Hattingen. Im Paul-Gerhardt-Haus in Hattingen bringt Lore Goes ein Kurzporträt des Komponisten Heinrich Schütz in Wort und Musik zu Gehör. Die Hintergründe.
Allmählich spüre sie ihr Alter, sagt Lore Goes, im Stehen könne sie Konzerte nicht mehr dirigieren. Und doch bleibt die inzwischen 89-jährige Hattingerin in ihrem Engagement, großen Komponisten ganz persönliche Porträts zu widmen, unermüdlich. Gerade erst hat sie im Paul-Gerhardt-Haus ein Kurzporträt des Komponisten Heinrich Schütz in Wort und Musik zu Gehör gebracht. Warum sie gerade diesen Komponisten aus dem Frühbarock für die Benefizveranstaltung zugunsten der Ukraine ausgewählt hat und was als nächstes Komponistenporträt folgt, verrät sie im WAZ-Interview.
WAZ: Frau Goes, haben Sie eine besondere Beziehung zu Heinrich Schütz? Ihm haben Sie schließlich schon 2001 ihr damals erstes Komponistenporträt gewidmet.
Lore Goes: Ja Schütz gehört zu meinen Lieblingskomponisten. Er hat fast ausschließlich geistliche Musik geschaffen, die mir so sehr am Herzen liegt. Dabei waren seine Werke nie nur für Instrumentalmusik ausgelegt. Bei ihm ist alles Wort gegeben, das entspricht meiner Art, wie ich in den Komponistenporträts den Menschen Musik(er) nahebringen möchte. Die Musik von Heinrich Schütz etwa hilft, das Wort nachklingen zu lassen, er hat die Bibel in Musik übersetzt, ist ein musikalischer Verkünder.
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Warum aber haben Sie sein Komponistenporträt für die Benefizveranstaltung zugunsten der Ukraine ausgewählt?
Das hat folgenden Hintergrund: Nach meinem 39. Komponistenporträt Ende vergangenen Jahres über Franz Schubert hat mich das Hattinger Vokal- und Instrumentalensemble, mit dem ich immer wieder sehr gern zusammenarbeite, gebeten weiterzumachen. Daraufhin habe ich vorgeschlagen, anlässlich des 350. Todestages von Heinrich Schütz in diesem Jahr die neuen Proben seiner Musik zu widmen – und dann zu sehen, ob daraus noch einmal ein gemeinsamer Auftritt des Chores und mir hervorgeht. Angesichts der aktuellen Entwicklungen in der Ukraine hatte ich dann die Idee, ein Kurzporträt von Schütz in Form einer Benefizveranstaltung zugunsten der Ukraine zu Gehör zu bringen. Zumal dessen Musik bestens zum Krieg- und Frieden-Thema passt.
Wieso das?
Nun, Schütz, der von 1585 bis 1672 gelebt hat, ist ja 1617 Hofkapellmeister in Dresden geworden, ein Jahr später brach der Dreißigjährige Krieg aus, dessen verheerende Auswirkungen gut ein Drittel der deutschen Bevölkerung das Leben kostete. Schütz hat in dieser Zeit unter schwierigsten Umständen komponiert, das rund einstündige Kurzporträt hat ausschließlich die während des Dreißigjährigen Krieges entstandenen Werke zu Gehör gebracht. Ein komplettes Komponistenporträt soll dann etwa doppelt so lange dauern und auch seine frühen und die Spätwerke mit berücksichtigen.
Dürfen wir uns also auf Ihr 40. Komponistenporträt freuen?
Ja, bislang ist jedenfalls geplant, dass am letzten Oktober-Wochenende zum zweiten Mal nach 21 Jahren Heinrich Schütz im Mittelpunkt meines dann 40. Komponistenporträts steht – mit Veranstaltungen in Hattingen und Niedersprockhövel. Wenn meine Kraft bis dahin dafür noch reicht.
Einladende und Erlös
Zu der Benefizveranstaltung für die Ukraine mit Komponistenporträt hatten die evangelische Kirchengemeinde Welper-Blankenstein und die Volkshochschule Hattingen eingeladen.
Der Erlös in Höhe von knapp 1000 Euro kommt in vollem Umfang der Aktion „Hilfe für die Ukraine“ zugute.
Davon gehen wir ganz fest aus. Und danach? Denken Sie auch schon an eine weitere Fortsetzung?
Ehrlich gesagt: eigentlich nicht. Ich habe ja schon so vielen Musikern ein Komponistenporträt gewidmet – Bach, Beethoven, Haydn, Mendelssohn, selbst Silcher, den ich während meiner Jugend aufgrund der von den Männergesangsvereinen der frühen Nachkriegszeit mit sehr viel Schmelz und Pathos vorgetragenen Werke total abgelehnt habe. Irgendwann muss aber mit den Komponistenporträts einmal Schluss sein. Zumal ich im nächsten Jahr 90 Jahre alt werde und merke, dass mir die Kraft, Konzerte zu dirigieren, schwindet. Wobei ich andererseits auch sagen muss: Musik ist und bleibt meine Leidenschaft und mein Lebenselixier.
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