Hattingen. Die Pläne der Bundesregierung zur Zukunft der Heizungen sorgen für Entsetzen. Das sagen Installateure, Wohnungswirtschaft und Stadt Hattingen.
„Absolutes Chaos“ herrscht in der Immobilienbranche, bei Hausbesitzern und Installateuren. Seit der Einbau von herkömmlichen Öl- und Gasheizungen an 2023 auf dem Prüfstand steht, rennen Eigenheimbesitzer den Installateuren die Türen ein. Alle wollen noch auf den letzten Drücker eine neue Gasheizung einbauen lassen, damit sie dann erst einmal Ruhe haben, erklären die Handwerksbetriebe übereinstimmend. Eben auch finanziell. Man frage sich, „ob die Politiker in Berlin alle Bodenhaftung verloren haben“, ist die einhellige Meinung.
Das sagt der Installateur
„Was da ausgebrütet wird, ist unausgegoren, hat mit Nachhaltigkeit nichts zu tun und beweist, dass da Leute sitzen, die schlicht keine Ahnung haben. Das ist unbegreiflich“, ereifert sich Karsten Wasserloos, Chef des Installateurbetriebs Hoffmeister und Wasserloos in Winz-Baak. Eine Gasheizung koste einige tausend Euro, aber bei einer Wärmepumpe sei man mit 20.000 bis 30.000 Euro dabei. „Wir werden überschüttet mit Fragen und Anträgen. Wie sollen denn Rentner, die ein kleines Häuschen und ein bisschen Geld fürs Alter zurückgelegt haben, diese Summen stemmen“, fragt Wasserloos.
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Zudem sei in 70 Prozent der alten Häuser eine Wärmepumpe gar nicht einsetzbar, weil das energetische Umfeld nicht passt. „Da muss mit teurem Strom nachgeheizt werden. Hinzu kommt, dass in der Masse Wärmepumpen gar nicht greifbar sind, Lieferengpässe gibt es nach wie vor.“ Eine funktionierende Gasheizung auszutauschen, die der Schornsteinfeger jedes Jahr abnimmt, habe mit Nachhaltigkeit nichts zu tun.
Das sagt Haus und Grund
Grundsätzlich sei man sich ja längst einig, dass man in Richtung Energie umdenken und handeln müsse, stellt der 1. Vorsitzende, Peter Oberdellmann, klar.. „Die Anforderungen aber mit der Brechstange umzusetzen, geht einfach nicht. Wir haben in Deutschland nicht alles Niedrig-Energie-Häuser. Wir haben Häuser, die vor 150 Jahren oder nach dem Zweiten Weltkrieg gebaut wurden. Mal eben Gasheizung raus und Wärmepumpe rein – das funktioniert nicht, weil dann die ganze Haustechnik neu gedacht werden muss.“ Und Vermieter müssten die Kosten umlegen. Wer sollte denn die Mieten dann noch bezahlen können?
Das sagt die Wohnungswirtschaft
Hinzu kommt noch die Pflicht zum hydraulischen Abgleich. Damit ist gemeint, dass Heizungen in Mehrfamilienhäusern von unten nach oben eine gleichmäßige Heizleistung bringen sollen. Auch diese Maßnahme ist umstritten. Alexander Rychter, Direktor des Verbandes der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft Rheinland Westfalen, hält die Pflicht zum hydraulischen Abgleich für die Unternehmen für sehr schwer umsetzbar. Auch er bezweifelt, dass es innerhalb der gesetzten Fristen ausreichend Handwerkerkapazitäten gibt. In einer Situation, in der es schwierig sei, überhaupt bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen, drücke das nur noch mehr auf die Kosten.
Das sagt die HWG
„Das Thema ist megakomplex“, meint der Vorstandsvorsitzende David Wilde. „Für uns ist es sehr ambivalent. Wir finden es völlig richtig, dass bei energetischer Sanierung Druck gemacht wird. Aber man muss auch bezahlbare Mieten im Blick haben. Wir wollen und werden unseren Mieter bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung stellen. Wir beschäftigen uns ja mit dem Thema schon seit Jahren.“ In den vergangenen zwölf Jahren hat die HWG 100 Millionen Euro in die Südstadt investiert. Vor allem in den Bestand alter Häuser und Wohnungen investiert die Wohnungsbaugesellschaft.
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Bei allen Neubauten seien energetische Maßnahmen vorgenommen worden. „Bei Mehrfamilienhäusern, in denen man die Gasheizung für rund 8000 Euro ausbaut und eine Wärmepumpe mit Photovoltaikanlage und größeren Heizkörpern einbaut, ist man schnell bei einem sechsstelligen Betrag.“ Natürlich gebe es auch attraktive Förderungen des Bundes. Aber es sei ein immenser Finanzaufwand. Die Sanierung macht die HWG nicht für jedes Haus einzeln. „Insgesamt haben wir 4100 Wohnungen in ungefähr 700 Gebäuden. Rauendahl ist mit 1100 Wohnungen unser zweitgrößtes Quartier.“ Da versucht die HWG, zusammenhängender zu sanieren und nicht nur einzelne Häuser, damit es wirtschaftlicher wird.
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„Zum Thema Kosten muss man sagen, dass es bisher einfach nicht passt. Bei den geforderten energetischen Maßnahmen müssen entweder die Mieter von der Bundesregierung unterstützt werden oder die Förderung muss erhöht werden, um bezahlbaren Wohnraum anbieten zu können“, stellt der Chef der HWG klar. Es bilde sozialen Sprengstoff, wenn man so kurzfristig intensive energetische Maßnahmen ergreifen müsse, gleichzeitig aber die Bau-, Material- und Handwerkerpreise steigen und die Zinsen für Darlehen erhöht werden, betont Wilde.
Das sagt die Stadt Hattingen
Der Fachbereich Gebäudewirtschaft der Stadt Hattingen erklärt: „Eine entsprechende Rechtsgrundlage oder Verordnung mit konkreten Ausführungsbestimmungen, die uns zum Handeln verpflichtet, liegt noch nicht vor. Daher haben wir auch noch keine Planungen oder gar Kostenberechnungen in der Schublade, zumal es immer auch Bestandsschutz und Übergangsfristen gibt. Wir verfolgen die Diskussion aber natürlich aufmerksam.“
Das sagt die LEG
Die Wohnungsgesellschaft LEG hält sich komplett zurück mit Stellungnahmen. Man werde sich zu der aktuellen Situation nicht äußern, weil man sich der Meinung des Dachverbandes der Wohnungswirtschaft anschließen werde, so die Antwort.