Hattingen. Viele Menschen leiden in Hattingen in der Corona-Pandemie unter Einsamkeit-besonders Patienten im Krankenhaus. Wie zwei Seelsorger Hoffnung geben.

Corona hat das Leben in Hattingen fest im Griff. Im großen WAZ-Corona-Check wurde klar, dass viele Menschen in der Stadt unter der Einsamkeit leiden. Gerade in den Krankenhäusern durften Patienten eine Zeit lang keinen Besuch empfangen. Die WAZ-Redaktion hat mit zwei ökumenischen Krankenhaus-Seelsorgern über Langeweile, Trauer und das Hoffnunggeben gesprochen.

„Seelsorge bedeutet, da zu sein“, sagt Ansgar Wenner-Schlüter, der als katholischer Seelsorger am Evangelischen Krankenhaus in Hattingen arbeitet. Sein Kollege und evangelischer Seelsorger Pfarrer Wilfried Ranft ergänzt: „Wir wollen den Patienten signalisieren, dass wir Zeit für sie haben, zuhören und uns auf sie einlassen. Belastende und traurige Situationen halten wir gemeinsam mit ihnen aus.“

„Seelsorge bedeutet, da zu sein“, sagt der katholische Seelsorger Ansgar Wenner-Schlüte, der am Evangelischen Krankenhaus in Hattingen arbeitet.
„Seelsorge bedeutet, da zu sein“, sagt der katholische Seelsorger Ansgar Wenner-Schlüte, der am Evangelischen Krankenhaus in Hattingen arbeitet. © dpa | Oliver Berg

Diese Situationen gab es während der Corona-Zeit häufig. Durch die Regeln konnten viele Patienten nicht von ihren Angehörigen besucht werden, mit Ausnahme von Sondergenehmigungen. „Viele Patienten beklagen sich über Langeweile“, erläutert Ranft. „Gerade für Menschen, die hier länger liegen, sieht jeder Tag gleich aus. Die Wochenenden sind leer.“

Den Patienten fehlt die persönliche Begegnung

Es gäbe aber auch Patienten, die enorm unter der Vereinsamung leiden würden. Denn es fehle ihnen an persönlichen Begegnungen. „Da wird deutlich, wie wichtig unsere Aufgabe hier im Haus ist“, so Ranft.

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Die Wichtigkeit wissen aber nicht nur Patienten zu schätzen, sondern auch Ärztinnen und Ärzte, Pflegerinnen und Pfleger und das gesamte Krankenhauspersonal. So habe sich sie Zusammenarbeit während Corona verstärkt, viele Abläufe müssten neu abgesprochen und geklärt werden.

„Wir Seelsorger sind jetzt noch tiefer als vorher in das Krankenhaus-System eingebunden“, so Wenner Schlüter. Teilweise kämen auch Mitarbeitende an ihre Belastungsgrenze, die dann von den ökumenischen Seelsorgern begleitet werden.

Viele Fragen: „Wann hat das alles ein Ende?“

In der Zeit des ersten Lockdowns im März vergangenen Jahres wurden die Besuche der Seelsorger vorerst eingestellt und sie mussten auf Telefonate ausweichen. „Die Phase hat aber nicht lange angehalten und wir können die meisten unserer Patienten wieder coronakonform besuchen“, freut sich Ranft. Ausnahmen seien Menschen auf Corona-Stationen oder Menschen, die noch auf das Coronavirus getestet werden. „In Sterbesituationen gehen wir allerdings auch zu Covid-Patienten.“

Die beiden Seelsorger beobachten, dass die Gespräche länger, intensiver und teilweise sehr berührend sind. „Bedingt durch die Pandemie ist das Thema Corona fast in jedem Gespräch da“, sagt Ranft. „Es geht vor allem um die Sorge um Angehörige, Unsicherheiten bezüglich der Impfung bis hin zu der Frage: Wann hat das alles ein Ende?“

„Es gibt auch Patienten, die froh sind, ihre Ruhe zu haben“

Neben den traurigen Momenten gibt es aber auch viele Schöne Situationen, bei denen die Seelsorger ihre Patienten begleiten. „Bei unserem ökumenischen Gottesdienst erzählte eine Krankenschwester von einem dementen, schwerhörigen, alten Menschen, der über ein Tablet nach langer Zeit wieder seine Familie sehen konnte“, erinnert sich Wenner-Schlüter.

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„Wir versuchen kreativ zu sein und den Menschen, soweit es Corona zulässt, Kontakte zu ermöglichen. Und wenn es nur darum geht, den Angehörigen Grüße zu bestellen.“ Sein Kollege Wilfried Ranft wirft ein: „Es gibt aber auch Patienten, die mal ganz froh sind, ihre Ruhe zu haben und keinen Besuch von Angehörigen zu bekommen. Das Krankenhaus-Leben ist dahingehend bunt.“

Seelsorge-Arbeit unter Corona-Bedingungen

Die Krankenhaus-Seelsorger dürfen ihre Patienten nur mit FFP2-Maske und den coronakonformen Abstands- und Hygieneregeln besuchen. Menschen auf Coronastationen werden von ihnen weitestgehend telefonisch kontaktiert, wenn kein akuter Sterbefall vorliegt.

Da zur Zeit die ehrenamtlich Mitarbeitenden der Ökumenischen Krankenhaushilfe (ÖKH) keine Besuche machen können, hat die Seelsorge für diese einen Telefonbesuchsdienst eingerichtet, bei dem auf jeder Station ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin eingesetzt ist, der oder die einmal in der Woche bei der jeweiligen Station anruft, um mit Patienten zu sprechen, bei denen Bedarf besteht.

Gottesdienste gibt es über YouTube

Seit November können sie keine ökumenischen Gottesdienste mehr im Krankenhaus halten. Deshalb werden die Gottesdienste und Andachten nun per YouTube ausgestrahlt. „Dadurch haben wir eine Chance, auch Menschen zu erreichen, die vielleicht sonst gar nicht kommen würden. Das ist eine echte Bereicherung“, so Ranft.

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