Hattingen. Die 17 Bewohner der Kratzmühle in Hattingen hat die Flut hart getroffen. Vieles ist verwüstet. Versuch einer Katzenrettung endet in der Klinik.
Idyllischer kann man nicht mehr wohnen. Die Kratzmühle löst in der Seele eher Urlaubsgefühle aus, als dass man an eine Wohngegend in der Stadt denkt. Doch für die 17 Bewohner ist dieser Teil des Lebens seit Mittwoch eher Erinnerung.
Die kleine Steinbrücke ist zusammengebrochen und in den Sprockhöveler Bach gefallen. Autos überdeckt mit brauner Schlammschicht innen, Möbel vor den Türen. Die Schlacht hat das Wasser gewonnen.
Keine Chance, es aufzuhalten
Eine junge Frau, die mit Mann und zwei Kindern in einem renovierten Haus wohnt, führt durch die Räume. Wenn sie beschreiben will, was passiert ist, in welcher Schnelligkeit die Wassermassen sie überrollten, stockt ihr Atem. Sie weint nur.
Die Bilder beweisen: Die große Wiese zwischen ihrem Haus und dem Bach - ein riesiger See. Durch die hintere Türe schoss das Wasser in die Wohnung, keine Chance, es aufzuhalten.
In letzter Sekunde bemerkte das Ehepaar, dass das Wasser ungeahnt schnell stieg. „Mein Mann ist durch die Heckklappe nach vorne auf den Fahrersitz geklettert, hat es noch geschafft, den Wagen oben an die Bredenscheider Straße zu stellen.“
Die Autos schwammen im Wasser
Auch ihre Nachbarin, die in der alten Mühle im oberen Stockwerk wohnt, ist immer noch fassungslos. „Die untere Etage und zwei Autos standen völlig unter Wasser“, erzählt Heidi Erbeck.
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Ihre Nachbarn Thomas und Christel Wiegemann mit Sohn Julius und Tochter Nora Schneider, die direkt nebenan wohnen, hat es noch schlimmer getroffen. Die Autos schwammen im Wasser, die Gabionenwand ist eingedrückt, Möbel, Wäsche und Elektrogeräte – alles steht und liegt draußen auf der Wiese.
Angst haben sie vor allem um die Tochter
Thomas Wiegemann wohnt seit 60 Jahre hier, schon sein Urgroßvater lebte dort. „Von einem solchen Ereignis hat niemand je erzählt.“ Angst haben sie vor allem um die Tochter. Als das Wasser im ebenerdigen Wohnzimmer dramatisch anstieg, wollte sie ihre Katzen retten. In Todesangst biss ihr eine Katze zwei Arterien durch. Die Feuerwehr rettete die Tochter angeseilt über den reißenden Bach, brachte sie ins Krankenhaus. Da liegt sie immer noch, die Wunde entzündete sich, Nora wurde notoperiert. Und die Katzen leben seit vier Tagen in der oberen Etage.
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Unterstützung von der Feuerwehr hat auch Clemens Speer nicht bekommen, der einen Gewerbepark auf dem Alten Gummiwerk an der Lüggersegge betreibt. Genauso wenig wie Thomas Wiegemann. Auch bei Speer schwammen die Autos, brach die Asphaltdecke ein, standen Schulbusse unter Wasser. „Chaos pur.“