Hattingen. Die Häuser der in Hattingen aktiven Lebenshilfen sind bislang virusfrei. Über die Schwierigkeiten im Umgang mit Behinderten in der Pandemie.

„Bis jetzt sind wir noch gut durch die Coronazeit gekommen“, sagt Petra Bender, Verbundleiterin der Lebenshilfe EN-Ruhr/Hagen. Das Ellen-Buchner-Haus in Niederwenigern, in dem 32 Personen von rund 40 Mitarbeitern betreut werden, ist mit den vielen Hygienemaßnahmen bisher virusfrei geblieben. „Möge es bitte so bleiben.“ Das ist auch der größte Wunsch von Uwe Tillmann, Geschäftsführer der Hattinger Lebenshilfe.

Lebenshilfen fühlen sich seit Monaten wie in einer Dunstglocke

Uwe Tillmann ist Leiter des Vereins Lebenshilfe Hattingen. Zudem ist auch die Lebenshilfe EN/Hagen in der Stadt aktiv.
Uwe Tillmann ist Leiter des Vereins Lebenshilfe Hattingen. Zudem ist auch die Lebenshilfe EN/Hagen in der Stadt aktiv. © Fischer | Walter Fischer

„Ungefähr 80 Mitarbeiter betreuen insgesamt 73 Menschen stationär und ambulant in unterschiedlichen Wohnformen. In zwei Häusern sind je 21 Bewohner untergebracht, die anderen leben in eigenen Wohnungen“, schildert Tillmann die derzeitige Lage. Man fühle sich seit Monaten wie in einer Dunstglocke. Das Leben, das vorher üblich war, sei fast ganz zum Erliegen gekommen.

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Oberstes Ziel sei ja immer gewesen, die Menschen mit Behinderungen am öffentlichen Leben teilhaben zu lassen. Sie sollen in ihrem Leben mehr selbst bestimmen können. „So sieht es ja das Teilhabegesetz vor.“ Aber genau das sei seit Monaten völlig auf den Kopf gestellt, man könne aus Schutzgründen gerade mal Spaziergänge machen. Das sei es aber auch schon.

Schwierig ist vor allem, dass viele Bewohner Corona nicht verstehen

Schwierig sei vor allem, dass viele Bewohner Corona nicht verstehen. Bei behinderten Menschen laufe die Kommunikation meistens über körperlichen Kontakt ab. „Diejenigen, die mobil sind, sind gefährdend, aber auch selbst gefährdet“, erklärt Uwe Tillmann die Situation, die ihm große Sorgen bereitet. „Zum Glück hatten wir bisher keinen­ Fall, aber die Einschläge im Umfeld der Bewohner kommen näher­.“

Hinzu kommt noch, dass die Besuche eingeschränkt sind. Eigentlich das krasse Gegenteil von dem, was man ohne Corona als wichtig und vernünftig betrachte. Auch Kurzarbeit könne man in Behinderteneinrichtungen der beiden Lebenshilfen in der Stadt Hattingen nicht praktizieren.

Keine Schnelltests und kein Personal

Auch bei den Lebenshilfe-Einrichtungen sind Corona-Schnelltests vom NRW-Gesundheitsministerium gefordert. Durchgeführt werden können sie aber noch nicht.

Denn es sind weder die Tests bisher vor Ort, noch wurde das Personal dafür geschult. Zunächst bleibe es deshalb bei den bekannten „AHA plus L“-Regeln: Abstand halten, Hygiene, Alltagsmaske und Lüften.

Die Mitarbeiter würden ja dringend vor Ort gebraucht. Die Sorge, dass sich Bewohner infizieren können, ist enorm groß. Denn vor allem mehrfach Behinderte haben oft ein sehr schwaches Immunsystem und sind daher ganz besonders gefährdet. „Corona kreist wie ein Hammer über uns“, schildert Uwe Tillmann.

Anstrengend für Bewohner, wenn sie die Mimik der Mitarbeiter nicht sehen

Mit einer weiteren Schwierigkeit haben die Lebenshilfe-Betreuten in diesen Zeiten zu kämpfen. „Für unsere Bewohner ist der Umgang mit den Mitarbeitern, die natürlich alle Masken tragen, sehr anstrengend. Denn sie können die Mimik nicht sehen“, schildert Petra Bender. Darauf seien die Bewohner aber angewiesen.

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