Hattingen. Erstmals gibt es Zahlen zum Unterrichtsausfall an Hattingens Schulen. Drei waren im Erhebungszeitraum besonders stark betroffen. Die Gründe.

Unterrichtsausfall: ein Reizthema für Eltern, Lehrer, Schüler. Eines, in das eine Statistik der NRW-Landesregierung nun etwas Transparenz bringt. Die Auswertung für Hattingen dabei zeigt: Während des Erhebungszeitraumes – für das Schuljahr 2018/19 und das erste Halbjahr 2019/20 – waren die Grundschulen Holthausen und Alt-Blankenstein sowie die Realschule Grünstraße überdurchschnittlich stark von Unterrichtsausfall betroffen. Warum?

„Der Löwenanteil ist zurückzuführen auf Erkrankungen“

Heike Silz, stellvertretende Schulleiterin der Realschule, erläutert die Gründe für die Grünstraße so: „Der Löwenanteil ist zurückzuführen auf Erkrankungen.“ Die kurz-, teils auch längerfristigen Ausfälle könnten die übrigen Kolleginnen und Kollegen dabei nur bedingt auffangen. Auch deren so genannte Springstunden für eventuelle Vertretungen seien ja begrenzt. Und nicht selten hätten sie während abzudeckender Stunden erkrankter Kollegen ja schon selbst Unterricht.

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Heike Silz, stellvertretende Schulleiterin der Realschule Grünstraße in Hattingen.
Heike Silz, stellvertretende Schulleiterin der Realschule Grünstraße in Hattingen. © FotoPool | Walter Fischer

Ein weiteres Problem, so Silz, sei, dass es insgesamt nicht mehr genug Lehrer auf dem Markt gebe. „Es ist in letzter Zeit schwieriger geworden, überhaupt Personal zu finden – selbst Vertretungslehrer für längerfristig erkrankte Kolleginnen und Kollegen.“ Und insbesondere in Fächern wie etwa Chemie oder Sport, wo auch Sicherheitsaspekte eine Rolle spielen, könne man nicht jeden Studienanfänger ohne jegliche Unterrichtserfahrung mit der Betreuung einer Schulklasse betrauen.

An der dünnen Personaldecke hat sich nichts geändert

Auch wenn sich die Erhebung des ersatzlosen Unterrichtsausfalls auf die Schuljahre vor der Pandemie bezieht, sei die Problematik dabei bis heute „gleichermaßen aktuell“, betont Silz. Zum einem bringe die Corona-bedingte Mehrarbeit zunehmend mehr Lehrerinnen und Lehrer ans Limit – mit der Folge weiterer Erkrankungen. Und zum anderen habe sich an der dünnen Personaldecke ja nach wie vor nichts geändert. Aktuell, so Silz, seien an der Realschule Grünstraße etwa zwei Vollzeitstellen unbesetzt.

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Anteil des ersatzlosen Unterrichtsausfalls an Schulen

Der Unterrichtsausfall an Hattingens Grundschulen (2018/19 – erstes Halbjahr 2019/20):
Grundschule Bredenscheid 2,0% – 3,7%
Grundschule Oberwinzerfeld 2,6% – 1,6%
Katholische Weiltor Grundschule St. Franziskus 4,1% – 2,8%
Grundschule Heggerfeld 3,3% – 4,2%
Grundschule Bruchfeld 4,2% – 2,0%
Grundschule Holthausen 6,4% – 8,8%
Grundschule Niederwenigern Nikolaus Groß 2,2% - 0,7%
Grundschule Alt-Blankenstein 5,0% – 6,7%
Grundschule Erik-Nölting 1,0% – 0,7%

Der Unterrichtsausfall an Hattingens weiterführenden Schulen (2018/19 – erstes Halbjahr 2019/20):
Gymnasium Holthausen 4,6% – 3,2%
Gymnasium Waldstraße 3,9% – 4,7%
Gesamtschule Hattingen 3,9% – 2,8%
Realschule Grünstraße 7,1% – 8,8%

Zwei Schwangerschaften und eine Langzeiterkrankung führten unterdessen an der Grundschule Alt-Blankenstein zu größeren Unterrichtsausfällen in 2018/19 und dem ersten Halbjahr des Schuljahres 219/2020, sagt Einrichtungsleiterin Andrea Müller-Feld. Und Ersatz für solche Kräfte gebe es nirgends, „der Markt ist leer gefegt“. Und wenngleich die landesweite Erhebung seit Beginn der Pandemie im Frühjahr 2020 ausgesetzt ist, bleibt ersatzloser Unterrichtsausfall so wohl nicht nur an ihrer Schule ein längerfristiges Thema.

Andrea Müller-Feld, Schulleiterin der Grundschule Alt-Blankenstein.
Andrea Müller-Feld, Schulleiterin der Grundschule Alt-Blankenstein. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Schwangerschaft für Lehrerinnen kommt in der Pandemie Beschäftigungsverbot gleich

Andrea Müller-Feld etwa muss für die Grundschule Alt-Blankenstein aktuell gerade das Beschäftigungsverbot einer Vollzeitkraft wegen einer Schwangerschaft verkraften. In der Pandemie erschwerend hinzu komme ja, dass eine Schwangerschaft für Lehrerinnen einem Beschäftigungsverbot gleichkomme – da aktuell ja in Präsenz unterrichtet werde.

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Die angespannte Personal-Situation werde derzeit zudem durch mehr „Kinderkrankentage“ verschärft, erklärt Müller-Feld. Denn junge Eltern unter den Lehrkräften müssten in der Pandemie häufig ihre Kinder im Kindergarten- und Grundschulalter betreuen, bis zu 30 Tage im Jahr pro Kind können tarifabhängig beschäftigte Lehrkräfte von ihrer Unterrichtsverpflichtung freigestellt werden,verbeamte Lehrkräfte bis zu 20 Tage pro Jahr.

Keine Rückmeldung gab es auf die WAZ-Anfrage seitens der Grundschule Holthausen.