Hattingen. Unter den explodierenden Energiepreisen leiden auch viele Betriebe. Eine Bäckerei und eine Textilreinigung in Hattingen gewähren Einblicke.
Die extrem gestiegenen Energiepreise bereiten Unternehmen auch in Hattingen große Sorgen – gerade denen, deren Angebote sehr energie-intensiv sind. Ioannis Tamis, Geschäftsführer der Textilreinigung Ruhr auf der Großen Weilstraße, und Alexander Sturm, Inhaber der Bäckerei Nieland, gewähren Einblicke.
Die Textilreinigung
„Aufgrund des aktuellen massiven Preisanstiegs bei den Energiekosten, Wasch- und Hilfsmitteln und dem zum 1. Juli auf 10,45 Euro gestiegenen Mindestlohn sind wir leider gezwungen, diese Kostensteigerung zumindest zum Teil weiterzugeben“: So informiert Ioannis Tamis seine Kundschaft an der Ladeneingangstür der Textilreinigung Ruhr über den Hintergrund der jüngsten Preiserhöhungen. 2,30 Euro etwa zahlen sie nun fürs Reinigen und Bügeln eines Hemdes, zuvor waren es zwei Euro.
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Die gestiegenen Kosten für den Unternehmer fängt das bei Weitem nicht auf. Aber diese 1:1 an die Kunden weiterzugeben, „das funktioniert nicht“. Besorgt blickt der 46-Jährige daher in die Zukunft. Zumal die Corona-Zeit dank treuer Kunden gerade erst „mit einem blauen Auge und dramatischen Umsatzeinbrüchen“ überstanden ist.
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Allein die monatlichen Abschläge für Strom für den Standort Hattingen beziffert Tamis, der weitere Filialen in Witten, Herne, Bochum, Castrop-Rauxel besitzt, aktuell auf etwa 700 Euro. Das sind 400 Euro mehr als vor der Energiekrise. „Tendenz weiter steigend.“ In der Zentrale in Bochum werde auch Heizöl eingesetzt. Für dieses sei der Preis „um fast das Doppelte gestiegen“, macht monatliche Mehrkosten beim Öl von 600 bis 800 Euro.
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Dass er erst vor rund einem Jahr für die Hattinger Filiale eine neue chemische Reinigungsmaschine angeschafft hat, sei zumindest ein kleines Glück. „Schließlich hat die alte erheblich mehr Strom verbraucht.“
Preissteigerungen hinnehmen, sagt Ioannis Tamis, müsse er aber nicht nur bei der Energie. Für Sicherheitsnadeln etwa oder auch für Reinigungsverstärker zahle er nun 40 Prozent mehr. Und auch von der Benzin-Verteuerung sei das Unternehmen betroffen – weil es Arztpraxen, Feuerwehren, sonstige Gewerbekunden mit frischer Wäsche beliefert. Und dann steige ab Oktober auch noch erneut der Mindestlohn auf zwölf Euro – sehr ungelegen nennt er den Zeitpunkt „bei den massiv gestiegenen Kosten“.
Aufgeben aber will Ioannis Tamis nicht. Und die Preise für seine Kunden „erschwinglich“ halten. Denn er hofft, „dass sich die Energiekosten im nächsten Jahr wieder auf ein erträgliches Niveau beruhigen werden“. Dennoch schiebt er nach: „In diesen existenzbedrohenden Zeiten würden staatliche Hilfen in jedem Fall die Existenz sichern.“
Die Bäckerei
Seit 26 Jahren ist Alexander Sturm (43) nun schon im Bäckereiwesen tätig, doch eine Zeit wie diese hat er noch nicht erlebt. Anfang des Jahres hat er die Bäckerei Nieland von seinem früheren Chef übernommen – „frohen Mutes und mit viel Modernisierungswillen“. Doch nun kämpft er vor allem mit den Auswirkungen des Ukraine-Krieges auf die Weltwirtschaft. Mit einem um 100 Prozent gestiegenen Mehlpreis, mit teils „utopischen Preisen für Zucker, Rosinen etc.“, mit Spritpreisen jenseits der Zwei-Euro-Marke pro Liter Diesel.
Wie Ioannis Tamis so sagt auch Alexander Sturm, dass er nicht alle diese Preissteigerungen komplett an die Kunden weitergeben könne. „Irgendwann ist die Fahnenstange beim Endverbraucher einfach erreicht, danach kaufen sie ihre Brot-und Backwaren nicht mehr bei uns, sondern im Discounter.“
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Und so rechnet der 43-Jährige nahezu täglich neu nach, wie er seinen Betrieb über die Runden bringen kann. Mit Werbeaktionen versucht er den Umsatz zu erhöhen und Kunden die gute Qualität des Bäckerhandwerks schmackhaft zu machen, ebenso mit neuen Waren wie dem seit Anfang dieser Woche bei Nieland erhältlichen Karamellbrötchen. Den Preis für ein Weizenbrötchen etwa habe er seit Jahresbeginn trotzdem von 38 auf nun 40 Cent erhöhen müssen, und die 42 Cent würden sich früher oder später wohl auch kaum vermeiden lassen.
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Weil die Energie- und Warenpreise ja gerade noch weiter steigen und weil er für die dauerhafte Überlebensfähigkeit seines Betriebes auch etwa zehn Prozent des Verkaufserlöses als Rücklage für die ihn ab Januar erwartenden Energiekosten zurücklegen müsse. Noch zahlt er rund 150.000 Euro pro Jahr für Gas und Strom, „im nächsten Jahr wird es das Doppelte sein“. Mindestens.
Vor Kurzem habe er bei einem Treffen der Bäcker-Innung Ruhr gehört, dass täglich deutschlandweit drei Bäckereien dichtmachen, darunter etliche aufgrund der gestiegenen Energiekosten, sagt Alexander Sturm.
Er will nicht, dass die Traditionsbäckerei Nieland dazugehört.