Hattingen. Nach WAZ-Bericht: Frank Seidel aus Hattingen erhält Mengen an Medikamenten für die Ukraine. Was er vor Ort erlebt, warum er mehr Spenden braucht.

„Das Echo war phänomenal“: Überwältigt ist Frank Seidel aus Hattingen von der Welle der Hilfsbereitschaft für die Ukraine. Nachdem der Ex-Soldat in der WAZ Hattingen dazu aufgerufen hatte, Medikamente und Verbandsmaterial zu spenden, „hatten wir in kürzester Zeit den Wagen voll“. Die Spenden hat er inzwischen abgeliefert, berichtet von Unvorstellbarem – und will erneut Schmerzmittel und medizinisches Material hinfahren. Sein Projekt: „Ukraine 2.0“. Dafür sucht er erneut Spenden.

Dieses Mal will er – Gefahr hin oder her – die Medikamente selbst über die Grenze fahren. „Das Umladen vor Ort dauert mir zu lange“, sagt Seidel. Denn die Not sei groß. Er weiß das, weil sich ein Netzwerk gebildet hat aus ehemaligen Berufssoldaten, die helfen wollen. „Einige von ihnen sind beispielsweise bei Kiew“, sagt der Mann vom Stüterhof.

Frank Seidel vom Stüterhof in Hattingen startet zweiten Hilfstransport in die Ukraine

Dass die Medikamente ihren Bestimmungsort – eine Klinik in Lwiw – zügigst erreicht haben, weiß er indes – und zwar nicht nur vom Hörensagen über Bekannte, sondern zusätzlich auch, „weil ich in einem Bericht auf N-TV über die Hilfslieferung die Kisten mit meiner Beschriftung gesehen habe“.

Kontakt und Medikamente für Tiere

Die Spenden können abgegeben werden auf dem Stüterhof in Hattingen, Kontakt: An der Egge 85, 0171 11 33 501, E-Mail: . Wer Geld spenden möchte: Das Spendenkonto lautet R.V. Infinitus e.V., Konto DE52 4525 0035 0014 0411 31, BIC WELADED1WTN, Verwendungszweck Ukraine.

Wenn Frank Seidel am Wochenende wieder losfährt, möchte er einen kleinen Umweg fahren. „Wei wir ein Reiterhof sind, haben uns Tierärzte Medikamente gespendet. „Wir wollen wahrscheinlich eine Tierauffangstation an der ukrainischen Grenze anfahren, da informieren wir uns gerade.“

An der Grenze in Przemyśl auf einem Fabrikgelände hat Seidel mit seiner Begleiterin die Hilfsgüter übergeben. Drei komplette Tage war er mit Hin- und Rückfahrt unterwegs. Hin fuhr ein Transporter vor ihm, der einen Panzer geladen hatte.

Während Frank Seidel aus Hattingen Medikamente und medizinische Hilfsmittel für die Ukraine transportierte, lieferte dieser LKW vor ihm einen Panzer.
Während Frank Seidel aus Hattingen Medikamente und medizinische Hilfsmittel für die Ukraine transportierte, lieferte dieser LKW vor ihm einen Panzer. © Stüterhof | Frank Seidel

„Ab Mitte Polen gibt es kein Benzin mehr“

Das Erlebte beeindruckt ihn nachhaltig: „Klamotten-Spenden bringen nicht viel. Wir sind an Bergen von Kleidung vorbei gefahren, die einfach auf der Straße lagen, weil es so viel ist, weil die Helfer vor Ort gar nicht mehr nachkommen. Sie sind gut organisiert und es sind über 100, aber sie schaffen das einfach nicht.“ Bei den derzeitigen Minustemperaturen dort mit teilweise Niederschlägen würden viele Sachen einfach unbrauchbar.

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Busfahrer würden teils mehrere Tage an der Grenze stehen und darauf warten, Flüchtlinge mit in die Länder zu nehmen, aus denen sie mit Hilfsgütern gekommen seien. Einigen ginge das Benzin aus, weil sie während der Wartezeit die Heizung anstellen müssten. „Die Hilfsbereitschaft ist so groß. Wir sind ja schon 3400 Kilometer insgesamt gefahren, aber es kommen Menschen sogar aus Südspanien, fahren fast das Doppelte.“

Bewegende Hilfsbereitschaft – und bewegende Hilfsanfrage

Seidel hatte glücklicherweise Kanister mit Benzin dabei, denn „ab der Mitte Polens gibt es keinen Sprit und auch kein Hotelzimmer mehr“. Die Raststätten seien überfüllt gewesen mit Wagen aus vielen Ländern, alles Helfer, „das hatte schon fast Volksfestcharakter“.

Frank Seidel aus Hattingen traf auf dem Weg an die polnisch-ukrainische Grenze auf der Straße und an Tankstellen hilfsbereite Menschen aus aller Herren Länder.
Frank Seidel aus Hattingen traf auf dem Weg an die polnisch-ukrainische Grenze auf der Straße und an Tankstellen hilfsbereite Menschen aus aller Herren Länder. © FRANK SEIDEL/ Stüterhof

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Die Hilfsbereitschaft bewegt ihn. Da war eine ältere Dame, die auf den Stüterhof kam und für 2500 Euro Schmerzmittel in einer Apotheke gekauft hatte. Da gab es Apotheker, Gemeinschaftspraxen, Kliniken, die kistenweise medizinische Versorgungsartikel brachten. Und er lernte eine hier arbeitende Ukrainerin kennen, die Medikamente spendete und dann weinend vor ihm stand, darum bittend, ihre Mutter aus dem Land zu holen. „Aber sie ist östlich von Kiew, das geht nicht. Westlich von Kiew würde ich sie abholen, da versucht die Familie nun, sie hinzubringen“, sagt Seidel.

Weiterer Spendenaufruf

Er versucht indes, über Soldatenkontakte und den Verein Blau-Gelbes Kreuz herauszufinden, welche Kliniken was genau benötigen, um dann direkt zu liefern. „Wir möchten mehreren Kliniken helfen.“

Darum ruft Seidel erneut zum Spenden von Schmerzmitteln und medizinischen Material auf. Und hofft, dass wieder viele Menschen aus Hattingen, Bochum, Sprockhövel, Essen – und vielleicht noch aus weiteren Städten den Weg auf den Stüterhof finden, um mitzumachen. Denn von befreundeten Ex-Soldaten in der Nähe von Kiew hört er Fürchterliches über das Elend, über Tote. Seidel sagt: „Die Situation in der Ukraine ist apokalyptisch.“ Darum will er helfen. Und am 18. März wieder losfahren.