Hattingen. Warum die Wasserralle das Schweinchen im Rohr ist und der Neuntöter eine Schlachtbank hat, verrät Thomas Griesohn-Pflieger aus Hattingen im Buch.
Warum die Wasserralle das „Schweinchen im Rohr“ ist – und welche Mühen es Thomas Griesohn-Pflieger gekostet hat, sie zu beobachten, das beschreibt der Hattinger in dem Buch „Federkleid & Flügelschlag – 100 Vogelarten im Porträt“ mit Illustrationen aus der Sammlung Robert.
Co-Autorin Iris Lichtenberg und Thomas Griesohn-Pflieger wählen dabei eine in Deutschland für solche Bücher noch ungewöhnliche Textart – weg vom wissenschaftlichen Text hin zu einem persönlichen, emotionalen, in dem aber wissenschaftliche Fakten nicht fehlen.
Vogelkundler aus Hattingen schreibt ungewöhnlich emotionales Buch über Vögel
„Reine Abhandlungen über Flügelspannweite, Gewicht, Größe und Farbe sind auf Dauer langweilig, sprechen nicht an. Das, was wir machen, nennt man nature writing, für das es in Deutschland historisch Vorbilder gibt und das in Großbritannien beispielsweise schon länger praktiziert wird“, sagt Thomas Griesohn-Pflieger. Zunehmend werde nature writing auch in Deutschland ein Thema.
Die Idee zu einem solchen Buch kam Griesohn-Pflieger bei der Lektüre von „Flora amabilis“. „Dort werden Pflanzenarten beschrieben, dazu gibt es Gemälde.“ Länger überlegte Griesohn-Pflieger, wie das Buch illustriert werden könnte. „Dann gab es einen glücklichen Zufall. Die Robert-Stiftung trat an den Haupt-Verlag, in dem unser Buch erschienen ist, heran mit der Frage, ob die Bilder der Künstler und Naturillustratoren Léo-Paul Robert und Paul-André Robert nicht veröffentlicht werden könnten.“
Autoren-Duo wählt Bilder aus dem Fundus der Robert-Stiftung
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Aus deren großem Fundus wählten Lichtenberg und Griesohn-Pflieger 100 Vögel aus, zu denen „wir etwas sagen können“. Darunter sind kaum bekannte Vögel, aber auch gute Bekannte aus dem Garten wie die Blaumeise. Zweieinhalb Jahre dauerte es von der Idee bis zur Umsetzung, die dazu verleiten soll, Vögel zu beobachten.
In alphabetischer Reihenfolge präsentiert das Autoren-Duo, das sich bei einer vogelkundlichen Reise kennen lernte, die Vögel. Schon die Kapitelüberschriften wie „Graureiher – Jurassic Park ist jetzt!“ oder „Neuntöter – der mit der Schlachtbank“ machen neugierig.
Leser fühlt sich, als wäre er live bei der Vogelbeobachtung dabei
Der Lesende ist live bei Beobachtungen dabei, sitzt mit Griesohn-Pflieger in unbequemer Stellung im Tarnzelt, bis sich endlich die Wasserralle blicken lässt. Und erhält en passant Informationen über Anzahl der Brutpaare und dass die Wasserralle aus dem Stand einen Meter hoch springen kann, um Insekten von Halmen abzugreifen. „Das würde ich gerne mal sehen!“, schreibt der Vogelkundler. Die Mischung aus Information und persönlichen Erlebnissen gepaart mit den interessanten Bildern der Roberts, die die Vögel oft in ihrer Umgebung zeigen, macht den Reiz dieses Buches aus.
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Auch einer der Lieblingsvögel Griesohn-Pfliegers kommt vor: der Star. Griesohn-Pflieger berichtet, wie er mühselig einen Starenkasten am Hausgiebel anbrachte, wie ein Star einzog – und was den Star aus Hattingen vertrieb. Denn Stare auf dem Hahn der St.-Georgs-Kirche „gibt es schon lange nicht mehr“, bedauert Griesohn-Pflieger im Gespräch.
Vogelbeobachtungs-Tipps gibt Thomas Griesohn-Pflieger mit auf den Weg
Zusätzlich finden sich Erklärungen zu den Vogeldarstellungen der Roberts und Vogelbeobachtungs- und Literturtipps für Einsteiger in dem Buch, das 38 Euro kostet.
Griesohn-Pflieger widmet sich schon lange der Vogelkunde. „In vier Jahren werden ich 70. Dann werden es fünf Jahrzehnte Vögel beobachtet haben. Vielleicht schreibe ich ein Buch darüber, was sich verändert hat, auch ethisch.“ Ein Buch über schwierige Vogelarten wie die Silbermöwe, die „erst mit fünf Jahren erwachsen ist und in den Jahren unterschiedliche Federkleider hat“, schwebt ihm vor. Doch das ist Zukunftsmusik.
Wasserralle macht grunzende, quiekende Geräusche
Derzeit überarbeitet er für eine dritte Auflage den „Grundkurs Vogelbestimmung“. Weit über 200 Vogelarten hat Griesohn-Pflieger schon beobachtet. Und hofft, irgendwann einmal die Rosenseeschwalbe hinzufügen zu können. Ob er dann dabei auch in einem Tarnzelt mit rundem Rücken auf einem Höckerchen kauernd durch einen Schlitz spähen muss wie bei der Beobachtung der Wasserralle? Die übrigens das Schweinchen im Rohr ist, weil es grunzende, quiekende Geräusche macht. Er wird berichten.