Hattingen. Die Schließung der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie am EvK steht auf einer langen Liste. Diese betrifft auch weitere Kliniken in Hattingen.

Die Schließung der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie am Evangelischen Krankenhaus beschäftigt die Menschen in Hattingen. Die Berichte in der WAZ haben für viel Resonanz gesorgt. Deutlich wird der große Zuspruch für die gekündigte Chefärztin Dr. Jihan Mohasseb, die mit ihrer Klinik bisher rund um die Uhr eine Partnerin der Zahnärzte und des zahnärztlichen Notdienstes war. Jetzt müssen die Patientinnen und Patienten nach Wuppertal oder Bochum-Linden fahren.

Dabei markiert das Aus für die MKG-Fachabteilung nur das vorläufige Ende einer langen Liste an Schließungen von Einrichtungen der Akutversorgung in den Krankenhäusern in Hattingen.

2000 Euro für jede der 200 Geburten draufgezahlt

Den Anfang macht vor 15 Jahren die Geburtsstation am EvK an der Bredenscheider Straße. 2005 hat die einzige Entbindungsabteilung in Hattingen schon einmal auf der Kippe gestanden. Am 31. Dezember 2007 ist dort dann der letzte Arbeitstag.

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Als Grund wird – wie fast immer – das Geld angegeben. „Für jede der 200 Geburten jährlich zahlen wir 2000 Euro drauf“, argumentiert die damalige Chefetage der Augusta Kliniken, zu denen das EvK gehört.

Dr. Jihan Mohasseb hat die Klinik für Mund-, Kiefer-Gesichtschirurgie am EvK als Chefärztin geleitet. Jetzt klagt sie gegen Augusta.
Dr. Jihan Mohasseb hat die Klinik für Mund-, Kiefer-Gesichtschirurgie am EvK als Chefärztin geleitet. Jetzt klagt sie gegen Augusta. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Zum medizinischen Schlusspunkt gesellt sich mit der Schließung der Geburtsstation noch ein statistischer: Es gibt seither kaum noch waschechte Hattinger. Bis auf Hausgeburten tragen die neuen Erdenbürger jetzt die Namen anderer Geburtsstädte im Pass.

Notfallpraxis der Hausärzte geschlossen

Zeitgleich mit der Entbindungsabteilung schließt Augusta Ende 2007 auch das Zentrallabor am EvK. Die Arbeit wird zur Konzernmutter nach Bochum verlagert. Eine Million Euro will Augusta durch den Rückzug der beiden Einrichtungen jährlich sparen – und dafür eine neue Abteilung für Demenzpatienten auf- und ausbauen.

Synergien und Spezialisierungen der Kliniken

Zur Wahrheit bei den Schließungen von Fachabteilungen in Hattinger Krankenhäusern gehören neben der Tatsache, dass die Kliniken betriebswirtschaftlich immer stärker ums Überleben kämpfen müssen, noch zwei Dinge.

Alle drei Klinikverbünde haben Synergien geschaffen, indem sie die in Hattingen geschlossenen Disziplinen weiterhin in den Mutterhäusern in Bochum und Essen vorhalten. Heißt: Patientinnen und Patienten müssen im Notfall zwar über die Stadtgrenze, allerdings nur über eine.

Und: Die drei Hattinger Kliniken haben sich spezialisiert und Angebote außerhalb der Akutversorgung weiter ausgebaut.

Im Jahr 2014 macht Augusta dann auch in der Notfallpraxis der Hausärzte am EvK das Licht aus. Wer sich künftig am Wochenende mit einer Erkältung oder anderen Erkrankung beim Arzt vorstellen will, muss in andere Städte fahren.

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Nach und nach von Einrichtungen der Akutversorgung getrennt hat sich auch die Klinik Blankenstein, die zum Katholischen Klinikum Bochum gehört. 2013 verliert das Krankenhaus Am Vogelsang die Chirurgie, ein Jahr später dann auch die Intensivstation. Patientinnen und Patienten werden nun im St.-Josef-Hospital der Konzernmutter versorgt.

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Zwar geht zunächst noch eine „Überwachungseinheit“ mit vier Betten in Betrieb. Die Abwärtsspirale bei der Akutversorgung läuft indes weiter. Mit Blick auf die fehlende Intensivstation zieht sich der Kardiologe Reinhard Jochheim, Chefarzt der Inneren Klinik, 2016 aus der Klinik Blankenstein zurück. Und die „Innere“ ist an dem Standort Geschichte.

Geriatrie und Innere Medizin nach Essen verlegt

Auch das St.-Elisabeth-Krankenhaus in Niederwenigern hat zwei Fachkliniken aufgegeben. Zum Jahreswechsel 2021/22 verlegt das Haus, das zu den Katholischen Kliniken Ruhrhalbinsel und damit zur Contila-Gruppe gehört, die Geriatrie nach Essen. Dort wird auch die Innere Medizin zusammengefasst.

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Argumentiert wird auch in diesem Fall mit der Größe der Einheit. Eine nur 20 Betten umfassende Geriatrie könne heute wirtschaftlich nicht mehr betrieben werden, sagt die Klinikleitung. Zudem sei eine enge Anbindung an die Neurologie hilfreich.

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Aktuell sind in den leergezogenen Räumen der geschlossenen Stationen am St.-Elisabeth-Krankenhaus Flüchtlinge aus der Ukraine untergebracht. Es gibt dort maximal 50 Plätze dafür.