Sprockhövel. Heidi Hagen hat die Öffnungszeiten in ihrem Laden in Sprockhövel reduziert. Dafür vergibt sie nachmittags Einzeltermine – und es funktioniert.

Seit fast 25 Jahren führt Heidi Hagen ihr Fachgeschäft „Pauline Wohnen und Schenken“ in der Hauptstraße 43 in Niedersprockhövel. Sie versteht sich als Unternehmerin, und die müssen ja bekanntlich etwas unternehmen, um voranzukommen. Stillstand geht da nicht, und so deutet die Sprockhövelerin die Herausforderungen Internethandel und Corona-Krise als Aufforderung an sich, neue Wege als Händlerin zu probieren.

Mit digitalen Medien etwas auf Kriegsfuß

Eigentlich, so gesteht die Geschäftsfrau freimütig, habe sie kein gutes Verhältnis zu den vielen digitalen Errungenschaften. Zu Hause surfe sie nicht im Internet und ein Smartphone habe sie bis vor Kurzem auch nicht besessen. Auch die Aktivitäten der städtischen Wirtschaftsförderung, den Sprockhöveler Einzelhandel fit zu machen etwa für ein Online-Einkaufsportal, beobachtet Heidi Hagen zwar interessiert, aber noch etwas distanziert.

Ein Foto für zu Hause

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Für nötige Schubser in die richtige Richtung hat ihr Ehemann immer mal wieder gesorgt: Mittlerweile hat die Einzelhändlerin ein Smartphone, in das sie fleißig Nummern ihrer Kunden speichert, um über Whatsapp bunte Newsletter zu verschicken. „Auch meine neue Idee vertreibe ich über diesen Kanal“, sagt sie. Eben war eine Kundin da und hat sich umgeschaut. Und da sind ihr, unter den vielen schönen Deko-Artikeln, farbenprächtige Baumwolljacken aufgefallen. „Als sie sie anprobiert hat, habe ich ein Foto von ihr gemacht und es ihr geschickt. Zu Hause kann sie dann in Ruhe überlegen, ob sie das Kleidungsstück kaufen mag“, sagt Hagen.

Dinge, die das Leben schöner machen

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In ihrem Ladenlokal an der Hauptstraße finden sich Dinge, die bestimmt nicht alle existenziell notwendig sind, das Leben aber durchweg schöner machen – Porzellan, Besteck, Figürchen, stimmungsvoll leuchtende Lampen, stilvolle Postkarten, Sitzkissen, Taschen, vieles mit ansprechenden floralen Mustern. Und eben ausgewählte Kleidungsstücke. „Ich habe in meinem Beruf als Händlerin in der Bekleidungsbranche begonnen, das hat mich nie losgelassen“, verrät Heidi Hagen. Neue Kollektionen trägt sie daher meist erstmal selbst, aus Freude daran, aber auch als Inspiration für ihre Kundinnen. Heute präsentiert sich die rothaarige Geschäftsfrau in roter Strickjacke, die hat sie bereits mehrere Male verkauft.

Nachmittags kommen Terminkunden

Ihr Ladenlokal ist mit 70 Quadratmeter nicht besonders groß, zumal überall Ware steht und hängt und man sich wie in einem gemütlichen Wohnzimmer fühlt. Heidi Hagen darf nach Corona-Schutzbestimmungen also maximal sieben Kunden auf einmal hier empfangen. „Da aber meist Beratungsgespräche stattfinden, wären selbst die viel zu viele“, sagt sie. Um sich selbst zu entlasten und einen zeitgemäßen Modus für ihr Geschäft zu finden, hat sie im Frühjahr Änderungen bei den Öffnungszeiten vorgenommen. Nach wie hält sie montags bis samstags von 10 bis 13 Uhr ihren Deko-Laden offen. Montags und freitags können die Kunden auch nachmittags von 15 bis 18.30 Uhr kommen. An den übrigen freien Nachmittagen nimmt sie sich nicht frei, sondern vergibt Termine. „Besonders auswärts wohnende Kunden schätzen es sehr, dann zu mir zu kommen und allein mit mir im Laden zu sein, sagt Heidi Hagen. Denn Beratung gehe ihr über alles, und das wissen die Kunden besonders in der Einzelbetreuung sehr zu schätzen.

Experiment geglückt

Was zunächst ein Experiment war, funktioniert bestens. „Ich habe jetzt kürzlich Bilanz gezogen – und es läuft“, sagt sie. Die Reduzierung der allgemeine Öffnungszeiten haben bei Heidi Hagen keine Verluste in der Kasse nach sich gezogen.

Kunden haben sich verändert

Die Händlerin Heidi Hagen hat in der Corona-Pandemie eine Wandlung in der Kundschaft beobachtet, was sie auf die öffentliche Erziehung zu Abstand und der Nutzung von Mund-Nasen-Schutz zurückführt.

Die Menschen seien weniger forsch und rücksichtslos, meint sie. Sie stelle fest, dass eine allgemeine Zurückhaltung Einzug beim Verhalten in der Öffentlichkeit gehalten habe – etwa, wenn ihr Laden sich mit Kunden fülle. Neuankömmlinge würden unaufgefordert wieder rausgehen und warten.