Hattingen. Elternwille stoppt Inklusion: In Hattingen könnte bald wieder eine Förderschule aufmachen. Beim Patientenwillen ist der Druck nicht so stark.
Der Ennepe-Ruhr-Kreis will eine dritte Förderschule bauen und prüft gerade mögliche Standorte. Hattingen hat die Hand gehoben und gute Karten. Denn gerade im Nordkreis fehlen Plätze.
Förderschule – da war doch was. Richtig: 2017 hat die Stadt Hattingen die St.-Georg-Förderschule geschlossen. Landesweit war die rot-grüne Regierung mit der schulpolitischen Werbetrommel unterwegs und verkündete die Inklusion als einzig zeitgemäße Schulform für den Unterricht für Kinder mit Behinderungen.
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Viele Eltern folgten dem Ruf und meldeten ihre Kinder an Regelschulen an, damit sie am Standard-Schulleben teilnehmen können. Der Einsatz von Inklusionshelfern, die Lehrer und Kinder im Schulalltag unterstützen, machte den Wechsel noch reizvoller.
Mindestschülerzahl von 144 wurde schnell unterschritten
Folge: Die Anmeldezahlen an Förderschule gingen rasant in den Keller. An der St.-Georg-Schule wurde die Mindestschülerzahl von 144 schnell unterschritten. Zuletzt lag sie bei 45 – und die Einrichtung an der Talstraße wurde ein Jahr früher geschlossen als geplant.
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Dass vor sechs Jahren einige Eltern Tränen in den Augen hatten, ging in der Euphorie über die Inklusion unter. Doch die Aufbruchstimmung ist vorüber. Der Wind hat sich gedreht.
Über einige Fachbereiche wird noch gestritten
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Weil sich viele Eltern dann doch lieber Förderschulen wünschen, die ein Lernen in überschaubaren Systemen – am besten noch mit Blick auf die speziellen Handicaps – ermöglichen, hat der EN-Kreis bereits 2018 eine Arbeitsgruppe gegründet, der die Förderschullandschaft im Bereich der Lern- und Entwicklungsstörungen weiterentwickeln soll. Die Inklusion als einziger Weg ist gescheitert.
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Die Debatte über Förderschulen ist nur ein weiterer Beleg dafür, was Elternwille bewirken kann. Beim Patientenwillen ist man da nicht so sicher. Dass sich die Hattingerinnen und Hattinger am liebsten in der eigenen Stadt behandeln lassen, ist bei Medizinforen immer wieder zu hören. Vier Krankenhäuser in einer Kommune dieser Größe bieten dafür gute Chancen. Und es sieht so aus, als sollten sie auch die aktuellen Reformpläne am Ende des Tages überleben.
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Über einige Fachbereiche wird noch gestritten. Doch Gefahr droht weniger von diesen Detailplänen, sondern durch die strukturelle Unterfinanzierung des gesamten Gesundheitssystems. Wird das nicht geändert, kommt der Patientenwille schnell unter die Räder.