Hattingen. Im Ausschuss für Sport und Bewegung in Hattingen beginnen die Etatberatungen. Für Brisanz ist gesorgt. Denn es geht um viel Geld für die Bäder.

Mit einem Paukenschlag werden am Mittwoch die Beratungen des städtischen Etatentwurfs für das Jahr 2022 beginnen. Ausgerechnet im Ausschuss für Sport und Bewegung geht es los mit der Diskussion über die Einzeletats.

Für politischen wie finanziellen Zündstoff ist gesorgt, seit ein Sachstandsbericht der Sportverwaltung auf dem Tish liegt. Fazit: Der Zustand der beiden städtischen Bäder ist katastrophal.

Rohrleitungen sind stark verrostet

„Die Technik im Hallenbad in Holthausen ist in weiten Teilen austauschbedürftig und befindet sich in Teilen nicht im regelhaften Betrieb. Es ist nicht verlässlich abschätzbar, wie lange die technischen Anlagen und die Verschraubungen der zum Teil stark verrosteten Rohrleitungen noch in Betrieb bleiben können“, heißt es in dem Bericht.

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Und auch im Freibad in Welper gibt es große Probleme. „Die durchgeführten Reparaturen sind keine dauerhafte Lösung“, räumt die Verwaltung ein. Das Alter der Folien im Schwimmbecken mache Reparaturen schwierig. Das Problem werde wohl nach der kalten Jahreszeit erneut auftreten, so dass für 2022 von einer erneuten Reparatur der Folie ausgegangen werde.

Erschüttert und fassungslos

Erste Reaktionen sind eindeutig. „Ich bin zutiefst erschüttert“, sagt Achim Paas. Der SPD-Fraktionschef und Vorsitzende des Ausschusses für Sport und Bewegung wirft der Stadtspitze vor, sich nicht um den Erhalt städtischer Gebäude zu kümmern.

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Fassungslos ist auch Michael Heise. „Das Problem zeichnet sich seit Jahren ab und wird einfach ignoriert“, schimpft der Vorsitzende des Stadtsportverbandes. „Vereine und Privatschwimmer sind sauer ohne Ende. Leistungsschwimmer wandern ab. Das ist ein Trauerspiel.“

Stadtetat seit 1994 um 317 Millionen Euro entlastet

Mit dem Kanalgeschäft hat die Stadt Hattingen ihre Kassenkredite massiv zurückgefahren. 115,5 Millionen Euro aus der Kasse des Ruhrverbandes drücken diesen Teil der Schulden in Höhe von zuletzt rund 135 Millionen Euro deutlich nach unten.Konsolidiert hat die Kommune die Stadtkasse aber auch über längere Zeiträume hinweg. Mit dem Druck aus den Haushaltssicherungskonzepten von 1994 bis 2007 und dem Stärkungspakt von 2010 bis 2021 hat Hattingen den Etat um insgesamt 317 Millionen Euro entlastet. Das entspricht Verbesserungen von 12,2 Millionen Euro pro Jahr. Dazu beigetragen haben auch die hohen Grund- und Gewerbesteuern.

Stadtspitze und Sportverwaltung werden sich im Fachausschuss also einiges anhören müssen. Neben der Aufarbeitung, wie es zu der akuten Notlage kommen konnte, dürfte die rasche Sanierung der Bäder im Mittelpunkt stehen. Die SPD will das Hallenbad Anfang 2022 sanieren. „Das Geld kann sofort in den Etat eingestellt werden“, sagt Paas.

Nur: Der Etatansatz ist auch für 2022 wieder hart auf Kante genäht. Knapp 600.000 Euro Plus erwartet Kämmerer Frank Mielke – und das bei einem Gesamtvolumen von rund 175 Millionen Euro.

Ausfallzeiten vorprogrammiert: Auch das Hallenbad in Holthausen muss 2022 einmal mehr umfangreich saniert werden.
Ausfallzeiten vorprogrammiert: Auch das Hallenbad in Holthausen muss 2022 einmal mehr umfangreich saniert werden. © FUNKE Foto Services | Barbara Zabka

Zwar ist die Pro-Kopf-Verschuldung der Stadt Hattingen vor allem durch das Kanalgeschäft mit dem Ruhrverband von 3436 Euro im Jahr 2019 auf 1339 Euro im Folgejahr deutlich gesunken. Was das für das Investitionsvermögen der Kommune gerade mit Blick auf die Bäder bedeutet, muss sich jetzt zeigen.

Mittelfristig Handlungsspielräume nutzen

Im März 2019 hatte die sich anbahnende Übertragung des Kanalnetzes bereits für politsches Tauziehen gesorgt. Die Christdemokraten wollten einen Teil des Geldes in die Sanierung von Straßen und Bürgersteigen investieren, die Grünen in Schulen und Kindertagesstätten. Von fünf bis zehn Millionen Euro war die Rede, „um die schlimmsten Missstände zeitnah zu beheben“.

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Die Stadtspitze lehnte das rigoros ab. Die Übergabe des Kanalnetzes an den Ruhrverband sei ein Tauschgeschäft, das finanziell nur in einem geschlossenen System funktioniere“, argumentierte der Kämmerer. „Wir können da kein Geld entnehmen.“ Andererseits ließen sich „mittelfristig Handlungsspielräume nutzen, die die Stadt gewinne“. Darüber dürfte jetzt zu reden sein.