Hattingen/Sprockhövel. Knapp zwei Jahre gab’s das Corona-Impfzentrum für Hattingen, Sprockhövel und den EN-Kreis. Eine Bilanz von Krisenstabsleiterin Astrid Hinterthür.

Es ist ein Moment, der in die Geschichte eingeht: Am 8. Februar 2021 wurde der erste Mensch im Ennepe-Ruhr-Kreis im Impfzentrum geimpft. Doch jetzt, nicht ganz zwei Jahre später, ist Schluss. Die Leiterin des Gesundheitsamtes (und Krisenstabsleiterin) Astrid Hinterthür blickt auf außergewöhnliche Zeiten zurück.

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Wie wichtig war das Impfzentrum im Kampf gegen die Pandemie?

Sehr wichtig. Damit konnte das Impfgeschehen erheblich angekurbelt und eine hohe Durchschlagskraft erzielt werden, natürlich immer unter den gegebenen Rahmenbedingungen und den Verfügbarkeiten der Impfstoffe. Das war ja vor allem in der ersten Öffnungsphase ein Thema. Wir haben aber viele Menschen erreicht. Und sie haben sich im Impfzentrum wohlgefühlt, ich habe mich dort auch viermal impfen lassen. Wir hatten ein super Team, viele freundliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Leute sind gerne ins Impfzentrum gekommen. In der ersten Öffnungsphase wurden insgesamt 215.000 Impfungen gesetzt.

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Ist es die richtige Entscheidung, mitten im Winter das Impfzentrum zu schließen?

Wir waren zuletzt nur noch Ausfallbürge und haben das niedergelassene System ergänzt. In der letzten Zeit hatten wir zweimal in der Woche geöffnet. Wir haben in den Randzeiten der Arztpraxen gearbeitet und eine Ergänzung zu den Impfungen bei den Hausärzten geschaffen. Es ist richtig, die Aufgabe jetzt komplett in die Hände der Hausärzte zu geben.

Lange Schlangen bildeten sich beispielsweise im vergangenen Winter vor der Tür des EN-Impfzentrums.
Lange Schlangen bildeten sich beispielsweise im vergangenen Winter vor der Tür des EN-Impfzentrums. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Ist das Interesse an einer Corona-Schutz-Impfung in der Bevölkerung gesunken?

Ich denke nicht. In NRW sind mehr als 90 Prozent der Über-18-Jährigen mindestens zweimal geimpft. Etwa 77 Prozent haben ihre dritte Impfung. Und die vierte Impfung ist ja noch gar nicht für alle bestimmt. Erst im September hat die Stiko die Empfehlung ausgegeben, dass alle ab 70 geimpft werden soll. Aktuell sind die Über-60-Jährigen angesprochen und Menschen, die im medizinischen Bereich arbeiten. Also können sich noch nicht alle zum vierten Mal impfen lassen. Außerdem: Wer dreimal geimpft ist und dazu noch einmal Corona hatte, ist gut geschützt. Derjenige muss nicht handeln, außer sein Immunsystem ist durch Vorerkrankungen sehr geschwächt.

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Hat sich das Impfverhalten der Menschen verändert?

Wir haben bei den Schuleingangsuntersuchungen festgestellt, dass die Zahl der notwendigen Impfungen bei den Kindern zurückgegangen ist. Nicht, weil die Eltern diese verweigert hätten, sondern einfach nicht mehr daran gedacht hatten, weil zu viele andere Themen aktuell sind. Aber die Impfungen kommen wieder in Schwung. Auch sind die Grippeschutzimpfungen in diesem Winter sehr nachgefragt.

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Können Sie bei Bedarf das Impfzentrum erneut öffnen?

Nein. Dieses Mal ist die Schließung endgültig. Wir bauen hier ab Freitagnachmittag alles ab, dann ist das Impfzentrum nicht mehr reaktivierbar. Wir müssen bis zum 31. Dezember fertig sein, weil das Land die Kosten für den Rückbau nur bis zu diesem Datum erstattet.

Der Mietvertrag für die Immobilie läuft aber noch bis März 2023.

Das Land hat sich ja sehr spät entscheiden, wie es mit den Impfzentren weiter geht. Wir wollten vorbereitet sein wie beim letzten Mal und haben einen Vertrag mit dem Eigentümer bis März geschlossen. Anfänglich war auch die Rede davon, dass die Impfzentren bis zum 31. März 2023 geöffnet bleiben. Hierauf waren wir eingestellt.

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Was passiert als nächstes?

Wenn alles abgebaut ist, werden die Räumlichkeiten noch bis März als Lager genutzt, auch vom Katastrophenschutz. Auch die Koordinierende Impfeinheit wird noch bis März bestehen bleiben, mit weniger Leuten. Bisher hatte das Land Mittel für 15 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gestellt, ab dem 31. Dezember nur noch für drei. Die werden noch die Nachimpfungen in den Heimen und Behinderteneinrichtungen im Blick haben.

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Von Carmen Thomaschewski und Michael Brandhoff

Glauben Sie, dass es noch einmal ein Impfzentrum geben wird?

Vielleicht kommt irgendwann die Corona-Impfung zusammen mit der Grippeschutzimpfung in einer Impfung. Das wird vieles einfacher machen. Es wird also nur noch Impfzentren geben, wenn es eine andere Pandemie geben würde, die uns vor diese Herausforderungen stellen würde. Und das hoffe ich wirklich nicht. Aber das Land könnte auf funktionierende Strukturen zurückgreifen, das ist gut zu wissen.

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Die Einrichtung der Impfzentren ist ein historisches Ereignis, etwas, das es so nicht gab. Wie bewerten Sie die Zeit rückblickend?

Es gab in den Öffnungszeiten sehr unterschiedliche Situationen. Am Anfang war alles schleppend und wir haben mit den Über-80-Jährigen angefangen. Bei der zweiten Öffnung ging es eher um Drittimpfungen und die Kinderimpfungen. Wir haben das alles richtig gut hingekriegt, auch wenn es nicht immer leicht war. Ich bin auch ein wenig stolz darauf, was wir alle zusammen geschafft haben und dass wir viel bewirken konnten. Ich hoffe aber, dass wir das nie wieder brauchen.