Hattingen. Die Tafel in Hattingen gerät an die Grenzen ihrer Kapazitäten. Neue Kunden nimmt sie vorerst nicht mehr auf. Diese Gründe sind entscheidend.
Die Hattinger Tafel ist am Limit: Aktuell nimmt sie keine neuen Kunden mehr auf. Und es gibt auch keine Anzeichen, dass sich die Lage verbessert.
Durch die Ukraine-Flüchtlinge ist die Zahl der Kunden in Hattingen stark gestiegen
Es sind gleich zwei Entwicklungen, die der Tafel das Leben schwer machen. Mit rund 400 Haushalten, die sich Lebensmittel in den Räumen an der Nordstraße abholten, bewegte sich die Zahl über lange Zeit auf gleichem Niveau. Doch alles änderte sich mit dem Beginn des Ukraine-Krieges. Nachdem die Tafel die gestiegene Nachfrage anfangs gut anfangen konnte, hat sich die Situation nun gedreht. „Mittlerweile sind es rund 100 Flüchtlinge, die unsere Ausgabe zusätzlich aufsuchen“, sagt Geschäftsführer Jürgen Sotzek.
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Die Menschen, so schildert er, würden bei der Ankunft in Hattingen meist den Hinweis erhalten, dass sie Lebensmittel bei der Tafel bekommen können. Da ein großer Teil der Betroffenen finanzielle Unterstützung in Höhe der Sozialhilfe erhalte, seien die Menschen nun mal auf Angebote der Tafel angewiesen. Ohnehin „möchten wir den Ukrainern natürlich auch in ihrer schwierigen Lage Hilfe zuteilwerden lassen“, unterstreicht Vorstand Georg Fink.
Die Mengen an Lebensmittelspenden nehmen rasant ab
Umzug zum Jahreswechsel
Die Hattinger Tafel wird Ende des Jahres die Umzugskartons packen. Der Mietvertrag für die Nordstraße wird nicht verlängert. Ab 2023 bezieht sie Räume einer ehemaligen Arztpraxis an der August-Bebel-Straße 21.
Zum Team der Tafel gehören insgesamt rund 20 Helfer, darunter auch Kräfte, die Geld von der Agentur für Arbeit beziehen.
Von 30 bis 40 Geschäften aus Hattingen erhält die Tafel derzeit Waren für ihre Ausgabe. Die Öffnungszeiten sind mittwochs und freitags von 11.30 bis 12.30 Uhr
Kontakt unter: hattingen-tafel@gmx.de
Während nun die Klientel deutlich größer geworden ist, schrumpfen gleichzeitig die Mengen an überschüssigen Waren, die Geschäfte zur Verfügung stellen. Da sich der Handel schon seit Jahren dem Vorwurf der Lebensmittelverschwendung ausgesetzt sieht, hat der Discounter Lidl beispielsweise reagiert. Für Mai hatte der Konzern sogenannte Retter-Tüten angekündigt. Sie sollen vor allem mit Obst und Gemüse befüllt sein, das nur ein paar optische Mängel aufweist. Für drei Euro will Lidl die Tüten an den Verbraucher bringen.
Aber auch in anderen Läden spüre man immer stärker, dass Waren, die kurz vor dem Verfallsdatum stehen, preiswerter an die Kunden abgegeben werden, sagt Sotzek. Billigere Angebote seien verständlicherweise sehr gefragt, wenn auf breiter Front alles teurer werde.
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Das Nachsehen hat aber am Ende die Tafel. Für sie bleibe immer weniger übrig. Überdies seien die restlichen Produkte und Erzeugnisse, die man noch haben könne, dann noch in einem solchen Zustand, dass man sie nicht mehr an die Tafelkunden weitergeben könne.
Tafel-Leitung appelliert an heimische Geschäfte
Die Lage habe sich in den vergangenen Wochen und Monaten immer weiter zugespitzt, erläutern Vorstand und Geschäftsführer. „Wir in Hattingen stehen mit den Problemen aber nicht allein, auch in vielen anderen Städten mehren sich die Schwierigkeiten.“ Daher sehe man derzeit keine andere Wahl, als keine weiteren Kunden mehr zu registrieren.
Wer neu zur Tafel kommt, bekommt im Zuge des Verfahrens eine Karte mit dem jeweiligen Namen ausgehändigt. Dieses Prozedere werde nun erst einmal gestoppt, so Fink und Sotzek. Beide betonen aber auch, dass sie im Fall der Fälle nach einer Lösung suchen. Sie möchten schon vermeiden, jemanden unverrichteter Dinge wieder nach Hause schicken zu müssen.
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Damit es dazu nicht kommt, wenden sich Vorstand und Geschäftsführer eindringlich an Lebensmittelläden, Bäckereien und Fleischereien. Wenn die Geschäfte eine Chance sehen, Waren für die Tafel spenden zu können, sollen sie sich bitte melden. „Wir können jede Hilfe gebrauchen.“