Hattingen. Bäckermeister Alexander Sturm von der Bäckerei Nieland in Hattingen backt seit 25 Jahren Stutenkerle. Er verrät, worauf es dabei ankommt.

Wenn Alexander Sturm den fluffigen Hefeteig knetet, sitzt jeder Handgriff. Kein Wunder – seit 25 Jahren ist er Bäcker und mit so langer Übung sind Stutenkerle mittlerweile Routine. In der Bäckerei Nieland backt er sie nach Rezepten, die genauso alt sind, wie das Geschäft selbst – und das ist von 1899. Allerdings, sagt Sturm, ist nicht der Teig die Herausforderung beim Stutenkerl-Machen, sondern das Formen.

Stutenkerle backen – besonders mit Kindern ein Spaß

„Es gibt Großbäckereien, die stechen die einfach aus“, weiß Sturm. Bei Nieland kommt das überhaupt nicht infrage. Das beliebte Nikolaus-Gebäck wird während der Saison jeden Morgen per Hand in Form gebracht. Azubis lernen das bereits im ersten Lehrjahr – und je länger sie üben, desto schneller geht es.

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Trotzdem, sagt Sturm, ist das Stutenkerl-Backen auch etwas für zu Hause: „Man sollte es sogar mal ausprobieren, besonders mit Kindern. Meine machen es zumindest sehr gern.“

Links: Der Stutenkerl in Form gebracht, mit Pfeife und Rosinen, rechts noch der vorbereitete Rohling.
Links: Der Stutenkerl in Form gebracht, mit Pfeife und Rosinen, rechts noch der vorbereitete Rohling. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Es macht auch einfach Spaß, den Teig selbst in Form zu drücken, zu ziehen und zu zuppeln. Zunächst wird die Menge für einen Stutenkerl vorgerollt. „Er bleibt so lange liegen, bis er angegangen ist“, erklärt Sturm dazu.

Rezept

Für einen Stutenkerl braucht man Hefeteig. Hier kommt ein Grundrezept, das nach Belieben verfeinert werden kann. Zum Beispiel mit Vanille oder Rumaroma. Es handelt sich nicht um das Rezept der Bäckerei Nieland – das ist natürlich geheim.

Zutaten: 500 g Mehl, 250 ml lauwarme Milch, ein Würfel Hefe, 60 Gramm Zucker, 60 Gramm Butter, zwei Eier, eine Prise Salz, Dekoration nach Belieben

Schritt 1: Hefe und Zucker in der lauwarmen Milch auflösen

Schritt 2: Mehl auf die Arbeitsfläche häufen und eine Mulde hereindrücken. Milch und Ei in die Mulde geben und vermengen

Schritt 3: Teig kneten und dabei Butter und eine Prise Salz einarbeiten

Schritt 4: Teig mit einem Tuch abdecken und für eine Stunde an einem warmen Ort gehen lassen. Dann noch mal kneten und wieder für 20 Minuten gehen lassen

Schritt 5: Stutenkerle (wie im Text beschrieben) in Form bringen

Bei der Dekoration sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt. Klassisch sind Rosinen als Augen und eine Tonpfeife, aber auch Schokoguss, Mandeln, Nüsse oder Hagelzucker sind möglich. Danach richtet sich auch, ob die Dekoration vorher oder nachher aufgebracht wird.

Das erkennt man daran, dass der Teig viel weicher ist und auch deutlich mehr Volumen hat. Dann wird mit der Handkante ein Stück oben abgeteilt – aber nicht abgetrennt. Später wird dieses kleine Stück der Kopf, der längere Teil der Körper.

Wichtig ist, dass der Teig überall gleich dick ist

Von unten nach oben wird der Körper platt gedrückt, oben etwas breiter als unten, sodass das Teiggebilde an die Form einer übergroßen Erdbeere erinnert. „Es ist ganz wichtig, dass er überall gleich dick ist“, macht Alexander Sturm deutlich. „Sonst wird er an der einen Stelle zu trocken und an der anderen klitschig.“

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Zum Mann wird der Teig mit drei Schnitten: unten in der Mitte für die Beine, links ein Schnitt für den Arm, der geklappt wird, und rechts eine Tasche – der andere Arm. „Die Beine ziehen wir auseinander und knicken sie unten ab, als Schuhe“, erklärt Alexander Sturm, während er genau das mit dem Teig anstellt. Dann kommt die Pfeife mitten auf den Stutenkerl-Körper, der rechte Arm des Teigmannes wird darüber geklappt und schön festgedrückt.

Bäckermeister Alexander Sturm zeigt WAZ-Redakteurin Melanie Koppel, wie ein Stutenkerl korrekt in Form gebracht wird.
Bäckermeister Alexander Sturm zeigt WAZ-Redakteurin Melanie Koppel, wie ein Stutenkerl korrekt in Form gebracht wird. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Beim Selbstversuch zeigt sich: Zu zaghaft braucht man mit dem Teig nicht umgehen. Das gilt auch für das anschließende Einsetzen von Rosinen-Augen und -Knöpfen – richtig tief werden sie in den Teig getrieben. „Der geht ja noch. Dann drücken die sich wieder raus“, erklärt Alexander Sturm. Die Rosinen sind übrigens als Symbol für Reichtum noch ein Relikt aus früheren Zeiten, weiß der Bäcker. Genau wie der Stutenkerl als solcher. Die Pfeife symbolisiert den Stab des Bischofs von Myra, der uns heute als Nikolaus besser bekannt ist.

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Andernorts sieht man den Stutenkerl als Abbild Sankt Martins. Auch zu dieser Zeit isst man ihn daher gern und auch bei Nieland gibt es ihn schon im November. „Zu Sankt Martin hatten wir erstmals Stutenkerle mit Lolli statt Pfeife“, sagt Alexander Sturm. „Die Resonanz war mehr als positiv.“

Feuchtigkeit und Wärme braucht der Stutenkerl

Zwischenzeitlich haben die Stutenkerle eine halbe Stunde im Warmen verbracht – und dort ordentlich zugelegt. 35 Grad hat es im Gar-Raum der Bäckerei und 90 bis 95 Prozent Luftfeuchtigkeit. „Zu Hause sollte man sie einfach mit einem Tuch abdecken“, rät Bäcker Sturm. Das verhindert, dass die Kerle austrocknen. Aus dem gleichen Grund gehört ein Schälchen mit Wasser beim Backen mit in den Ofen. Alternativ kann man den Teigmann auch mit Ei einstreichen. In beiden Fällen muss er für sechs Minuten bei 240 Grad backen.