Hattingen. Wie mehrsprachige Stadt- und Museumsführer in Hattingen Tourismus fördern, Impulse fürs Industriemuseum liefern und Zusammenhalt stärken sollen.
Vorstöße für fremdsprachliche Führungen hat es in Hattingen einige gegeben. Anja Junghans vom Industriemuseum und der private Stadtführer Lars Friedrich wagen jetzt einen neuen Vorstoß mit der Ausbildung mehrsprachiger Führer – und zielen damit erstmals nicht nur auf Touristen und Integration, sondern außerdem auf eine Attraktivitätssteigerung des Industriemuseums insgesamt.
„Wir hoffen auf neue Anknüpfungspunkte, um das Industriemuseum attraktiver zu gestalten – auch für Menschen, die in der Stadt leben“, erklärt Anja Junghans vom Industriemuseum, das sie interkulturell öffnen will. Angesprochen sind mehrsprachige Bürger, die sich vorstellen können, Führungen in ihren Erst- oder Zweitsprachen anzubieten. Die Ausbildung soll mit Mitteln aus dem Bundesprogramm „Demokratie leben!“ finanziert und zeitnah begonnen werden.
Mehrsprachige Stadt- und Museumsführer in Hattingen sollen Führungen mit gestalten
Die neuen Stadt- und Museumsführer sollen nicht einfach fertige Texte und Konzepte lernen und präsentieren, sondern, erklärt Anja Junghans, „uns interessiert besonders auch der Blickwinkel der potenziellen Stadt- und Museumsführer. Welche Geschichten über Hattingen sollten aus ihrer Perspektive unbedingt erzählt werden? Welche Orte sollten bei einer Stadtführung besucht werden? Was finden sie an der Henrichshütte besonders interessant – die Technik, die Arbeitsbedingungen, die Biografien einzelner Arbeiter, der Arbeitskampf und der Strukturwandel oder die wiederkehrende Natur? Welche Bezüge gibt es zu ihren Herkunftsländern oder. den Herkunftsländern ihrer Eltern und Großeltern?“
Ausbildung zum mehrsprachigen Stadt- und Museumsführer
Trainiert werden die Guides auf Deutsch, vermittelt werden methodische und inhaltliche Kompetenzen. Gemeinsam setzen sich die Teilnehmer mit Inhalten und Schwerpunkten der Führungen auseinander. Im zweiten Schritt werden sie mit langjährig tätigen Stadt- und Museumsführern so genannte Tandemführungen durchführen. Davon lernen auch die „alten Hasen“, so Friedrich.
Nach Abschluss der Trainingsphase führen die Guides Führungen eigenständig durch. Die Guides erhalten für jede Führung ein marktübliches Honorar. Teilnahmevoraussetzung für potenziellen Stadt- und Museumsführer sind Deutschkenntnisse auf Sprachniveau B.
Kontakt: Anja Junghans, E-Mail: anja.junghans@lwl.org, 0171 49 22 791 oder 02324 9247 360, oder Lars Friedrich, E-Mail: kontakt@hattingenzufuss.de, 0175 419 419 5.
Anja Junghans und Lars Friedrich hoffen so auch das Zusammenleben und die Netzwerke in Hattingen zu stärken. „Das Projekt ist auf Bildung, Begegnung und Beteiligung angelegt und fördert so die Identifikation mit der Stadt.“
Bernd Baumhold verfolgt die Idee der fremdsprachlichen Führungen schon lange
Der Vorstoß für fremdsprachliche Führungen an sich ist nicht neu. Schon in der Prozess- und Veranstaltungsdokumentation Komm-In (Innovation in der kommunalen Integrationsarbeit) 2009/2010 ist nachzulesen, dass solche Guides gewünscht sind. Umgesetzt worden ist diese Idee indes bislang noch nicht.
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Bernd Baumhold, der sich von 1979 bis zu seinem Ruhestand 2019 um die Ausländerarbeit in Hattingen intensiv gekümmert hat, „hat das Thema jetzt wieder angestoßen“, so Friedrich, der seit 2012 Gäste führt und Mitglied bei bei FUSS e.V., dem Fachverband Fußverkehr Deutschland, ist.
Hattingen Marketing: 99 Prozent der Führungen werden auf Deutsch nachgefragt
Zuletzt war das Thema 2015 aufgekeimt. Da zeigte sich, dass die Nachbarstadt Witten bereits Flüchtlinge in unterschiedlichen Sprachen durch die Stadt geführt wurden, Guides da waren. Jahre zuvor hatte Hattingen Marketing Stadtführer ausgebildet, die beispielsweise auf Arabisch oder Französisch durch Hattingen führten. Doch die Initiative war im Sand verlaufen. „Die Nachfrage war nicht da“, sagt Hattingen-Marketing-Geschäftsführer Georg Hartmann und berichtet, wie die Lage heute ist: „99 Prozent der Stadtführungen werden auf Deutsch nachgefragt, ganz selten haben wir mal Anfragen für Führungen in englischer Sprache.“
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Junghans, Friedrich und Baumhold sehen indes durchaus Bedarf. Und bleiben darum am Thema. Baumhold verwies schon 2015 darauf, dass er fremdsprachliche Führungen für eine gute Idee hält und verwies auf viele ausländische Patienten in den Kliniken und die Familien von Migranten, die zu Besuch kommen. „Und auch hier lebende Migranten möchten ja vielleicht mal in der Muttersprache oder der Sprache ihrer Eltern durch Stadt und Museum geführt werden – und das nicht nur mit unserer Perspektive“, sagt Anja Junghans.
Bislang gibt es Stadt- und Museumsführungen nur auf Deutsch und Englisch
Sowohl die Stadt-, als auch die Museumsführungen gibt es derzeit nur in Deutsch und Englisch. „Unter den Guides sind zwar viele Generationen vertreten, aber leider keine Migranten“, sagt Anja Junghans. Und Friedrich ergänzt: „Besucher, die keine der beiden Sprachen verstehen, bleiben derzeit außen vor.“
Hattingen Marketing allerdings bietet Innenstadtpläne nicht nur in deutscher, sondern auch niederländischer, englischer, italienischer und französischer Sprache.