Hattingen. Städtische, katholische, evangelische Friedhöfe – überall gibt es andere Corona-Schutzmaßnahmen. Ein Bestatter aus Hattingen ist genervt.

Beerdigungen während der Corona-Pandemie würdevoll durchzuführen, ist anstrengend für Trauernde und Beerdigungsinstitute. Dieser Herausforderung stellen sich alle, weil viele Vorschriften nachvollziehbar sind. „Was aber völlig nervt, sind die unterschiedlichen Bestimmungen auf städtischen, katholischen und evangelischen Friedhöfen. Sie haben drei Beerdigungen und drei unterschiedliche Anweisungen. Wie auf hoher See, jeden Tag etwas Neues. Ich bin es leid“, sagt Bestatter Volker Schwiese.

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Er hat zum Beispiel ein Mitglied eines Männergesangvereins bestattet. Da durften – natürlich draußen – dessen Kollegen ein Lied zum Abschied singen. „Kurz darauf wollten Posaunisten auf einer Bestattung in Bochum draußen ein Lied spielen. Das wurde verboten. Das soll noch jemand verstehen“, so Schwiese.

Jeder hat ein anderes Konzept – „unfassbar“

Es gehe auch um die Abläufe während und nach der Trauerfeier, wenn sie denn überhaupt in einer Kapelle stattfinden kann. „Manchmal müssen zuerst die Angehörigen die Halle verlassen, erst dann dürfen die Träger hinein. Bei der nächsten Bestattung ist es genau anders herum. Jeder hat da ein anderes Konzept. Unfassbar“, ärgert sich der Bestatter.

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Die Beispiele gehen ihm nicht aus: Wenn Verstorbene aus Seniorenheimen abgeholt würden, sei es nicht anders mit dem Vorschriften-Wirrwarr. Mal würde sofort am Eingang ein Abstrich gemacht. „Dann müssen zurzeit die beiden Männer vom Bestattungsunternehmen draußen bei Regen und Kälte 15 bis 20 Minuten warten, bis das Ergebnis da ist. Wenn sie dann in die Eingangshalle kommen, damit Fieber gemessen werden kann, haben sie fast Untertemperatur“, so Schwiese. Bei einem anderen Verstorbenen „wurde erst auf der Station Fieber gemessen und ein Abstrich gemacht. In den Aufzug, der nach oben fuhr, zwängte sich dann noch schnell eine Bewohnerin hinein. Die Regeln sind wie in Wild-West-Manier aufgestellt.“

Zurzeit gibt es mehr Feuerbestattungen

„Wir stellen fest, dass es im Augenblick mehr Feuerbestattungen geht“, sagt Thekla Schwiese. Weil viele wohl dächten, dass eine Urnenbestattungen sicherer ist.

Vorgaben für Trauerfeiern und Beerdigungen

Um das Ansteckungsrisiko zu minimieren, sollte bei Trauerfeiern auf körperliche Gesten der Kondolenz und Anteilnahme verzichtet werden. Dazu gehören etwa Umarmungen, Küsse und Händeschütteln. Auch auf dem Friedhof selbst gilt die 1,5-Meter-Abstandsregel.

Eine Begrenzung der Teilnehmerzahl bei Trauerfeiern unter freiem Himmel gibt es nicht. Eine Alltagsmaske muss in Trauerhallen immer, bei Beerdigungen unter freiem Himmel aber erst ab einer Teilnehmerzahl von 25 Personen getragen werden.

Den Trend kann Bestattungsmeisterin Isabell Neumann vom Bestattungsunternehmen Stratmann nicht feststellen. „Es kommt auf die individuelle Einstellung an“, sagt sie. Das Problem für Angehörige und Freunde eines Verstorbenen fängt ihrer Meinung nach viel früher an. Dass Nähe nicht zugelassen werden kann, wenn jemand an dem Virus erkrankt ist, sei für alle schwer zu verkraften. „Auch Auflagen, die nachvollziehbar sind, wie Abstand halten, sind für Angehörige kaum auszuhalten. Trost geht ohne Körper nicht“, weiß die Vorsitzende des Bestatterverbandes im EN-Kreis.

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„Wir versuchen, Bestattungen so würdevoll zu machen, wie es geht. Ich habe vor kurzem sogar eine Orgel nach draußen gestellt, weil die Angehörige Orgelmusik so liebt.“ Auch dass man nach einer Beerdigung nicht zusammensitzen darf, sei nicht einfach zu ertragen.

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