Hattingen. Steigende Benzinpreise belasten Firmen und Bürger in Hattingen. Was Unternehmer, Pkw-Fahrer, Tankstellen-Betreiber, Tanklastwagenfahrer berichten.

Die Benzinpreise sind für das Bus-, Reise- und Taxi-Unternehmen Schiwy in Hattingen „existenzbedrohend“, sagt Geschäftsführerin Gabriele Schiwy. Bürger wie Firmen-Chefs klagen derzeit über die hohen Kraftstoff-Preise, die sich an Tankstellen bis zu acht Mal täglich ändern.

Von September 2020 bis September 2021 seien die Preise um „36,5 Prozent gestiegen. Das ist mehr als ein Drittel“, sagt Gabriele Schiwy. Seit 2012 habe sie solche Preise nicht mehr erlebt. Tief in die Tasche greifen muss sie inzwischen, um regelmäßig den 40.000-Liter-Tank des Unternehmens befüllen zu lassen.

Steigende Benzinpreise belasten Bürger und Firmen in Hattingen

Das Problem: Schiwy bleibt auf den Mehrkosten sitzen, denn „für Taxi-Fahrten sind die Tarife fest vorgegeben. Und beim Buslinienverkehr haben wir langfristige Verträge.“ Wenn nun im kommenden Jahr auch noch der Mindestlohn steige, frage sie sich schon, „wo soll das alles herkommen?“

Wespen und Benzin

Tanklastwagenfahrer Andreas Schlootz muss sich beim Gespräch einer Wespe erwehren. Er berichtet, dass Wespen den Geruch von Benzin mögen.

„Und die gelbe Farbe meiner Warnweste lockt sie noch zusätzlich an“, berichtet er.

Zumal das Reisegeschäft durch Corona gelitten hätte. Die Nachfrage sei längst noch nicht so hoch wie vor der Pandemie. „Die Auslastung liegt bei 30 Prozent, aber die Busse sind finanziert, dafür müssen wir monatlich zahlen“.

Dieselfloater ist für Spediteur erleichternd

Als „extrem“ bezeichnet auch Dominik Napp, einer der Geschäftsführer der DML Mittelstandslogistik GmbH mit Sitz im Ludwigstal, die Kosten für Kraftstoffe: „Wir sind im EU-Fernverkehr, die Lkw machen Kilometer, da fallen die Preise extrem ins Gewicht.“ Allerdings: In seinen Verträgen mit den Kunden gibt es einen so genannten Dieselfloater, einem veränderbaren Kraftstoffzuschlag, der sich an die Entwicklung des Kraftstoffpreises anpasst. Auch wenn nun der Kunde mehr zahlt, heißt das nicht, dass die Aufträge zurück gehen. Die Auslastung sei gut. „Viele Kunden versuchen, sich Material, das knapp und teuer ist, zu sichern, füllen ihr Lager.“

Andreas Schlootz ist mit dem Tanklastzug bei der Tankstelle Hohns in Hattingen-Welper vorgefahren und liefert neuen Kraftstoff.
Andreas Schlootz ist mit dem Tanklastzug bei der Tankstelle Hohns in Hattingen-Welper vorgefahren und liefert neuen Kraftstoff. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Die Stadt Hattingen muss ebenfalls für ihre Fahrzeuge tiefer in die Tasche greifen: „2020 haben wir rund 175.000 Euro für Fahrzeugkraftstoffe ausgegeben. Im Moment liegen wir bei 200.000 Euro. Im Haushalt wurden seit 2020 unverändert 230.000 Euro eingeplant, ob das 2021 und darüber hinaus reichen wird, wissen wir jetzt nicht“, erklärt Sprecherin Susanne Wegemann.

Tankkunden informieren sich mittels Apps über Preise

Andrea Hohns, Inhaberin der Tankstelle Hohns in Welper, spürt, dass die Menschen zunehmend in Apps auf dem Handy schauen, wann die Preise sinken – um dann bei verhältnismäßig niedrigem Preis schnell zur Tankstelle zu fahren. „Aber bis sie hier sind, hat sich der Preis manchmal schon wieder geändert.“ Bis zu acht Mal am Tag ändern sie sich nämlich. Fünf Sekunden bevor die Preise zentral von Berlin auf der Anzeigentafel geändert werden, erhält Andrea Hohns selbst erst die Information darüber.

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Am Freitag fährt an ihrer Tankstelle ein Tanklastwagen vor, um neuen Kraftstoff zu liefern. Fahrer Andreas Schlootz berichtet, dass mancher Tankstellenbetreiber ihn begrüßt mit der Frage, ob „da der frische, teurere Sprit“ komme.

Jeder Weg wird überlegt

Kunde Siegfried Westfal (69) kontrolliert gleich mittels zwei Apps die Spritpreise, über deren Höhe er sich ärgert, vor allem „wegen der Dreifach-Besteuerung“. Bewusster würde er derzeit jede Fahrt planen. Das bestätigt auch eine Welperanerin (40), die derzeit nicht so oft Familienbesuche einplant, um Sprit zu sparen.