Hattingen/Sprockhövel/Witten. Clemens Jost kandidiert bei der Bundestagswahl 2021 in Hattingen, Sprockhövel und Witten für die Linken. Er will aber gar kein Politiker sein.

Clemens Jost bewirbt sich um ein politisches Mandat. Politiker sein will der 22-jährige Hattinger aber auch dann nicht, wenn es klappen sollte mit dem Sprung in den Deutschen Bundestag. Warum nicht? „Weil ich Aktivist bin und das bleiben möchte“, sagt Jost. „Das beschreibt meine Herangehensweise an die Themen viel besser. Außerdem ist der Begriff ,Politiker’ viel zu negativ besetzt.“

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Auszubildender für Sanitär, Heizung und Klimatechnik

Positiv gestalten möchte der Auszubildende in einer Fachfirma für Sanitär, Heizung und Klimatechnik vor allem die Themen „Soziale Gerechtigkeit“ und „Klimawandel“. Da laufe vieles grundlegend falsch und es hänge ja alles zusammen, meint Clemens Jost: „Wir dürfen die Kosten des Klimawandels nicht auf dem Rücken der kleinen Leute abladen. Wir müssen uns mit den Konzernen anlegen.“

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Einen kleinen Beitrag vor Ort will der Bundestagskandidat über seinen künftigen Beruf angehen: Klimatechnik zähle schließlich zu seinem Aufgabengebiet. „Da lässt sich schon mit jeder Neuerung etwas erreichen, alles zählt“, so Jost.

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Clemens Jost hat vor gut zwei Wochen die Gegendemo des Bündnis „Buntes Hattingen gegen Rechts“ gegen eine AfD-Veranstaltung mit initiiert.
Clemens Jost hat vor gut zwei Wochen die Gegendemo des Bündnis „Buntes Hattingen gegen Rechts“ gegen eine AfD-Veranstaltung mit initiiert. © FUNKE Foto Services | Alexa Kuszlik

Einstieg war das Aufbäumen gegen Rechts

Was bei seinem Einstieg ins politische Geschehen gezählt hat, war das Aufbäumen gegen Rechts. Es war 2015, im Jahr der Flüchtlingskrise. „Die rechten Parolen waren unerträglich“, erinnert sich der Hattinger, damals 16. Antifaschistische Bewegung, Linksjugend NRW, Linke – das war sein Weg. Mandate sind inzwischen inbegriffen. Clemens Jost ist aktuell Ortssprecher der Linkspartei Hattingen / Sprockhövel und Landessprecher der Linksjugend NRW. Und so ganz ausnehmen von der Politik will sich der Aktivist dann doch nicht. Denn er hat eine Antwort auf die Frage, warum die Linken in Hattingen zur Kommunalwahl 2020 nicht mehr angetreten sind. „Die Ratsfraktion hat sich meilenweit von der Partei entfernt. Und so viele aktive Mitglieder haben wir nicht. Da mussten wir uns zwischen Kommunal- und Bundespolitik entscheiden.“

Vermögensabgabe für Reiche und gegen Waffenexporte

Er habe nicht lange überlegen müssen. „Ich will Zeichen setzen für den Klimaschutz, für die Vermögensabgabe für Reiche, gegen Waffenexporte. Und das geht in Berlin besser als in Hattingen.“

Zwischen großen Themen und dünner Personaldecke

Im Juli 2020 haben die Linken erklärt, dass sie zur Kommunalwahl im September nicht mehr antreten. Seitdem sind die Fraktionen Linke und Linke-Piraten aus dem Rat der Stadt Hattingen verschwunden. Clemens Jost: „Wir wollen uns auf die großen Themen konzentrieren – für Klimaschutz, für die Vermögensabgabe, gegen Waffenexporte“.

Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass Partei und Fraktion der Linken in Hattingen nie als politische Einheit aufgetreten sind. Wegen der dünnen Personaldecke waren sie von Anfang an gezwungen, Parteilose und DKP-Getreue in einer offenen Liste aufzunehmen. Das war menschlich ein Spagat und ideologisch ein Flickenteppich.

Für die Kandidatur sei er dann gefragt worden. „Das reizt mich noch aus einem anderen Grund“, betont Clemens Jost. 80 Prozent der Abgeordneten im Deutschen Bundestag seien Akademiker. Es gebe viel zu wenig Handwerker. Auch darum sei einer wie er in Berlin ein Gewinn.

Dass es für Jost nach Berlin geht, ist unwahrscheinlich

Jost ist froh, dass die Corona-Lage trotz aller Einschränkungen Aktionen auf der Straße zugelassen hat. Gegen die soziale Ungleichheit hat er mit seinem Parteifreunden ein szenisches Spiel in der Fußgängerzone gesetzt, gegen einen Wahlkampfauftritt der AfD als Aktivist des Bündnisses „Buntes Hattingen gegen Rechts“ eine Rede gehalten. Auf der Straße ist er gerne.

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Dass die Straße nach Berlin führt, hält der Bewerber selbst für „eher unwahrscheinlich“. Ein gutes Ergebnis will der Direktkandidat holen. Sein Ziel sind die 8,1 Prozent Erststimmen, die sein Vorgänger Heinz-Dieter Kempka erreichte. Damit würde der Hattinger in Hattingen bleiben. Denn einen Listenplatz hat nicht.

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