Hattingen. Auf den Feldern sind die Erntearbeiten zwar noch in vollem Gange, doch zum Erntedankfest ziehen die Landwirte der Region schon mal Ernte-Bilanz.

Drei Jahre lang hatten Landwirte in Hattingen und der Region mit Wassermangel zu kämpfen, in diesem Jahr indes gab es Regen im Überfluss. „Der Unterschied vom Vorjahr zu diesem“, sagt Peter Oberdellmann, Sprecher der Hattinger Landwirte, „war dabei besonders krass.“ „Die Grundwasserspeicher haben sich aufgefüllt“, fügt Dirk Kalthaus, Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Ennepe-Ruhr/Hagen, hinzu. Die Erntebilanz der hiesigen Bauern anlässlich des Erntedankfestes fällt denn auch überwiegend positiv aus.

Dirk Kalthaus; Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Ennepe-Ruhr/Hagen.  
Dirk Kalthaus; Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Ennepe-Ruhr/Hagen.   © Foto: wlv/Drees-Hagen

„Die sommerliche Ernte ist eingebracht. Mais, Kartoffeln, verschiedene Gemüse- und Obstsorten und zum Teil auch noch der letzte Grünlandschnitt werden derzeit in der Region geerntet oder stehen noch an“, erklärt Dirk Kalthaus.

Getreideernte immer nur in kurzen Zeitfenstern möglich

„Mit den Erträgen von Getreide und Raps waren wir zufrieden, die positiven Erwartungen, die wir vor der Ernte hatten, wurden aber nicht erfüllt.“ So sei die sommerliche Getreide- und Rapsernte witterungsbedingt deutlich schwieriger gewesen als in den Vorjahren. Regelmäßige Regenfälle und niedrigere Temperaturen hätten dazu geführt, dass Landwirtinnen und Landwirte immer nur in kurzen Zeitfenstern hätten ernten können, so Kalthaus.

Rund um Erntedank

Auch wenn wir heute im Überfluss leben: Unser Leben hängt davon ab, ausreichend Nahrungsmittel zu haben. Seit die Menschen sesshaft wurden und Ackerbau betrieben, hing ihre Existenz von einer guten Ernte ab. So hat es zu allen Zeiten in vielen Kulturen Feste gegeben, mit denen die Menschen für die Ernte dankten.

Als christliche Feier ist Erntedank seit dem 3. Jahrhundert belegt. Am Erntedankfest danken Christen Gott für die Ernte, die Natur und das Leben in der Natur. Sie machen sich bewusst, dass sie von all‘ dem abhängig sind und erinnern sich daran, dass die Versorgung mit ausreichend Nahrungsmitteln keine Selbstverständlichkeit ist.

Peter Oberdellmann sagt unterdessen, er persönlich habe in diesem Jahr eine überdurchschnittlich gute Getreideernte eingefahren – „zwei Tonnen pro Hektar mehr als noch 2020 habe ich ernten können“. Er wisse allerdings von einigen anderen Landwirten, dass diese aufgrund von Staunässe im Boden nicht so zufrieden mit ihrem Ertrag gewesen seien. Und Volker Stens, der unter anderem landwirtschaftliche Flächen in dem vom Jahrhundert-Hochwasser betroffenen Ruhrauen in Hattingen bewirtschaftet, sagt: „An dieser Stelle habe er 40 Prozent Ernteverlust, zudem habe die Qualität des Getreides dort stark gelitten.

Dem Gras konnte man geradezu „beim Wachsen zusehen“

Überall erfreulich gut ist für die Region derweil die besonders wichtige Grasernte ausgefallen. „Grünland braucht Feuchtigkeit und die hatten wir im Frühjahr und Sommer 2021“, sagt Dirk Kalthaus. In diesem Jahr habe man dem Gras geradezu „beim Wachsen zusehen können“, so Peter Oberdellmann. „Das ist an einem Tag teils so viel in die Höhe geschossen wie im Vorjahr in zwei Monaten. Die Vorräte sind jetzt gut gefüllt, wir Landwirte brauchen kein Futter mehr zuzukaufen, können nun gegebenenfalls sogar wieder den nächsten Dürresommer überstehen.“

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Auf vollen Touren laufe jetzt die herbstliche Ernte, erklärt Dirk Kalthaus. So stehe etwa derzeit die Maisernte an, aber auch Kartoffeln sowie verschiedene Gemüse und Obstsorten seien noch nicht komplett eingebracht. So könne man bei diesen Früchten noch nichts Endgültiges sagen, sondern nur Tendenzen aufzeigen.

Optimale Wachstumsbedingungen für den Mais

„Der Mais sieht sehr gut aus, für ihn waren die Wachstumsbedingungen mit einem guten Mix aus Sonne und ausreichendem Regen optimal“, so Dirk Kalthaus und Peter Oberdellmann unisono. Bei den Kartoffeln sehe es dagegen nach einer durchschnittlichen Ernte aus, sagt Kalthaus. Ein Eindruck, den der Hattinger Kartoffelbauer Wilfried Lohmann bestätigt.

Rund um das Erntedankfest sei die Stimmung auf den Höfen in diesem Jahr trotz allem aber zwiegespalten, sagt Kalthaus. „Auf der einen Seite sind wir dankbar für die eingebrachte Ernte, auf der anderen Seite macht sich aber zunehmende Hoffnungslosigkeit auf den Höfen breit.“ Niedrige Preise verbunden mit stetig steigenden Anforderungen und Auflagen und zudem unklaren politischen und gesetzlichen Rahmenbedingungen nähmen den Bauernfamilien die Zukunftsperspektiven.

Peter Oberdellmann, Sprecher der Hattinger Landwirte.
Peter Oberdellmann, Sprecher der Hattinger Landwirte. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Gute Getreidepreise auf dem Weltmarkt

Etwas differenzierter betrachtet Peter Oberdellmann die Situation in der Landwirtschaft: Es komme stets auf die Ausrichtung eines Betriebes an. Die Getreidepreise auf dem Weltmarkt etwa seien „sehr gut“, wer es verkaufe, habe gute Perspektiven. Landwirte dagegen, die dieses als Futter zukaufen müssten für ihre Tiere, „habe es deutlich schwerer“.

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