Hattingen. Im Seniorenheim St. Josef in Hattingen haben sich zuletzt 114 Personen infiziert, sechs sind gestorben. Die Anwohner zeigen sich betroffen.
„Das ist wirklich tragisch. Man geht jetzt mit ganz anderen Gefühlen an dem Haus vorbei.“ Sylvia Barbaric wohnt in der Brandtstraße. Direkt gegenüber liegt das Altenheim St. Josef am Samstag in der Mittagssonne. Die 64-Jährige macht sich mit ihrem Mann Scepo (69) gerade auf den Weg zu einem Spaziergang. Doch gute Wochenendlaune sieht anders aus.
„Dass hier so viele Menschen infiziert und so viele schon gestorben sind, nimmt einen richtig mit“, sagt Sylvia Barbaric. Am Samstag hat das Kreisgesundheitsamt zwei weitere Todesfälle aus dem Seniorenheim St. Josef gemeldet – zwei Frauen im Alter von 88 und 85 Jahren. Damit ist die Zahl der Personen, die in der Einrichtung der Theresia-Albers-Stiftung im Zusammenhang mit Corona gestorben sind, auf sechs gestiegen. 114 Bewohner und Mitarbeiter hatten sich dort infiziert.
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„Wir waren fast das ganze Jahr über in Kroatien und sind erst im November zurückgekommen“, erzählt Sylvia Barbaric. Und fügt hinzu: „Um mit der Familie zu feiern. Aber das steht ja jetzt auch in Frage. Wir überlegen noch, wie wir uns verhalten.“
Mit nächtlichen Ausgangssperren – sollten sie denn kommen – hätte das Paar kein Problem. „Das kann man wirklich akzeptieren“, sagen beide. Und blicken zum Seniorenheim hinüber. „Den Menschen da drinnen geht es viel schlechter.“
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Auch Deniz und Annika Tanju spazieren mit gemischten Gefühlen am Altenheim vorbei. Sie wohnen in der Akazienstraße und machen sich über die Betroffenheit hinaus Gedanken über die politische und gesellschaftliche Situation. „Den Seniorinnen und Senioren in den Heimen könnte es besser gehen, wenn die Regierung anders reagiert hätte“, meint Deniz Tanju (45). „Im März waren keine Schutzmasken da, jetzt lässt man überall ungehindert Besucher hinein.“
Was das Paar noch ärgert: die Corona-Leugner. „Wer da jetzt Hetzplakate aufhängt und gegen das Impfen wettert, handelt echt verantwortungslos“, sagt Annika Tanju (41).
Gerhard Schönefeld wohnt ebenfalls in der Akazienstraße und geht täglich an den Gebäuden des St.-Josef-Altenheims vorbei. „Man muss ja nicht gleich die Straßenseite wechseln, aber mulmig ist mir schon“, sagt der 60-jährige Anwohner. „Mir tut das so leid für die Menschen, die Lage ist wirklich ernst.“
Den neuen Höchststand von 477,60 beim Inzidenzwert für die Stadt Hattingen sieht Schönefeld mit großer Sorge. „Die Zahl ist bedrohlich.“ Mit der Maskenpflicht hat er keine Probleme. „Das macht wirklich Sinn“, erklärt er. „Mit 60 gehöre ich ja jetzt auch zur Risikogruppe. Ich bin aber immer schon sehr vorsichtig gewesen.“
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