Hattingen. Hattingens Wald wird sich verändern. Buchen und Fichten sterben ab. Waldbauern versuchen, als Ersatz klimastabile Mischbestände zu schaffen.
Auf den ersten Blick sehen sie normal aus, zumindest für den Laien. Doch eigentlich säumen Leichen die Hattinger Waldwege: Bäume, die längst abgestorben sind oder deren Sterbeprozess unaufhaltbar begonnen hat. „Man kann Bäume nicht gesund pflegen“, sagt Revierförster Thomas Jansen mit Blick auf die angegriffenen Pflanzen. Waldbesitzer müssen also anders auf das sich verändernde Klima mit den heißen, trockenen Sommern reagieren.
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Nur wenige heimische Bäume kommen mit warmem, trockenem Wetter zurecht
„Man versucht gezielt, Mischbestände zu erschaffen“, erklärt der Förster. Durch mehrere Baumarten soll das Risiko gestreut werden, den ganzen Wald durch Trockenschäden zu verlieren. Doch schon an dieser Stelle wartet das erste Problem: „Wir haben nicht allzu viele heimische Laubbaumarten, die mit warmem, trockenem Wetter klarkommen.“
Traubeneiche, Esskastanie und Wildobst wie Wildapfel oder Wildbirne sind im Moment die Hoffnungsträger. Und dann hört es auch schon auf.
„Wir probieren, dazu den ein oder anderen Fremdländer einzubauen“, erläutert der Revierförster weiter, „darunter etwa die amerikanische Roteiche, die Douglasie – ebenfalls aus Amerika – oder die europäische Lärche, die eigentlich in den Alpen heimisch ist“. Auch gebe es Versuche mit Hemlock-Tanne, Baumhasel oder Zeder – „und dann mal gucken, wie sich das entwickelt“.
Tier- und Pflanzenwelt ist an heimische Baumarten angepasst
Zu viele fremde Arten dürfen es allerdings auch nicht werden. „Alles, was hier kreucht und fleucht, ist an die heimischen Baumarten angepasst“, beschreibt Jansen die Problematik. Deshalb kann es passieren, dass heimische Tier- oder Pilzarten die neuen Baumsorten nicht annehmen. „Wir stehen vor einer Situation, von der ich nicht weiß, wo sie endet“, sagt der Förster. Fest zu stehen scheint allerdings eines: Die Hattinger Wälder haben in ihrer jetzigen Form kaum eine Zukunft.
Aktuell bestehen sie zum größten Teil aus Buchen – und zwar aus solchen, die über 150 Jahre alt sind. Etliche dieser Buchenbestände befinden sich zudem auf eher trockenen Kuppenlagen, wo sich die Buche schon bisher nicht wohlfühlte – „fehlbestockt“ nennen die Profis das. Aber überall schadete den Buchen die Trockenheit der letzten Jahre, was sie auch anfälliger für Schädlinge wie den Kleinen Buchenborkenkäfer macht.
Hälfte der Bestände wird verschwinden, bald keine Fichten mehr
Hinzu kommt: Stehen kaputte Bäume beispielsweise am Weges- oder Straßenrand, müssen sie gefällt werden. Stichwort Verkehrssicherheit. Das jedoch forciert das Gesamtproblem: „Alte Bestände vertragen die plötzliche Freistellung nicht“, sagt Jansen. „Was an gesunden Beständen noch da ist, wird bestimmt zur Hälfte noch verschwinden.“
Mit diesen Problemen, die jetzt die alten Buchen haben, kämpfen schon länger die Fichten. Von ihnen gibt es in Hattingen und Sprockhövel allerdings nicht so viele, sie machen nur rund zehn Prozent der Wälder aus – noch. „Unterm Strich wird es so sein, dass wir hier irgendwann keine Fichten mehr haben“, wagt der Revierförster einen Blick in die Zukunft.
Das massive Absterben von Bäumen wird für die Wälder ein Problem. Zwar sei Totholz im Wald immer erwünscht, allerdings nur, wenn es sich um einzelne Bäume handelt. Denn idealerweise ist ein Wald mehrschichtig mit unterschiedlich alten Bäumen: Zwischen alten Bäumen wachsen junge nach – Naturverjüngung heißt das. Die stärksten von ihnen werden als Zukunftsbäume freigeschnitten, so dass sie die Struktur des Waldes erhalten. Sterben jedoch viele Bäume auf einmal ab, geht genau diese Struktur kaputt.
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Waldbauern verlieren Ertragsmöglichkeiten im Wald
Das ist nicht nur für die Tiere und Pflanzen ein Problem, die den Wald ihr Zuhause nennen, sondern auch für die Waldbesitzer: „Derzeit verlieren Waldbauern ihre Ertragsmöglichkeiten im Wald“, erklärt der Revierförster. „Dafür, dass dieser uns saubere Luft und frisches Wasser zur Verfügung stellt, bekommt ein Waldbesitzer fast nichts.“
Vor allem liege das daran, dass viele Bäume durch Trocken- und Borkenkäferschäden gefällt werden mussten und deren Holz nun den Markt flutet. Für einen Festmeter Fichtensägeholz habe es früher rund 100 Euro gegeben, rechnet Thomas Jansen vor. Abzüglich Produktionskosten von knapp 30 Euro machte das 70 Euro netto. Mittlerweile aber liege der Preis für den Festmeter Fichte nur noch bei knapp über 30 Euro. Der Waldbauer hat also selbst an gutem Sägeholz nur wenige Euro Gewinn.
Parallel dazu formulieren auch Waldbesucher ihre Wünsche immer energischer. „Die Bevölkerung schreibt den Waldbauern vor, was sie in ihrem Wald noch dürfen“, beschreibt Jansen. Besonders Baumfällungen würden oft kritisch gesehen. „Die meisten Waldbesitzer haben im Moment wenig Spaß an ihrem Wald“, ist der Revierförster überzeugt.