Hattingen. Die teuerste Folge der Hochwasser-Katastrophe vom Juli 2021 wird die Stadt Hattingen Jahre beschäftigen. Das wird für 31 Millionen Euro gebaut.

Es ist die bisher teuerste Kanalbau-Maßnahme der Stadt Hattingen: Als Folge des Jahrhundert-Hochwassers vom Juli 2021 muss die „Gewässerverrohrung Werksstraße“ des Sprockhöveler Bachs, der an dieser Stelle wasserrechtlich offiziell Paasbach heißt, komplett erneuert werden. Geschätzte Kosten: 31,6 Millionen Euro.

„So ein gigantisches Projekt hatten wir bisher noch nicht“, sagt Melanie Jagusch-Klich. Die stellvertretende Leiterin des Fachbereichs Stadtbetriebe und Tiefbau sieht den Gesamtschaden der Flut an kommunalen Einrichtungen in Hattingen bei 43,8 Millionen Euro – und macht damit den Stellenwert des neues Rohres unter der Werksstraße deutlich.

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Das Rohr ist 565 Meter lang und hat in den kreisförmigen Abschnitten einen Innendurchmesser von 3,60 Metern. Es gibt auch Strecken mit Rechteckprofilen, die fast fünf Meter breit und 2,60 Meter hoch sind. Große Teile des Abwassersystems sind mehr als 100 Jahre alt. Bei Umbaumaßnahmen sind im Laufe der Zeit verschiedene Baustoffe verwendet worden, was eine Gesamtsanierung zusätzlich erschwert.

Beschädigt durch mitgespülte Äste und andere Gegenstände

Beim Hochwasser wurde die Verrohrung nicht nur durch die gewaltigen Wassermassen beschädigt, sondern auch durch mitgespülte Äste und andere Gegenstände. „Aktuell wissen wir nur, dass es große Schäden gibt“, sagt Jagusch-Klich. „Ob wir Teile des Systems sanieren können oder die gesamte Stecke neu gebaut werden muss, ist derzeit noch völlig offen.“

Drohne im Einsatz: Der Auslaufbereich des Rohrsystems ist um 1990 entstanden und in gutem baulichen Zustand auf. Das sieht an den Stellen, die 100 Jahre alt sind, ganz anders aus.
Drohne im Einsatz: Der Auslaufbereich des Rohrsystems ist um 1990 entstanden und in gutem baulichen Zustand auf. Das sieht an den Stellen, die 100 Jahre alt sind, ganz anders aus. © THGA | Tobias Rudolph

Aufklärung erhoffen sich die Stadtbetriebe von der Zusammenarbeit mit der technischen Hochschule Georg Agricola in Bochum. Mit der wurde eine Forschungskooperation zur Überprüfung der Anlage vereinbart. Erste Erkundungen haben bereits stattgefunden. Die Forscher schicken eine Drohne in die Verrohrung, die zunächst einmal alle Schäden erfassen soll.

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Für Menschen ist es schwierig, in das System hinzukommen. „Es gibt einen Zulauf und einen Ablauf und dann nur noch zwei Schächte. Das war’s“, macht Melanie Jagusch-Klich das Problem deutlich.

15 Brücken im Stadtgebiet werden angepasst

Zum Wiederaufbau-Programm der Stadt Hattingen nach der Flut-Katastrophe gehört auch der hochwasserangepasste Neubau von 15 Brücken, die über das gesamte Stadtgebiet verteilt sind. Sie führen über Paasbach, Sprockhöveler Bach, Felderbach, Donnerbecke und Heierbergsbach.

Die geschätzten Kosten für die Maßnahmen liegen zwischen 180.000 Euro für die Brücke Wodantal und 2,1 Millionen Euro für die Brücke Lüggersegge.

Die ist 12,5 Meter lang, zwei bis vier Meter breit und 1,0 bis 1,9 Meter hoch. Die Stadt will sie nun „in einer günstigeren Lage“ neu bauen. Aktuelle Pläne sehen eine lichte Weite von acht Metern und eine Höhe von 3,3 Metern vor. Die Straße werde dann angepasst, heißt es.

Völlig unklar ist zurzeit auch, welche Abschnitte des Abwassersystems unterirdisch erneuert werden können und wo Bagger die Rohre von oben freilegen müssen. Denn das könnte für zusätzliche Probleme sorgen. Schließlich verläuft der verrohrte Sprockhöveler Bach im Gewerbe- und Landschaftspark Henrichshütte unter den Hüttenstraße im Bereich der Brücke hindurch und weiter unter der Werksstraße und Teilen des Geländes des Industriemuseums.

Im aktuell angesetzten Förderzeitraum kaum zu realisieren

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„Für uns ist das alles Neuland. In diesen Dimensionen haben wir bisher noch nicht gearbeitet“, fasst Jagusch-Klich die „Sanierung Gewässerverrohrung Werksstraße“ zusammen. Finanzierung inbegriffen. Zwar fördert das Land Nord-Rhein-Westfalen den Wiederaufbau der öffentlichen Infrastrukturanlagen der Städte und Gemeinden. „Wegen der Größe dieses Projektes werde ein Baustart im aktuell angesetzten Förderzeitraum aber kaum zu realisieren sein, sagen die Stadtbetriebe. Die Stadt versucht nun, die Maßnahme zumindest anteilig in den Wiederaufbauplan des Landes zu bekommen. Die Anträge dazu müssen bis zum 30. Juni 2023 gestellt werden.

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Die teuerste Folge der Flut-Katastrophe vom Juli 2021 wird die Stadt Hattingen also noch Jahre beschäftigen. Viele Fragezeichen inbegriffen.