlich. Gerade ist sie eingeschult worden, besucht die Weiltorgrundschule. Von Christine Krex hatte sie eine bunte, große Schultüte bekommen.

Ukraine-Fest

Ein Ukraine-Fest planen die Ehrenamtlichen und Teilnehmenden des „Café in Frieden“ und des Holschentors am Samstag, 9. September, ab 10 Uhr am Reschop Carré.Gebasteltes bieten die Menschen aus der Ukraine dort an, es soll Mitmachangebote geben, Kulinarisches.„Die Ukrainerinnen möchten dann auch einen Transporter für Kinder beladen und in die Ukraine schicken“, sagt Christine Krex vom „Café in Frieden“ – zu dem übrigens alle Bürgerinnen und Bürger Hattingens eingeladen sind. „Frieden heißt ja für alle“, so die Ehrenamtliche.

Doch das Heimweh ihrer Mutter ist groß. Größer als die Angst vor dem Krieg. Und: Sie vermisst ihren Mann und ihren 22-jährigen Sohn. „Beide waren im Krieg“, sagt Christine Krex. Jetzt würde ihr Mann arbeiten, ihr Sohn arbeiten und studieren, sagt Anastasiia Titova. Sie möchte nicht, dass ihr Kind ohne ihren Papa groß wird. In Dnipro wird Viktoria weiter zur Schule gehen können, sagt Anastasiia Titova.

Das Haus der Familie steht noch

Ihr Glück: Das Haus der Familie steht noch. Sie weiß also, wohin es geht. Dennoch fällt ihr der Abschied aus Hattingen nicht leicht. Christine Krex, die das Café leitet, schenkt ihr ein Buch mit Bildern von Hattingen. Mit Tränen in den Augen zeigt sie es im Café herum. Die anderen Ukrainerinnen im Café haben einen liebevoll gestalteten Abschiedsbrief unterzeichnet.

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Denn Anastasiia gehört zu den Café-Besuchenden der ersten Stunde. „Am 22. November haben wir angefangen, da war sie gleich da“, sagt Christine Krex. Sie sei zu den Treffen sonntags im Holschentor und auch an der Bahnhofstraße gekommen.

Kommunikation im Café in Frieden funktionierte gut

Die Kommunikation zwischen Flüchtlingen und Ehrenamtlichen funktionierte. „Wir haben in unseren Sprachen das, was wir sagen wollten, ins Handy geschrieben und dann übersetzen lassen“, erklärt Christine Krex.

Bei den Treffen tauschte sich Anastasiia Titova aus mit anderen Geflüchteten, kam in Kontakt den Helfenden des Cafés, die ihr viele Tipps geben konnten, ihr bei der Eingewöhnung halfen.

Auch Ehrenamtliche werden Anastasiia Titova und ihre Tochter vermissen

Mehr kann die 42-Jährige nicht über ihre Zeit in Hattingen erzählen. „Ich muss weinen“, sagt sie und kann nicht weiter sprechen.

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„Ich bin traurig, dass sie zurückgeht, aber ich kann sie verstehen. Sie ist die Erste, die ich kenne, die zurückgeht“, sagt Christine Krex.

Rückkehr ist für Natalia Dievina derzeit undenkbar

Für Natalia Dievina ist eine Rückkehr in die Ukraine – in den Krieg – erst mal gar nicht zu denken. Ihr Sohn Yan ist ein Jahr alt, gerade gewöhnt sie ihn bei der Tagesmutter ein, ihre Tochter hat Fuß gefasst, hilft Kindern bei der Integration in der Schule und jobbt bei Rewe. Ihr großer Sohn ist gerade von der Realschule aufs Gymnasium gewechselt. „Ich bin stolz auf sie. Und ich möchte nicht, dass sie Angst groß werden. Das ist nicht gut.“ Denn Angst, die müssten sie in der Heimatstadt Kiew haben. „Dort fallen Bomben, Raketen. Ich denke jedes Mal, wenn ich mit Yan auf den Spielplatz gehen, dass ich in Kiew jetzt Angst haben müsste, dass da vielleicht eine Miene liegt“, so Natalia Dievina.

Das Café in Frieden ist für alle Bürgerinnen und Bürger jeden Mittwoch von 14.30 bis 17 Uhr im Pastor-Schoppmeier-Haus an der Bahnhofstraße 21 geöffnet – und jeden Sonntag von 15 bis 17 Uhr im Bürgerzentrum Holschentor an der Talstraße 8.

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